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Handrad Privileg


Magyes

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Handrad Privileg Nähmaschine

 

Ein unlösbares Problem?

 

Die bisher sehr zuverlässige Nähmaschine Privileg 1233 (Janome) meiner Frau wurde von ihrer Freundin geschrottet. Die Freundin, ein echtes "Arbeitstier", näht pausenlos stundenlang Kilometer um Kilometer, aber wenn es irgendwo klemmt oder blockiert, dann wird auch mit Gewalt versucht weiterzunähen. Auf diese Weise brach sie das Innenleben des Handrads ab.

Ich schrieb an Profectis, den früheren Quelle-Service. Diese teilten mir umgehend mit, dass das Modell von Janome leider nicht mehr produziert werde und deshalb keine Ersatzteile zu haben sind. Trotzdem großes Lob an Profectis!

Was tun? Selber machen natürlich. Die Maschine ist zum Rausschmeißen noch viel zu gut. Aber seit ich im Ruhestand bin habe ich leider keinen Zugang mehr zu meinen früheren CNC-Dreh- und Fräsmaschinen. Ich hätte entweder eine Art Verstärkungsring innen angebracht oder gleich ein neues Luxus-Handrad aus Metall gefertigt, das die nächsten 100 Jahre locker überdauert hätte.

So musste jetzt etwas provisorisches zwischen Kleben, Spachteln und Gießen herhalten. Dies ist alles andere als professionell und gefällt mir auch nicht, aber was will man sonst tun? Als Rentner hat man zwar wenig Geld aber unheimlich viel Zeit und einen reichhaltigen Schatz an Berufserfahrung, sofern einen der Alzheimer noch nicht erwischt hat.

Zuerst überlegte ich, ob ich die Verstärkungen innen regelrecht mit Acryl ausgieße. Das wäre die schönere Variante aber die Gießform wäre sehr aufwendig. Vielleicht mit Knetmasse (Plastilin) möglich.

Ich entschied mich für die einfachere Version mit Kleben und Spachteln. Dazu benutzte ich einen Zweikomponenten-Klebstoff auf Acrylat-Basis. Das Zeug hält auf diesem Kunststoff bombenfest, es lässt sich dort nicht einmal mit einem Messer wegkratzen. Deshalb beim Hantieren mit dem Klebstoff aufpassen, dass er nicht auf eine sichtbare Stelle tropft.

 

Auf Bild 1 ist an der Bohrung für die Achse zu sehen, dass ein Stück fehlt, es war nicht mehr auffindbar. Ein anderes abgebrochenes Stück klebte ich vorher schon auf der Gegenseite an. Auf Bild 2 ist zu erkennen, dass auch ein Teil des Führungsstegs für den Mitnehmerstift der Achse abgebrochen ist. Dieser Stift ist auf Bild 12 zu sehen.

Es musste der Führungssteg und die Aufnahme für die Achse wiederhergestellt werden. Nicht nur das, zur Sicherheit sollte alles noch verstärkt werden.

Auf Bild 2 sieht man das eingelegte Gegengewicht und die von außen aufgeschobene schwarze Halteklammer zum Einrasten des Handrades. Diese Bereiche mussten natürlich ausgespart werden.

 

Die Abgrenzung für das Gießmaterial schnitt ich mir aus Streifen eines Tetra-Packs zurecht, die in geeigneter Weise fixiert werden müssen. Die innere, silberfarbig beschichtete Seite zeigt zum Gießmaterial hin. Dieses spezielle Papier lässt sich nachher leicht von der ausgehärteten Gießmasse entfernen.

 

Zum Üben nahm ich mir zuerst den leichteren Part vor, nämlich den Führungssteg für den Mitnehmerbolzen. Auf Bild 3 sind die eingeklemmten Pappstreifen zu sehen.

Auf Bild 4 der eingebrachte Acrylit-Kleber, wobei ich auch auf der unbeschädigten Seite noch etwas zur Verstärkung anbrachte. Nach dem Aushärten der Masse und nach dem Entfernen der Pappstreifen sieht man das Ergebnis in Bild 5.

 

Das Auffüllen um die Achse herum gestaltet sich um einiges schwieriger. Es müssen Pappstreifen so eingeklemmt werden, dass nichts an die Führung für die Klemmfeder gelangt. Auch die Bohrung und die Nuten für den Mitnehmerstift müssen ausgespart werden, siehe Bild 6.

 

Das Ausgießen um die Achsen machte ich in zwei Schritten. Erste Hälfte auf Bild 7. Nach dem Aushärten die zweite Hälfte, auf Bild 8 sichtbar.

 

Nach dem Herausnehmen der Pappstreifen sieht das Ganze noch sehr unordentlich aus, Bild 9. Da leistete die rotierende Nagelfeile (ähnlich einem Graviergerät) meiner Frau gute Dienste. Es wurden überstehende Grate abgeschliffen und das Ganze ein bisschen besser in Form gebracht, Siehe Bild 10. Wichtig ist, dass die Bohrung mit dem Durchmesser 10mm frei ist und leicht auf die Achse passt. Ebenfalls muss auf die gleichmäßige Höhe an der Anlagefläche um diese Bohrung herum und auf die U-förmigen Nuten für den Mitnehmerstift geachtet werden. Das Gegengewicht muss sich leicht einsetzen lassen und die federnde Klammer muss ihren Platz haben, siehe Bild 11.

 

Gegengewicht montieren, nochmals Bild 11. Zur Montage des Handrades Mitnehmerstift (eigentlich Spannstift oder Spannhülse) mit der langen Seite nach oben stellen, Bild 12). Danach Handrad so aufsetzen, dass der Spannstift innerhalb der Stege (auf Bild 3, 4, 5) positioniert ist. Das Handrad hat dazu außen eine kleine Markierung. Wenn sich das Handrad nicht leicht aufschieben lässt, dann muss die Bohrung 10mm noch einmal nachgearbeitet werden.

Federklammer eindrücken und Handrad auf die Achse festschrauben, Bild 13. Abdeckknopf aufdrücken, fertig (Bild 14).

 

Seither läuft die Maschine ohne Beanstandungen, unbarmherzig getestet durch die selbe Freundin und bei einer erneuten Kontrolle des Handrades konnte ich innen noch keine Verschleißerscheinungen feststellen.

 

Sicherlich können ähnliche Fälle bei anderen Maschinenmarken oder sonstigen Kunststoffteilen auch auf diese Weise geregelt werden. Mit Geduld und etwas handwerklichem Geschick lässt sich so einiges an Geld sparen.

 

Beste Grüße

 

Stephan Pausch

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Hallo Stephan!

 

 

Ich schrieb an Profectis, den früheren Quelle-Service. Diese teilten mir umgehend mit, dass das Modell von Janome leider nicht mehr produziert werde und deshalb keine Ersatzteile zu haben sind. Trotzdem großes Lob an Profectis!

Was tun?

Du hättest auch natürlich z.B. hier fragen können.

Ich meine, solch ein Handrad herumliegen zu haben. Und diese Art von Maschinen zählt nicht zu meinen Favoriten.

Allerdings finde ich es auf die Schnelle nicht, so daß ich nicht behaupten möchte, daß es paßt.

Aber bei der Form klingelte etwas bei mir!

 

 

Alles Gute!

 

Ramses298.

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Hallo Anouk!

 

 

@ Ramses Wieso?

Sagst ja auch nicht "warum näht ihr? kann man doch kaufen"

Da hat sich jemand viel Arbeit gemacht, gleichzeitig aber geschrieben, daß er nach diesem Teil gesucht hat.

 

Meine Bemerkung sollte keineswegs als Vorwurf gemeint sein!

Ich gehöre auch zu denjenigen, sie gerne etwas reparieren und improvisiere auch viel.

Wenn einem das Spaß macht, dann ist das toll!

 

Ich habe nur eingeworfen, daß man durchaus bei einer Anfrage an der richtigen Stelle - nämlich bei Nähmaschinenbastlern - fündig werden kann, auch wenn die "offiziellen Stellen" einem nicht mehr helfen können!

Privileg/Janome hat ja auch nicht gerade wenige Nähmaschinen verkauft! :)

 

 

Alles Gute!

 

Ramses298.

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Hallo Anouk,

 

klar, das mit dem Gießen geht. Als Form würde ich jedoch Kerzenwachs bevorzugen. Allerdings ist der Acrylat-Kleber nicht ganz billig und die ausgehärtete Masse ist relativ hart und deshalb schlagempfindlich. Man kann so ein Teil auch mit einer Laubsäge aus einer geeigneten Platte heraussägen.

 

Viele Grüße

 

Stephan

Bearbeitet von Magyes
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Hallo Ramses298,

 

lass Dir Zeit mit der Suche nach dem Handrad, denn ich bin gerade bei Reisevorbereitungen. Wirf es nicht weg. Ich habe trotzdem Interesse daran. Wenn ich wieder zurück bin, werde ich mich nochmals melden.

 

Viele Grüße

 

Stephan

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  • 2 Jahre später...

Hallo,

 

auch bei meiner Privileg Super-Nutzstich 1511 war im Inneren die Rundung zerbrochen. Mein Handrad sieht genauso aus wie das auf den Fotos.

Ich habe mir aber das Kleben nicht zugetraut.

Ein Nähmaschinentechniker wusste aber, dass die Maschine von Janome ist und hat das Handrad als Ersatzteil bestellt. Er hat es eben eingebaut, die Maschine läuft wieder bestens.

 

Vielleicht hilft das noch jemandem.

 

litschi7

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