Gallifrey Geschrieben 27. Oktober 2019 Melden Geschrieben 27. Oktober 2019 (bearbeitet) Hallo! Ich habe eine tief empfundene Abneigung gegen gekauftes Schrägband: Meistens ist der Stoff unschön grob gewebt und es fühlt sich kacke an - hart und bäh. Außerdem gibts nie die Farben, die ich will und von Mustern fangen wir mal gar nicht erst an. Ich mache deshalb mein Schrägband in aller Regel selbst. Auf besonderen Wunsch einer einzelnen Person hier (m)eine Anleitung, wie man Schrägband selbst herstellen kann. Es bedarf ein wenig Hirnzellengymnastik - aber wenn der Groschen mal gefallen ist, klappt es. Versprochen. Man braucht: Stoff(rest). Ich bevorzuge feinere Webstoffe. Patchworkstoffe, Popeline, Viscose - irgendwo in dem Bereich darfs sein. Für diese Anleitung bitte rechteckig; also beispielsweise einfach ein Stück wie es vom Ballen kommt. langes Lineal mit 45-Grad-Linie. Rollschneider Schneidematte Schere Stift. Bleistift, Fineliner, Wachsstift, Kuli - ist im Prinzip egal. Wichtig ist, dass es ne feine und gut sichtbare Linie gibt, die beim Bügeln nicht verschwindet. Den Pappkern einer Klorolle. Passendes Garn Bügeleisen Schrägbandformer Stecknadeln Schritt 1: Linien einzeichnen Ich habe hier nen Rest Patchworkbaumwolle: 40 cm x 110 cm. Bügeln, dann im Bruch falten. Oben und unten die Schnittkante schön im rechten Winkel zum Bruch begradigen. Wenn die Webkante nicht willig ist, diese auch begradigen. Bei meinem Stoff gings ganz gut. Ich habe an der Webkante also nur die Fransen und ein bisschen was weggeschnitten, damit der helle Streifen später nicht auftaucht. So sieht das dann aus: Gerade Schnittkanten und 90-Grad-Winkel. (Natürlich nicht mit dem Geodreieck geschnitten; mit einem langen Patchworklineal gehts am besten.) Dann das ganze Rechteck aufklappen. Die linke Stoffseite ist oben. Jetzt das Patchworklineal im 45-Grad-Winkel unten an die Schnittkante legen und genau durch die rechte obere Ecke laufen lassen. Wenn alles schick und gerade liegt, Stift nehmen und ne Linie machen. Ich habe nen schwarzen Fineliner genommen. Je nach Stofffarbe geht auch Bleistift, Kugelschreiber oder feine Kreideminenstifte. Im Prinzip ist es völlig egal, sollte nur fein, gut sichtbar und bügelfest sein. Im Zweifelsfall testen. Ich mache meistens (hier auch) 40 mm breites Schrägband. Nach dem Bügeln hat das 20 mm und fertig genäht hat es dann 10 mm. Lineal 40 mm weiter schieben; die Linie von eben und die rechte obere Ecke liegen unter der entsprechenden Linie des Lineals. Wieder nen Strich machen. Ums kurz zu machen: Ganz viele Striche mache, immer im Abstand von 40 mm (kann man schön einfach alle Linien auf 40 mm/80 mm/120 mm beim Lineal legen. Unten auch immer mal die 45-Grad-Linie kontrollieren. Das sieht dann idealerweise so aus: Schritt 2: Ecken abschneiden Aus dem Rechteck muss jetzt ein Parallelogramm geschnitten werden. Dazu wird der Stoff an der allerersten Linie (die die rechte obere Ecke genau trifft) entlang abgeschnitten. Wahlweise mit dem Rollschneider oder der Schere. Das gleiche passiert an der linken unteren Ecke. Manchmal passt es genau, dass auch da eine Linie in die Ecke trifft. Dann an der Linie schneiden. Wenn die Ecke (wie meistens) nicht genau getroffen wird, die letzte Linie vor der Ecke nehmen und an der entlang schneiden. Ich habe das Lineal hier passend hingelegt: Danach gibt es ein großes Parallelogramm und zwei Dreiecke; eins (das linke) vielleicht bisschen mit einem Rest dran. Macht nichts, wird nachher versorgt. Hier das Parallelogramm, oben unter dem Lineal liegen die Dreiecke. Schritt 3: abgedrehtes Miststück zusammensetzen schrägen Zylinder nähen Jetzt wirds ein bisschen kniffelig. Das Stück auf die rechte Seite drehen und die obere Ecke runterklappen: Die Linien werden sichtbar. So weit runterklappen, dass die gerade Kante unten gerade noch ganz zu sehen ist. Dann die untere Ecke hoch klappen. Wenn man jetzt das Ding genau aufeinander legt, dass alle Linien stoßen und oben und unten keine Ecken/Linien überstehen, dann gibt es einen perfekten Zylinder. Das macht ihr; ich hab davon kein Bild gemacht. Jetzt schieben wir das untere Stück eine Linienbreite weiter nach rechts. Man kann gerade so erkennen, dass links von unten Stoff kommt, der ganz linke Streifen aber einzeln liegt. So bleiben an den Seiten jeweils ein Streifen ungenäht und man kann dann schön in einer laaaangen Spirale das Schrägband abschneiden. So. Jetzt nur noch um die Nahtzugabe weiter nach rechts schieben. Und dann stecken. Durch jedes Linienpaar (von unten und oben auf dem Stoff) kommt eine Nadel. Die Spitze der Nadel wird genau auf der Nählinie gesteckt und die Linien müssen sich an dieser Stelle kreuzen. Das ist wichtig, damit die Linien nach dem Nähen genau aufeinander treffen. Also nicht an der Schnittkante die Linien passend stecken, sondern auf der Nahtlinie. Wenn alle Linien zusammengesteckt sind, sieht das ganze Ding ungefähr so aus: Hier nochmal ein Bild, wo man den ersten Streifen unten (links im Bild) überstehen sieht: Schritt 4: Das schräge Ding nähen. An der Stelle die Naht beginnen, wo die Stoffe anfangen, doppelt zu liegen. Nahtbeginn und -ende sichern. Meine Nahtzugabe ist übrigens nähfüßchenbreit. Hier sieht man, wie die Nähnadel ziemlich genau da einsticht, wo auch die Stecknadel drin ist. Auf der Rückseite ist genau da auch die untere Linie. Das ganze schräge Ding nähen, unten (genau wie oben) nur bis dahin, wo noch zwei Lagen Stoff sind. Hier die Naht sichern und beenden. Jetzt haben wir sowas: Schritt 5: Bügeln und schneidenschneidenschneiden Ab jetzt ist das schlimmste vorbei. Die Naht wird aufgebügelt. Ich mach das gern mit einem Bügelschinken oder einer Bügelwurst - je nach dem, was rein passt. Das geht auch ohne - achtet nur drauf, an den Bruchkanten nicht zu bügeln. Es soll wirklich nur die Nahtzugabe aufgebügelt werden. So. hier seht ihr auch, warum es wichtig ist, die Nahtzugaben noch weiter zu schieben, damit sich die Linien genau auf der Nahtlinie treffen. Ohne wäre hier jetzt immer ein Versprung. So. Und jetzt mit der Schere beginnend an einem der Zipfel immer entlang der Linie schneiden. Und schneiden... und schneiden... noch ein bisschen mehr schneiden... einfach immer weiter schneiden... bis die Linie weg ist. Schritt 6: Die beiden Dreiecke vom Anfang auch noch zu Schrägband verwursten Die beiden Dreiecke an den Webkanten rechts auf rechts aufeinander legen, damit sie ein Parallelogramm ergeben. Nur um die Nahtzugabe verschieben (keine ganze Linie) und wieder mit aufeinandertreffenden Linien auf der Nahtlinie stecken Und dann nähen. Das ist nur ne einfache Naht, ganz ohne komisches Gewurschtel. Danach haben wir wieder ein Parallelogramm wie ganz am Anfang. Nahtzugabe aufbügeln. Ganz am Anfang traf bei mir die Linie an der linken unteren Ecke ja nicht genau in die Ecke. Da sieht man jetzt die Reste oben und unten. Einfach an beiden Seiten begradigen. Mit diesem Parallelogramm macht ihr jetzt wieder das, was wir in Schritt 3 bis 5 schon mit dem großen Stück gemacht hatten. Das ist genau gleich, es hat nur eine Nahtlinie mehr. Schritt 6: zwei lange Stücke Schrägband zusammennähen Die beiden Stücke so hinlegen, wie sie hinterher aussehen sollen. Hier schon mit umgebügelter Nahtzugabe. Dann das eine Teil so rechts auf rechts auf das andere legen, dass die Falten von der Nahtzugabe aufeinander liegen. Stecken, nähen, bügeln. Und hier sind die beiden langen Schrägbandstücke verbunden. Die Schnipel können abgeschnitten werden. Schritt 7: Bügeln Mit der linken Seite nach oben durch den Schrägbandformer (meiner ist 18 mm von Prym - das passt für 20 mm) fädeln und dann die ganze Wurst bügeln. Ich machs so, dass ich das Band links vom Brett hängen lasse, mit der linken Hand den Schrägbandformer führe und mit der rechten Hand bügel. Für mich gehts so am schnellsten. Dabei darauf achten, dass die Nahtzugaben schön offen bleiben, wenn die Nahtstellen durch den Schrägbandformer gezogen wurden. Bei Bedarf da beim Bügeln bisschen nachkorrigieren. Schritt 8: die Klorolle Ich wickel mein Schrägband immer auf Pappkerne von Klorollen. Erstens sieht es ordentlich aus und lässt sich gut verstauen und lagern.. ...und zweitens kann man sie auf den Kniehebel fädeln und von da aus zum Beispiel in den Schrägbandleger füttern ohne Gewurschtel. Und so sieht das dann aus... Aus den 40 x 110 cm sind übrigens 9,70 m Schrägband geworden. Das hat ne starke Stunde gedauert. Also keine Ausreden für gekauftes Schrägband mehr. Fertig. PS: Paspelband geht genauso - einfach in der Mitte falten und bügeln statt den Schrägbandformer zu nehmen. Dann nen Paspelkern (Baumwollschnur in passender Stärke) einnähen. Das geht gut mit dem Reißverschlussfüßchen. Bearbeitet 27. Oktober 2019 von Gallifrey
elimade Geschrieben 27. Oktober 2019 Melden Geschrieben 27. Oktober 2019 Super Anleitung, vielen Dank dafür!
Marieken Geschrieben 27. Oktober 2019 Melden Geschrieben 27. Oktober 2019 @Gallifrey supi, herzlichen Dank für deine Arbeit! Und gut erklärt und bebildert ist es auch !
fabric Geschrieben 27. Oktober 2019 Melden Geschrieben 27. Oktober 2019 Papphülse auf den Kniehebel - genial! Bei Natron und Soda gibt es einen Schrägband-O-Mat, mit dem man berechnen kann, welche Größe das Stoffstück haben sollte, wenn man eine bestimmte Länge Schrägband braucht.
schneebesen Geschrieben 27. Oktober 2019 Melden Geschrieben 27. Oktober 2019 Du bist aber ein schlaues Mädchen. Habe ich so noch nie gesehen. Vielen Dank dafür. Schönen Abend. Angelika
StinaEinzelstück Geschrieben 27. Oktober 2019 Melden Geschrieben 27. Oktober 2019 Super Anleitung ... toll!!
Großefüß Geschrieben 27. Oktober 2019 Melden Geschrieben 27. Oktober 2019 Hallo,@Gallifrey , danke für die gute, ausführliche Anleitung. Allerdings schneide ich so etwas lieber mit dem Rollschneider, wird bei mir ordentlicher. Meinst du, deine Methode ist schneller, als wenn ich statt anzuzeichen gleich mit dem Rollschneider schneide und dann die Streifen einzeln aneinandernähe? So lange Streifen brauch ich meist nicht.
Gallifrey Geschrieben 27. Oktober 2019 Autor Melden Geschrieben 27. Oktober 2019 Ach, es gibt vermutlich 1000 Methoden, Schrägband zu machen... Wenn ich 20 cm Band brauche, mache ich den Terz auch nicht. Der Charme an der Methode ist halt, dass es nur wenige lange Nähte sind und das Ergebnis insgesamt sehr sauber ist. Die nicht ganz auf Rollschneider-Niveau befindlichen Scherenschnittkanten verschwinden eh innen, das ist also fürs Ergebnis wurscht. Und es gibt keine Reste und langes Schrägband lässt sich verschnittärmer verarbeiten als kurze Streifen. Und ja: ich halte ne Wette. Schneller bin ich auch.
Quälgeist Geschrieben 27. Oktober 2019 Melden Geschrieben 27. Oktober 2019 Danke für die Anleitung für das gesamte Foru.
Scherzkeks Geschrieben 27. Oktober 2019 Melden Geschrieben 27. Oktober 2019 Super, jetzt habe ich die Methode richtig verstanden - danke dafür! Zwei Fragen habe ich allerdings noch: 1.) Einzeichnen der Linien auf der linken Stoffseite? 2.) Du vernähst nur Anfang und Ende der "schrägen Naht" - hält das gut genug, für die nachher aufgeschnitten Streifen? Umständlich ausgedrückt, ich hoffe, meine Frage ist irgendwie verständlich... Liebe Grüsse Silvia
Gallifrey Geschrieben 27. Oktober 2019 Autor Melden Geschrieben 27. Oktober 2019 1. Ja. Geht vermutlich auch rechts, links ist der Stoff aber meistens heller und falls es doch mal falsch eingezeichnete Linien gibt, ist das weniger problematisch. 2. Auch ja. Könnte man vermutlich auch bleiben lassen, ich mache das aus Gewohnheit. Der Streifen wird ja ziemlich direkt an den offenen Nähten umgebügelt, die Knicke schützen das gut genug. Wenn das Schrägband dann verarbeitet ist, ist es eh alles gesichert.
Scherzkeks Geschrieben 27. Oktober 2019 Melden Geschrieben 27. Oktober 2019 Ah, danke! Zu 2.) Meinst Du bei Paspeln daraus hält das dann auch? Weil ist dann ja nicht so breit, aber es wird ja nochmal beim Paspeln nähen drüber genäht - sollte dann auch, oder? Liebe Grüsse Silvia
Gallifrey Geschrieben 28. Oktober 2019 Autor Melden Geschrieben 28. Oktober 2019 Ja, das geht auch - das petrolfarbene auf der einen klorolle ist ne Paspel. Ich glaube, da war das ursprüngliche Band auch 40 mm breit. Sowie der Kern eingenäht ist, ist es auch alles gesichert. Wenn es dir gar zu gruselig erscheint, mach die Stichlänge etwas enger: 2 mm geht schlechter auf als 2,5 mm.
felipa Geschrieben 28. Oktober 2019 Melden Geschrieben 28. Oktober 2019 Vielen Dank für diese hilfreiche Anleitung!
KarLa Geschrieben 28. Oktober 2019 Melden Geschrieben 28. Oktober 2019 Auch von mir ganz herzlichen Dank . Ich mag die fertigen Schrägbänder auch nicht. Ich werde "Deine" Methode abspeichern und auf alle Fälle ausprobieren. Viele Grüße Karin
Topcat Geschrieben 28. Oktober 2019 Melden Geschrieben 28. Oktober 2019 - jetzt hab ich das Zusammennähen endlich verstanden, danke
Scherzkeks Geschrieben 28. Oktober 2019 Melden Geschrieben 28. Oktober 2019 vor 6 Stunden schrieb Gallifrey: Ja, das geht auch - das petrolfarbene auf der einen klorolle ist ne Paspel. Ich glaube, da war das ursprüngliche Band auch 40 mm breit. Sowie der Kern eingenäht ist, ist es auch alles gesichert. Wenn es dir gar zu gruselig erscheint, mach die Stichlänge etwas enger: 2 mm geht schlechter auf als 2,5 mm. Danke! Ja, ok, etwas kleinere Stichlänge, auch eine gute Idee. Liebe Grüsse Silvia
chani4ndh Geschrieben 28. Oktober 2019 Melden Geschrieben 28. Oktober 2019 tolle Anleitung, vielen Dank !
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