Vorgestellt und nachgenäht - Butterick Frühling 2023 (mit Tunika B6930)

Beim Stöbern in unseren eigenen Artikeln ist mir aufgefallen, dass wir von Butterick schon sehr lange keinen Schnitt mehr vorgestellt haben. Entweder trafen sie in den letzten Jahren nie den Geschmack unserer Testerinnen oder sie trafen immer zum falschen Zeitpunkt ein, wo keiner Zeit hatte?

Um so mehr freut es mich, die Frühjahrskollektion 2023 von Butterick wieder vorstellen zu können.

Wenn ich diesmal versuche, meinen Eindruck zusammenzufassen, dann würde ich sagen, die Tendenz ist weiblich. Weder offensiv sexy noch mit Rüschen überladen, sondern auf eine klassische Art und Weise. Eine Beispiel dafür ist das Kleid B6928. Eine weich fallende A-Linie als Wickelkleid, ein Kragen, aber kein strenger, ein schmeichelnder Ausschnitt, nicht zu tief, angekrauste Ärmel in kurz oder lang, das Kleid in zwei Längen... gleichzeitig zeitlos und klassisch, mit Details die man aus früheren Modepochen kennt, trotzdem aktuell und ohne das Gefühl eines Vintage Teils. Ein Kleid für alle Gelegenheiten.

Wer es dann doch etwas üppiger bevorzugt, mit mehr Volumen durch Volants, der nimmt B6927. Hier ist die Wickeloptik nur gefaked und unter dem Bindegürtel sitzt ein Gummizug. Dafür dürfen Volants fließen. (Oder Modell B6926, das ist dann die andere Größengruppe.)

Natürlich geht das ganze auch sportlicher. Tunika B6928 hat eine weite, klassische Form, zeigt sich durch die extrem überschnittenen Schultern aber modisch deutlich im Trend. Hier darf ein leichter Stoff wirken. Das geht auch zur Hose, Jeans, Leggings... und ganz ohne Rüsche.

Auch so finden sich einige Modelle, die mit eher klaren Linien Weiblichkeit verbreiten.

So zeigt das "Multi-Ensemble" B6933 ausgeprägt Taille. Egal ob mit Hose mit geradem Bein als korrektem Hosenanzug oder lässiger mit dem langen bunten Rock. Wobei man natürlich auch ein korrektes Kostüm mit einfarbigem Rock und eine lässige Hosenkombination mit gemusterter Hose nähen könnte. Oder einem bunten Blazer. (Ja, ich mag diese Ensembles in einer Tüte, weil man im Grunde mit kleinen Abwandlungen oder auch nur einem anderen Stoff völlig unterschiedliche Garderoben aus einem einzige Schnitt nähen kann. Da bekommt man was für sein Geld.)

Wandelbar zeigt sich auch der Wickelrock B6934. Je nach Länge und Stoff kann er am Strand oder in der City getragen werden. (Und mit passendem Oberteil sicher auch ins Büro.)

B6925 ist ein Top mit Prinzessnähten, dass sich gut an jede Figur anpassen lässt. Durch die unterschiedlichen Saumabschlüsse und Ausschnitte findet auch jeder etwas, was ihm gefällt. (Nur ist es mir immer noch ein Rätsel, wie man Knöpfe im Rücken vernünftig anziehen kann. Aber vielleicht auch nur Übungssache. Ich kenn das halt nur von Reißverschlüssen.)

Wer sich mit Röcken gar nicht anfreunden kann und es lässig mag, dem gefällt vielleicht das Ensemble B6932. Die Tunika hat stark überschnittene Schultern (auch etwas für Menschen, die ungern Armkugeln nähen) und es gibt sie ein einer lässig geraden Variante und in einer, die mit Bindebändchen eine Wickeloptik erzielt und auch etwas mehr auf Figur gebracht werden kann. Zusammen mit der lässigen Hose aus luftigem Stoff auch ein perfektes Sommerensemble.

Nachgenäht: Tunika B6930

Für eine lockere Tunika (Bluse? egal, Oberteil...) in Wickeloptik mit Taillenbetonung hat sich unsere Testerin gabi die erste entschieden.

Das Oberteil fällt weich und feminin über die Schultern, bei den Ärmeln hat man dann die Wahl, ob man eine dramatische Saumweite möchte oder lieber alles wieder einfängt.

Egal in welcher Variante: ein schönes, luftiges Sommerteil für alle Gelegenheiten.

Und das hat auch unserer Testerin gefallen, die sich für die Variante A mit den dramatischen Ärmeln entschieden hat:

"Die optische Luftigkeit. Die Raglanärmel. Die Weite der Ärmel und des Schößchens. Ich wollte schon immer mal so ein Oberteil nähen, jetzt ist es einfach so dazu gekommen."

Mit den Angaben auf der Schnitttüte kam sie klar, war aber nicht hundertprozentig zufrieden:

"Auf dem Umschlag findet sich wie immer jede gewünschte Information, wenn man gewillt ist, sie auch zu finden. Diesmal hat die Übersicht keine Überschrift über der Mengenangabe für die benötigte Stoffmenge. Da muß man schon wissen, daß diese Zahlenreihe die Längenmaße des Stoffes bezeichnen.

Und es ist meiner Meinung nach sehr arrogant anzunehmen, daß jede Packung überall die gleichen Maße hat. Wenn man schon Schrägband haben möchte, dann sollte nicht nur die Breite angegeben sein, sondern auch die Länge und nicht so was allgemeines wie "Packung"."

Auch mit den Schnittmusterbogen war sie nur teilweise glücklich (und meine eigenen Erfahrungen der letzten zwei Jahre sehen leider ähnlich aus, daher kann ich das gut nachvollziehen):

"Der Schnittmusterbogen ist aus dem üblichen hauchdünnen Seidenpapier. Diesmal war er auch viel mehr zerknittert, als bei allen anderen von mir verwendeten Schnitten von Butterick bisher. Daher habe ich die Schnitteile erstmal grob ausgeschnitten. So konnte ich die jetzt kleineren Teile glattbügeln - mit den Händen. Ein Bügeleisen ist mir zu suspekt bei dieser Anwendung.

Der Druck selbst war gut zu erkennen.

Dafür habe ich das erste Mal überhaupt gesehen, daß auch professionelle Schnittmusterhersteller gravierende Fehler im Schnitt haben können. Die Halsausschnittlinie des Ärmels hat in Größe 14 und 16 eine deutliche Beule nach außen. Ich weiß, daß diese Beule nicht korrekt sein kann, aber ein Anfänger? Es ist immerhin ein "leichter" Schnitt!"

Gewählte Größe war die 16, die grundsätzlich den Umfangmaßen von gabi entspricht. Die Länge musste angepasst werden, doch auch in der Weite ergab sich ein etwas unerwartetes Problem:

"Zumindest meinen Umfangmaßen entspricht sie. Die Länge habe ich angepaßt. Aber leider nicht vollkommen. Die Taille sitzt doch etwas hoch (einfach ignorieren? :))

Und so großzügig die Bluse auch sitzt, sie ist nicht unbedingt für Figuren mit Brustumfang höher als D geeignet. Die Bluse bekomme ich hervorragend übergezogen - bis eben über die Brust, da wirds etwas eng (ich habe Körbchengröße H/I)."

(Lustige Koinzidenz: Ich habe auch gerade ein Teil mit Wickeloptik in Arbeit und habe festgestellt, dass trotz FBA die Brust beim Anziehen im Weg sein kann... )

Bei der Stoffauswahl lässt der Schnitt viele Optionen, die richtigen Mengen sollte man allerdings beachten:

"... hatte ich einen Stoff ausgesucht schon bevor ich den Schnitt vorliegen hatte - also sehr einfach. Die Leichtigkeit des Modellfotos zeigte die Richtung der Stoffwahl ja schon vor. Schwieriger war dann eher die Auswahl des Kombistoffes. Zum Glück gibt es immer jemanden in Reichweite, der einem beim kritischen Blick auf die zwei Stoffe hilft. Hier hat mir mein (großes) Tochterkind geraten, nicht den zuvor etwas skeptisch beäugten blauen Stoff zu nehmen, sondern eher zu einem Kontraststoff zu greifen. So kam es zu dieser Kombination Blau-Gelb."

Nähere Angaben zum Stoff sind dann nicht mehr möglich, weil aus dem eigenen Bestand.

Die Verarbeitungsschritte werden als angemessen beurteilt:

"Die Bluse ist wirklich einfach zu nähen, die einzelnen Schritte sind sehr gut beschrieben und nachvollziehbar."

Die Übersetzung ist nutzbar, sorgt aber auch für Amüsement:

"Übersetzte Anleitungen sind ja immer ein Thema für sich. Da ich stets beide (englisch und deutsch) Anleitungen lese, fand ich diesmal gleich zu beginn etwas zum Lachen. "Körpermaß+Trageerleichterung+Design-Erleichterung". Auch eine KI sollte wohl mal eine Schneiderausbildung machen. Und die Erläuterung zum schmalen Saum kann ich vor lauter Lachen gar nicht mehr Abtippen.

Die Anleitung selbst ist klar aufgebaut, wenn ich auch nicht jeden Nähschritt so nachvollziehen kann bzw will. Das liegt aber wohl eher daran, daß ich inzwischen etwas konzentrierter nähe - also manche Arbeitsschritte kombiniere. Ob das allgemein einfacher ist, weiß ich nicht, für mich ist es logischer."

Als erfahrene Näherin hat unsere Testerin die Anleitung auch nicht sklavisch befolgt, sondern an ihre eigenen Gewohnheiten und auch den Stoff angepasst:

"Laut Anleitung sollen die Nähte nur mit 2 Parallelnähten versäubert werden. Das ist mir zu wenig Sicherheit gegen Ausfransen. Der Stoff ist so leicht, daß selbst die Ovi die Nahtzugabe zusammmenzieht. Deswegen nutze ich hier bei allen Nähten die französische Naht.

Die Reihenfolge des Zusammennähens ist auch nicht so meins. Hier ist es so, daß das Oberteil, der Ärmel und die Ärmelrüsche jeweils für sich extra zusammengenäht werden sollen und dann erst im Rund angenäht werden. Diese Reihenfolge habe ich nicht eingehalten. Ich habe die Ärmel eingenäht und das Schrägband auf den Ausschnitt genäht. Danach habe ich jeweils die fehlenden Teile aufgenäht: Vorderteil - Gürtel - Schößchen, Rückenteil entsprechend und die Rüsche auf die Ärmel. So konnte ich in einem Rutsch die Ärmel-Seitennähte schließen.

Mit dieser Reihenfolge machte sich auch etwas bemerkbar, wovon ich noch nicht weiß, ob es mein Fehler war oder ein Fehler im Schnitt ist. Die Gürtelteile sind beide (Vorder- und Rückenteil) zu lang. Diese Teile zu reihen machte insgesamt keinen Sinn, also habe ich das überstehende einfach abgeschnitten. Es ist auch auf den Schnittteilen keine Markierung für das "Einreihen".

Den Saum habe ich dann auch noch mit dem Rollsaumfuß genäht - weil ich ihn habe. Es geht doch um einiges einfacher, dieses Füßchen zu benutzen, als der Anleitung der Schnittersteller zu folgen."

Nach einem kleinen Handgriff (der möglicherweise durch die veränderte Nähreihenfolge bedingt wurde... an der Stelle habe ich auch schon interessante Überraschungen erlebt, wohin sich der Stoff dann legen mag) fällt das Oberteil auch aus wie erwartet:

"...nachdem ich die Nahtzugabe der Ärmel-Rüschen-Naht nach oben festgenäht hatte. Vorher gab es eine (für mich) merkwürdige Wölbung der Rüschenansatznaht. Das gefiel mir überhaupt nicht, deswegen gibt es noch eine Naht mehr."

Wie man sieht, ist unsere Testerin ganz offensichtlich mit dem Ergebnis zufrieden, weswegen der Schnitt auch noch öfter zum Einsatz kommen soll:

"Ganz sicher! Jetzt im Urlaub kann ich zu einem tollen Stoffgeschäft. Da werde ich mir einen Stoff aussuchen, der diese Bluse zu einer Wickeljacke machen kann. Die Art des Schnittes gefällt mir nämlich sehr. Dafür werde ich aber doch noch einige Änderungen vornehmen: Die Ärmelrüschen werden in der Rundenlänge und der Hängelänge etwas gekürzt, Vorder-, Rückenteil und die Schößchen noch etwas verlängert. Und ich werde nur einen Stoff dafür verwenden, die Zweifarbigkeit gefällt mir so nämlich gar nicht."

Daher auch eine klare Empfehlung für den Schnitt:

"Die Bluse ist wirklich schnell genäht (wem es auf dieses ankommt). Mit dem Rollsaumfuß sind sogar die (laaaangen) Säume flott genäht.

Allgemein ist der Schnitt wirklich einfach umsetzbar. Ich meine, selbst ein Anfänger, wenn er nicht zuviel Respekt hat, kann diese Bluse leicht schaffen. Denn das Einzige, was etwas Aufmerksamkeit erfordert ist das Einhalten der Rüschen mit anschließendem Einnähen ohne allzuviele Falten zu fabrizieren."

Das Fazit überrascht dann auch nicht:

"Ein einfacher Schnitt mit großer Wirkung. Mit der Auswahl des Stoffes legt man ja meistens schon die Verwendung des Kleidungsstückes fest. Hier macht das diese Bluse zu einem Vielzweckteil. In elegantem Seidenorganza für den großen Auftritt bis hin zu meiner Auswahl für ev. den Strand (was so gar nicht gedacht war). Die Verarbeitung ist recht simpel und die Kräuselung schaffbar.

Also ran an die Bluse."

Wir danken der Firma Cremer KG aus Euskirchen (Generalvertrieb für McCall's (Butterick, McCall's, Vogue) in Deutschland), für den zur Verfügung gestellten Schnitt.