Hallo ihr Lieben!
Die Forensoftware sagt mir dass das mein 100. Beitag in diesem Blog ist. Wahnsinn! Über 1000 Kommentare und fast 8000 Ansichten. Hätte ich nicht gedacht als ich den Blog angefangen habe.
Wie die meisten von euch wissen bin ich ein "Gelernter". Ich habe nach dem Realschulabschluss eine klassische, 3-jährige Handwerksausbildung in einer kleinen Schneiderei auf dem Dorf gemacht, an meiner Wand hängt ein Gesellenbrief im Damenschneiderhandwerk. Ich hatte eine strenge Lehrmeisterin, von der ich nicht nur die Grundzüge des Handwerks - denn darum geht es in der Ausbildung - sondern auch viel fürs Leben gelernt habe. Dafür bin ich bis heute dankbar. Leider habe ich es nicht mehr geschafft ihr das zu sagen, denn als ich das verstanden hatte war sie leider schon gestorben.
Über eine Bekannte aus dem Dorf bin ich noch während der Ausbildung hier im Forum gelandet. Ich habe hier unglaublich viel gelernt. Wenn ich so manchen meiner Anfangsbeiträge sehe denke ich mir "Oi, was warst du ein dummes Kind!". Aber Hey, das ist fast zwanzig Jahre her. Ich mache nicht mehr ganz so viel Blödsinn, glaube ich. Das Forum hat mir einen anderen Blick aufs schneidern und nähen gegeben als das reine Handwerk. Unkonventionell zu sein, neue Wege gehen. Nicht nur so machen, wie man es immer gemacht hat. Neue Inspirationen, neue Materialien. Oft auch mehr Ernst als so mancher "echte" Schneider. Leidenschaft. Auch dafür bin ich unendlich dankbar.
Nähen & Mode sind ein wichtiger Teil meines Lebens und werden es immer sein. Eine Art sich auszudrücken, etwas mit eigenen Händen schaffen, eine Fähigkeit. Ich habe lange in Berufen gearbeitet, die irgendwas mit Bekleidung zu tun hatten, und ich behaupte, dass ich darin gut war. Aber letztlich war ich nur ein besserer Verkäufer. Während Corona musste ich mich fragen ob ich das die nächsten 35 Jahre machen will. Nicht so, dachte ich mir. (Außerdem erwartete mein Chef das ich trotz 100% Kurzarbeit arbeiten gehe und als Arbeitnehmer ist man da eher in einer schlechten Position. Dachte ich zumindest.)
Der nächste Schritt, hätte ich bei der Mode bleiben wollen, wäre gewesen mich fortzubilden, vielleicht den Meister zu machen. Und dann selbst und ständig zu arbeiten, in einer Branche, die für die meisten nur dann Geld wert ist wenn ein bekanntes Label draufsteht. Oder mich um einen der wenigen festen Arbeitsplätze beim Theater zu kloppen. Beides eher unsicher, und ganz ehrlich: So gut war und bin ich fachlich nicht. Meiner Erfahrung nach ist das Schneidern ein Handwerk, das man bis zu einem gewissen Grad erlernen kann. Und zwar gut. Aber es gibt einen kleinen Anteil Leute, die auch das Talent dazu haben. Bei denen jeder Stich sitzt, die die Ausdauer, Leidenschaft & Geduld haben um perfekte Teile zu erschaffen. Dazu zähle ich mich nicht. Und das ist völlig Ok für mich.
Ich habe dann, während Corona, eine zweite Ausbildung gemacht. Inzwischen habe ich einen Bürojob und werde, wenn alles gut läuft, in einem Jahr auf Lebenszeit verbeamtet sein. Ich hatte noch nie so gute Arbeitszeiten. Ich habe Sicherheit und eine Arbeit die ich gerne mag, die mich positiv fordert, die spannend ist.
Das nähen wird mich nie loslassen. Es ist der perfekte Ausgleich für mich, an den Wochenenden etwas zu machen, das nicht nur auf Papier gedruckt ist. Und ich kann mich asudrücken. Machen was mir passt, sowohl stilistisch als auch auf die Paßform bezogen.
Soweit, so gut. Was ich, an diesem Wochenende einmal mehr, gelernt habe ist: manchmal klappt es, manchmal nicht. Wenn man was Neues ausprobiert darf es auch mal daneben gehen. So lernt man.
Am Samstag gab es erstmal ein Win-Erlebnis:
Das Halbarm-Jäckchen aus dem zerfetzten Sternen-Stoff geisterte mir schon länger im Kopf rum. Etwas ähnliches habe ich schonmal in Langarm gemacht. Ich hatte noch einen kleinen Rest Tiger-Futter mit dem ich die Kant eingefasst habe, das gibt richtig Pfiff finde ich. Ein paar kleine Punkte sehe ich, aber ich bin zufrieden. Interessanterweise ist diese Stoffseite eigentlich die Linke. Was bei dem Effekt für mich keinen Sinn macht. Daher ist Links jetzt Rechts.
Nachdem ich so in Schwung war dachte ich, es wäre gut, gleich einen der neuen Stoffe aus Paris zu verarbeiten. Ein mittelblauer Strick in Leinenoptik, aber Kunstfaser, zumindest teilweise. Vor dem Vorwaschen ist mir noch aufgefallen das der Stoff rundgestrickt ist. Ist ja nicht verkehrt. Nach dem Vorwaschen war er schrecklich verzogen. Ich habe dann, so gut es ging, zurecht gezuppelt und mutig drauf losgeschnitten. Ein etwas länger geschnittenes, legeres Shirt mit abgerundeten Säumen und einer Falte am Ausschnitt sollte es werden. Ist es auch. Sah an mir aber furchtbar aus, wie aus der Damenabteilung. Ein echter Fail. Ich hab mich zuerst total geärgert.
Ich habe noch versucht mit Handnähten was zu retten aber da war nix zu machen. Und den Strick wieder auftrennen? Bäh. Ich habe die Säume nachgearbeitet und es dann meiner Schwester heute als "Nicht-Geburtstags"-Geschenk mitgebracht. Ehrlicherweise: Mit mehr Sorgfalt hätte es vielleicht was werden können. Aber ich habe daraus etwas gelernt. Also durchatmen. Ist nur Stoff, ist OK.
Als Ersatzprojekt - ich hatte gestern viel Zeit - gab es dann noch eine Kissenhülle für ein Kuschelkissen für Hr. Schatz. Stoff aus Paris, Reißverschluss aus dem Fundus, sicheres Erfolgserlebnis
Und weil noch ein Stück über war habe ich noch was Neues ausprobiert, diesmal erfolgreich. Hr. Schatz hat jetzt noch ein Mäppchen aus dem Stoff bekommen:
Natürlich sind die Wins schöner als die Fails. Und die überwiegen auch. Wichtig ist mir, das ich aus meinen Fehlern versuche zu lernen. Beim Fail-Shirt war einfach die Kombi aus Idee, Stoff und Herangehensweise nicht passend. Das kann ich mit einem anderen Stoff besser machen. Gefällt mir dann vielleicht immer noch nicht, aber dann habe ichs probiert. Davor ist man weder als "Gelernter" noch als Hobbyschneider gefeit.
Also, auf die nächsten 100 Beiträge, auf Wins & Fails & lernen, denn das hört nie auf.
LG Adam
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