
Typischerweise nähe ich ja Damenbekleidung, lange Nähstrecken, breite Nahtzugaben... aber wie der Zufall es wollte, hatte ich gerade Lust auf Kleinzeug, in diesem Fall ein Stofftierchen. Also eine für mich eher seltene Aufgabe, mit ganz eigenen Anforderungen. Die Nahtstrecken sind kurz, die Nahtzugabe ist schmal.... Die Maschine hat eine maximale Stichbreite von 9mm, schön für Zierstiche, aber das heißt, daß auch das Loch in der Stichplatte entsprechend breit ist, der Stoff also weniger Unterstützung von unten bekommt. Hier sagt meine Erfahrung also erst mal... das kann sich bei schmalen Nahtzugaben und weichem Stoff auch negativ auswirken. Mit Stoff, der in das Stichloch hineingeschoben wird und dann Fadenknäuel und Fehlstiche gibt.
Ich bin also gespannt.
Jetzt muß ich aber erst mal eine Unterfadenspule füllen. Die sind bei der Maschine sehr groß, ich wurde im Laden schon gewarnt, dass sie auch entsprechend viel Faden fassen. (Und man daher drauf achten soll, auch noch genug Oberfaden übrig zu haben.)
Bei meinen Bekleidungsprojeken komme ich meist mit einer Füllung der "normalen" Spulengröße nicht aus, da wird mich das also sicher freuen. Auch wenn ich mal zum Quilten komme (was ich schon mal, wenngleich selten tue) ein echtes Plus. Bei Kleinkram natürlich nicht so. Aber hier brauche ich schwarzen Faden, den braucht man immer mal über die Jahre, daher kein Problem, die Spule voll zu machen.
Um zu sehen, wie viel auf die Unterfadenspule geht, nehme ich eine unangebrochen 200m Rolle eines Allesnähers von Ackermann, der mal auf einer Messe als Werbegeschenk den Weg zu mir gefunden hatte.
Jetzt weiß ich natürlich grundsätzlich, wie man spult, der Fädelweg ist auch bei allen Maschinen ähnlich, aber ähnlich ist nicht identisch und meine Spulen haben auf einer Seite Sensorflächen, was nahe legt, dass man sie vielleicht auch auf eine bestimmte Art aufstecken soll. Handbuch bzw. die Animation auf dem Bildschirm helfen weiter. Und in der Tat, die Richtung ist vorgeschrieben. - Hilfreicherweise lässt sich die Spule aber auch nur mit der richtigen Seite nach unten aufstecken. Wenn es also klemmt... nicht mit Gewalt, sondern drehen.

(Die Maschinenbeleuchtung ist so hell, dass der Blitz nicht
auslöst...)
Bild: nowak
Was mir wie ein kleiner Rückschritt vor kommt: Ich soll den Faden erst zwei, drei mal um den Spulenkern wickeln und die Spule dann auf stecken. Das fand ich an der Virtuosa bequemer. Da konnte man den Faden durch ein Loch in der Spule wieder nach draußen führen, während der ersten Umdrehungen festhalten und am Ende dann abschneiden. Aber gut, das mit dem Rumwickeln hatte ich in den etwa 12 Nähjahren vor der Virtuosa auch gemacht, das bekomme ich wieder hin.
Danach geht alles ganz schnell, den kleinen Hebel an die Spule hindrücken... und *huch* spult schon los. Keinen Knopf am Handrad lösen, nicht mal aufs Pedal treten. Und es spult schnell.... Wobei mir das Display verrät, dass ich die Spulgeschwindigkeit einstellen kann. Für fragilere Fäden oder wenn man nicht die ganze Spule füllen will sicher praktisch. (In einer perfekten Welt, könnte man auch noch einstellen, wie viele Meter man aufspulen will... aber das geht nicht, man muß den Vorgang händisch stoppen, indem man das kleine Hebelchen zurückzieht.) Ich will aber eh voll spulen, also ist Maximalgeschwindigkeit gerade recht.
Zum Abschluss noch ein Vergleich zwischen Oberfadenröllchen und Spule... ja, deutlich weniger, aber auf der 200m Rolle ist auch oben noch ordentlich was drauf. Wer allerdings mit einem 50m Röllchen arbeitet, sollte wirklich aufpassen.

möglich, wenn der Stoff innen am
Nähfuß entlang läuft.
Bild: nowak
Nächste Frage ist dann, wie wird das mit der schmalen Nahtzugabe funktionieren? Ich suche mir ja für so was gerne eine passende "Linie" am Fuß und verstelle dann die Nadelposition. Letzteres ist schon mal kein Problem, da ist die 770 QE mit vielen Positionen ausgestattet. Da schmale Nahtzugaben auch mal schmaler sind, als die "Kufen" des Nähfußes nutze ich gerne den offenen Stickfuß 20, denn hier kann ich die Stoffkante auch mal innen am Fuß entlang laufen lassen.
Erfreulicherweise ist genau der Fuß Nummer 20 auch bei der Maschine dabei. Die nicht ganz 5mm breite Nahtzugabe ist dann hier auch wie befürchtet schmaler als die "Kufe" des Nähfußes. Aber innen kann ich es entlang laufen lassen. (Ich lege immer mein Papierschnittteil an und bestimme danach die Position der Nadel.)
Ich habe einen weichen Merinostoff, und eine enge Kurve, also gibt es leichte Wellen beim Nähen. (Was nicht überraschend ist, die Nahtzugabe wird ja durch nichts festgehalten.) Das ist aber durch gutes Führen mit den Fingern (oder der Spitze einer Nähschere) gut auszugleichen, ggf. auch mal kurz anhalten und den Nähfuß heben (Kniehebel sei Dank!), damit der Stoff sich entspannen kann.

Mitte: Korrekt aber unerwünscht: Knubbel bei Vernähfunktion
Rechts: Alles glatt ohne Vernähfunktion
Bild: nowak
Bei meinem ersten Versuch liegt der erste Stich vor dem Stoff, der Unterfaden ist noch nicht hochgeholt und das beschert mir ein ziemliches Fadennest auf der Unterseite. Was die Maschine dann aber nicht hindert. den Rest der Naht ohne Probleme zu nähen.
Okay... zweiter Versuch auf dem Stoff losnähen. - Hm... kein Nest, aber immer noch ein Knubbel unten.
Die Vernähfunktion ist standardmäßig an!
Da das Handbuch nicht nur ein Inhaltsverzeichnis vorne, sondern auch ein alphabetisches Stichwortregister hinten hat, ist die Funktion dann auch schnell deaktiviert. Und die Maschine tut das, was ich will.
Weitere Teile meines "Kleintiers" haben dann eine etwas breitere Nahtzugabe, genau so breit, wie die "Kufe" meines Nähfußes. (Hat das Teil eigentlich einen Namen?) Also die Nadelposition ganz nach rechts (ohne auf dem Bildschirm herumzutippen, denn dieser Funktion hat Bernina einen eigenen Schalter am Gehäuse spendiert, was ich sehr schätze) und los genäht.

... ein schwarz-kariertes Schaf wurde es.
Bild: nowak
Auch hier muß ich bei meinem weichen Stoff etwas stärker führen, als bei meiner alten Maschine mit den 5,5mm Stichloch, aber alles gut zu handhaben. Fehlstiche gibt es keine, es wird auch kein Stoff ist das Stichloch geschoben, obwohl die Lurexfäden im Stoff sich natürlich deutlich anders verhalten, als die weichen Merinofäden. (Alles mit einer 80er Universalnadel von Organ.)
Das letzte Teil meines Tierchens ist aus Fleece, hat einen Zentimeter Nahtzugabe und wird dann auch völlig ohne Probleme transportiert.
Wo sich das erste Mal ein spürbarer Nachteil des breiten Nähfußes zeigt, ist beim Übernähen der schon ausgestopften Gliedmaßen. Die Nahtzugabe enthält natürlich kein Füllmaterial, die Beine und der Schwanz schon, also muß der Nähfuß auf der einen Seite über einen gewaltigen "Berg" drüber, die andere Seite hingegen liegt tief. Dass man dem Transport hier von Hand etwas helfen muß, ist klar und geht deutlich schneller, als mit einem Ausgleich zu arbeiten. (Alle Nähte sind hinterher unsichtbar innen, wenn ein Stich etwas länger oder kürzer ist stört mich das nicht, es siegt die Bequemlichkeit...) Und da merkt man dann, daß sich der breitere Nähfuß auch stärker über den "Berg" quälen muss. Je schmaler der Nähfuß, desto eher hat man die Möglichkeit, die Füllung noch etwas aus dem "Nähweg" zu schieben, beim dem breiten Fuß geht das nicht mehr. Zumindest nicht, wenn man eher dick gestopft hat.
Das Bild beweist aber, dass ich trotzdem erfolgreich war.

Bild: nowak
Weil ich gerade schon so schön dabei war, kamen noch weitere Reste auf den Tisch, die Barbie meiner Nichte kann ja auch noch das eine oder Outfit brauchen.
Die Schnitte für Madame Barbie sind aus einem alten Burdaheft und daher für so ein Püppchen recht detailreich und entsprechend kompliziert zu nähen. Ein sperriger Stoff macht es nicht besser. Von Hand heften mag ich aber nicht (nicht dafür...) also darf die Maschine über quer gesteckte Nadeln nähen. (Mein Nähmaschinenmechaniker möge weg hören... das mögen die alle nicht gerne, weil eigentlich sind die Maschinen dafür nicht gemacht.) Macht die Maschine auch brav.
Da ich hier mehr gerade Nähte habe, werde ich auch mal etwas schneller und stelle dann fest, ich bekomme ständig Fehlermeldungen vom Unterfaden. Da ich die problemlos wegdrücken kann, nähe ich erst mal weiter. Bis es mich zu sehr nervt.
Dann finde ich raus, wie man den Unterfadenwächter abschaltet. Wenn ich ein Projekt unter der Nadel habe, lasse ich mich ungern aufhalten, um die Ursachensuche kümmere ich mich später.
(Also... im nächsten Teil verrate ich euch, was schief gegangen ist. Denke ich.)
Mein Metallicstoff für die Puppenjacke franst allerdings extrem leicht aus, daher ist hier das schnelle Versäubern der Nahtzugaben (gegen meine eigene Gewohnheit) unabdingbar. Dazu nehme ich immer den Stich, der bei meiner alten Maschine glaube ich "offener Overlockstich" hieß. Den hat auch die neue, Nummer 3. Normalerweise gibt es dazu auch ein spezielles Füßchen mit Steg, das verhindert, daß der Stoff sich zusammenzieht.
Dieses jedoch bringt auch tiefstes Tauchen im Zubehör nicht zum Vorschein. Okay, die Maschine ist eine Edition für Quilter und dafür gibt es einen Spezialfuß.
Von solchen Nibbeligkeiten lasse ich mich jedoch nur ungern aufhalten. Man kann den Stich ja auch ohne den speziellen Fuß... hm... kann man, auf weichem Gewebe wird das aber nicht so toll. Zieht natürlich den Stoff zusammen. Na gut, dann nähe ich die Nahtzugaben halt auf der alten Maschine ab. Obwohl... hm... ich probier das einfach mal...

Bild: nowak
Und in der Tat, der schmale Nähfuß der Virtuosa passt auch an die B770 QE! Die Nadel steht auch in der Mitte des Füßchens. Die Auflage auf den Transporteur ist natürlich etwas schmal. Aber... es reicht, um den Stoff zu versäubern! (Langfristig werde ich mir den zur Maschine passenden Fuß 2a wohl trotzdem noch besorgen, aber für einen Sonntag Abend war das schon mal gut. Und es bedeutet, daß ich bei anderen "nutze ich alle fünf Jahre mal" Nähfüßen auch erst mal gucken werde, ob der schon vorhandene alte nicht auch den Zweck erfüllt, bevor ich neu kaufe. Bei der Größe meiner Nähfußsammlung ein gewichtiges Argument.)
Mein bisheriges Zwischenfazit nach den vielen kleinen Projekten: ich habe einige Dinge sehr schätzen gelernt, die ich vorher nie vermisst hatte oder sogar für überflüssig hielt.
Gerade bei den vielen kurzen Nähten ist die Fadenschere eine überraschende Vereinfachung. Für Absteppungen oder Stellen, wo hinterher die Nahtenden sichtbar bleiben würde ich von Hand noch nachschneiden wollen, auch den Unterfaden. Aber für Puppenkleider und innenliegende Nähte wie bei den Stofftieren reicht das so. Und da ich sonst immer mindestens bis zum Abschneider gezogen habe, spare ich nicht nur eine Bewegung, sondern auch jedes Mal etwa 10 Zentimeter Faden. Bei diesen "Kurznahtprojekten" läppert sich das.
Auch den Hebel zum Heben und Senken des Nähfußes vermisse ich gar nicht. Ein Tip aufs Pedal senkt den Nähfuß, ich hatte eigentlich keine Probleme, meinen Stoff vorher gut zu positionieren. Zieht man dann leicht am Nähgut, hebt sich der Nähfuß von selber wieder. Das dauert allerdings relativ lange, da bin ich mit dem Kniehebel schneller. Denn... den habe ich ja auch noch.
Wozu die Maschine die maximale Nähgeschwindigkeit mit einem Regler am Gehäuse reduzieren kann weiß ich nach wie vor nicht, dann das Pedal ist so präzise, daß ich damit die Geschwindigkeit beliebig steuern kann, auch stichgenaues Anhalten fällt nicht schwer. (Ich vermute mal, beim Sticken könnte ich noch rausfinden, wozu der Hebel gut ist... )
Ich bin also immer noch schwer verliebt in mein Einhorn!
(Weil ich ab und an per PN gefragt werde... nein, ich rechne nicht damit, dass dieses Sondermodell demnächst irgendwo günstiger zu haben ist. Die Maschine ist bei Bernina selber schon seit einiger Zeit ausverkauft, es gibt nur noch die Bestände, die aktuell bei Händlern stehen. Wer ganz dringend ein schillerndes Einhorn möchte, sollte also eher zügig zuschlagen. Für alle anderen wird es aber die "normale" B770 noch eine Weile geben. Ohne Regenbogen und ohne die Tula Pink Motive, aber sonst technisch die gleiche Maschine. )
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