Zum Inhalt springen

Partner

  • peterle
    peterle

    Hyperaldo - Leben mit primärem Hyperaldosteronismus - ein Erfahrungsbericht

    Das hat jetzt alles nichts mit Nähmaschinen und Hobbyschneidern zu tun, aber das ist das, wo ich vor allem die letzten Jahre war und aktuell bin. Ich hoffe es gibt Euch einen Einblick in mein Sein und hilft vielleicht dem ein oder anderen Leser, der selber oder als Angehöriger mit primärem Hyperaldosteronismus konfrontiert ist, denn man findet kaum irgendwo einen Erfahrungsbericht dazu, wie es sich tatsächlich damit lebt.

     

    Was ist ein primärer Hyperaldosteronismus:

    Wenn man jemandem erklärt, man habe einen primären Hyperaldosteronismus, dann ist die erste Reaktion bei allen - das schließt erstaunlich viele Mediziner ein - Hä? Einen was?

     

    Hyperaldosteronismus bezeichnet ein Übermaß an Aldosteron. "Hyper" kommt von dem griechischen „ὑπέρ“ und bedeutet soviel wie "über-mäßig". Aldosteron ist ein Steroidhormon, welches in der Nebenniere gebildet wird.

     

    Salopp ausgedrückt ist Aldosteron in einem Regelsystem entscheidend beteiligt, welches für den Salz- und Wasserhaushalt des Körpers zuständig und greift damit in erstaunlich viele Regulationen ein, die im menschlichen Körper stattfinden.

    Das Renin-Angiotensin-Aldosteron-System (RAAS), beinhaltet nicht nur dem Namen nach das Aldosteron und bringt noch weitere Spieler aufs Feld, aber wir wollen uns hier nicht verzetteln.

     

    Merken wir uns einfach, daß bei viel Aldosteron es zu wenig Renin kommt und durch viel Aldosteron Salz und Wasser in der Niere zurückgehalten wird, was zu einer Steigerung des Blutvolumens und damit des Blutdrucks führt, wobei viel Salz - Natrium - zu wenig Kalium führt. Aldosteron wirkt aber auch auf das Herz und zwar auf die Zellen des Herzmuskels. Dort sorgen sie für einen Umbau der zu einer Erweiterung, und Vergrößerung sorgt, aber auch zu "Vernarbungen" und Absterben von Zellen sorgen kann. Desweiteren wirkt es auf die Verdauung, die Schweiß- und die Speichelproduktion und vermutlich tausend andere Sachen, die über diese Regelmechanismen beeinflußt werden.

     

    Der Hyperaldosteronismus kann sekundär sein, dann ist er die Folge von z.B. Nierenerkrankungen, Lakritzabusus (mehr als 500g/Tag) oder auch Tumoren.

    Ist es ein primärer Hyperaldosteronismus, dann wird er nicht von seinem Regelsystem verursacht, sondern die Nebennierenrinde produziert einfach zuviel Aldosteron. Das liegt entweder an einer Fehlbildung, weil es einfach zuviel von dem Aldosteron produzierenden Gewebe gibt , einem Adenom, was auch nichts anderes, als ein gutartiger Tumor ist, oder aber einem Karzinom, einem bösartigen Tumor.

     

    In den meisten Fällen ist der primäre Hyperaldosteronimus eine Fehlbildung oder ein Adenom. Das kann dann noch einseitig oder beidseitig sein, denn man hat erfreulicherweise zwei Nebennieren.

     

    In der Diagnostik findet man klassischerweise viel Aldosteron und wenig Renin, wobei der Quotient der beiden einen gewissen Schwellenwert übersteigen sollte oder zumindest daran kratzt und dann ist da noch zu wenig Kalium, aber manchmal halt auch nicht. Man ahnt, es ist gar nicht so leicht einen primären Hyperaldosteronismus zu erkennen. Es gibt dann noch Bestätigungstests, deren Zuverlässigkeit ob großer Fehlerquoten diskutiert werden. 

     

    Je nach Schweregrad des Hyperaldosteronismus, ist er unbehandelt mit dem Leben auf Dauer nicht vereinbar.

     

    Die erfreuliche Nachricht ist: Man kann das im Prinzip sehr gut behandeln.

    Für eine Behandlung blockiert man kurzerhand die Rezeptoren für Aldosteron und hindert damit das frei flottierende Aldosteron daran, oben genannte Schäden und Probleme zu verursachen. Dummerweise gibt es nicht viele Medikamente dafür. Vor allem Spironolacton und Eplerenon, die allerdings eine lange Liste von Nebenwirkungen hat und so wird das ganze dann zum Spiel einer Klippenwanderung, um weder in die eine oder andere Richtung abzustürzen.

    Im Fall eines Adenoms oder Karzinoms, kann man die entsprechende Nebenniere entfernen, dafür muß man aber erst mal wissen, welche Seite das ist oder sein könnte. Das geht über eine Blutabnahme direkt an den Nebennieren, um dort die linke und die rechte Nebenniere in ihrer Produktion von Aldosteron zu vergleichen.

    Klingt einfach, ist es aber leider nicht, weil man dafür keine Aldosteron-antagonisten ("-gegenspieler") nutzen darf, was einen vor ernste Probleme stellt, da die Ersatzmedikation bei weitem nicht so gut wirkt und in der Dosierung kritischer ist.

    Dennoch geht es ohne normalerweise nicht. Eine Alternative zu der Blutabnahme ist ein PET Scan, was im Prinzip eine Art Computertomographie mit einem Kontrastmittel ist, welches einen Eindruck von der Aldosteronproduktion im Körper gibt. Damit kann man dann auch Tumore finden, die nicht in der Nebenniere sind. Allerdings ist das alles noch mehr oder minder im Forschungsstadium und die Herstellung des Kontrastmittels schwierig und teuer.

     

    Die Einführung war was länger als geplant. Ohne diese scheint mir das Leben mit primärem Hyperaldosteronismus aber schwer verständlich.

     

    Wie man mit einem primären Hyperaldosteronismus lebt:

    Die Kurzfassung: Schlecht lebt man damit.

     

    In meinem Fall, erinnere ich mich an meine frühe Jugend, in der ich anfing kurzatmig zu werden und ein Druckgefühl im Körper zu spüren. Meine Knie wurden irgendwie leicht dicker, als wären sie von einer nicht sonderlich dicken schwabbeligen Masse umhüllt. 

    Ich erinnere mich dazu später mal ein CT gemacht zu haben und man bestätigte Wassereinlagerungen im Gewebe, habe aber keine Ahnung, wo das herkäme. Schlimm wäre das aber nicht. War es auch nicht, nur taten halt die Knie etwas eher weh und ich fand es nicht schön.

     

    Das Druckgefühl blieb und es war auch in meiner Jugend zuweilen oft sehr schwer mich zu konzentrieren, wohingegen das zu anderen Zeiten sehr gut ging. Prüfungssituationen waren allerdings immer wieder extrem anstrengend, weil es schwierig war mich zu konzentrieren und alert zu sein. Ging aber alles irgendwie aus der damaligen Perspektive und erklärte sich mit Aufregung und Angst.

     

    Meine ganze Kindheit, Jugend und Leben hatte ich einen Heißhunger auf Lakritz!

     

    Ärzte mied ich, da mein Vater Arzt war und ich eigentlich nie krank war und auch Blutbilder dann keine Besonderheiten zeigten. Mein Herz schlug langsam und ruhig, was ich mir damit erkärte, daß ich viel Fahrrad fuhr. Kalium war im normalen unteren Bereich, Blutdruck eher um 120 - 130 / 80 - 90. Nicht besorgniserregend und ich war ja auch aufgeregt. Da mein Vater ein begeisterter Kardiologe war und ein sehr geübter Benutzer seiner Echokardiographie war, kann ich sagen, es ging meinem Herz super.

    Vermutlich haben nur Arztkinder den Vorteil alle Nase lang als Versuchskaninchen für neue Geräte zu dienen und damit diagnostisch in diesem einen Spektrum voll erfasst zu sein.

     

    Ich hatte in meiner Jugend merkwürdige Probleme mit massiven Schwindelattacken, deren Ursache bis heute ungeklärt ist. Mir wurde einfach innerhalb von Sekunden so schwindelig, daß sich alles um mich herum drehte. Selbst wenn ich lag und die Augen aufmachte, drehte sich er Raum. Gepaart war das mit rasenden kaum auszuhaltenden Kopfschmerzen. Dunkel, Liegen, Augen zu und Schlafen, waren die probaten Lösungen. Provozieren konnte man das nicht. Es waren gefühlt oft Stressituationen, in denen das auftrat. Das letzte mal war auf einer Autofahrt, die ich dann auf dem Standstreifen abbrechen mußte. Mein Beifahrer fuhr damals weiter. 

     

    Als ich 15 wurde, erkrankte mein Großvater und ich ging nun Morgens zum Gymnasium, nachmittags ins Nähmaschinengeschäft und machte Abends eine Pause, Nachts meine Hausaufgaben und schlief dann gegen 1 ein. Montags bis Samstags. Wir hatten damals Samstags noch nicht frei. Das summierte sich schnell auf eine 60 bis 80 Stunden Woche.

     

    Als mein Großvater nach meinem Abitur starb, übernahm ich den Laden und arbeitete so weiter. Allerdings brauchte ich immer wieder und zunehmend Pausen, die ich mir Dank Selbstständigkeit gut selber einrichten konnte. Sehr viel in kurzer Zeit arbeiten war eine Möglichkeit, um an anderen Stellen langsam tun zu können.

     

    Ich spielte begeistert vier bis fünfmal pro Woche Volleyball in lauter Spaßmanschaften und einer Leistungsklasse.

    Da war ich trotz Druckgefühls immer gut dabei und es tat mir gut. Allerdings kam ich eines Abends nach dem Sport erschöpft nach Hause und fiel in merkwürdiges unkontrollierbares Zittern und war zu nichts mehr in der Lage. Am nächsten Tag war es weg. Irgendwelche Ursachen ließen sich nicht finden. Das kam immer wieder mal und steigerte sich dann zweimal bis zu Zuständen, an denen ich gefühlt so angespannt war, daß selbst angesprochen werden, zu einem totalen Überlastungsgefühl sorgte. Das Zittern war da, der Herzschlag wurde unregelmäßig. Ich ließ mich mit dem Taxi in die Notaufnahme bringen und die waren sehr alert, fanden aber keine ungewöhnlichen Sachen, Kalium weiterhin niedrig normal. Infusionen angelegt und ich wurde entlassen.

     

    Bei der Geburt meines Sohnes erinnere ich mich daran, daß ich rasende Kopfschmerzen hatte, ein Druckgefühl im Körper als würde ich gleich platzen und es mir schwer fiel mich zu konzentrieren und klar zu denken. Erstgeburten fangen ja oft plötzlich an und ziehen sich dann bis tief in die Nacht.

     

    Mit 31 und meinem kleinen Kind im ersten Lebensjahr fuhr ich zu einer Geburtstagsfeier ins Sauerland. Ich erinnere mich an einen extremen Stress, Konzentrationsproblemen und dem Gefühl unter gewaltigem Druck zu stehen.

    Dort hatte der Gastgeber Probleme mit seinem Blutdruck und wir fanden es lustig alle mal unseren Blutdruck an seinem Meßgerät zu prüfen.

    150/100 - gut die Aufregung, wenig geschlafen u.s.w. waren meine Erklärungen dafür. Weiter abklären ließ ich es nicht und kümmerte mich nicht weiter drum.

     

    Dann nahmen meine Wassereinlagerungen zu. Die Knie waren geschwollen, was ich aus der Jugend kannte, aber nun wurden meine Knöchel und meine Füße dicker. Das störte mich weniger, saß aber eines Abends bei meinem Vater am Wohnzimmertisch und hatte wegen der Sommerhitze keine Strümpfe an. Der sah auf meine Knöchel. Drückte drauf und fragte mich, wie lange ich das schon hätte? Keine Ahnung, aber seit einiger Zeit ... am übernächsten Tag hatte ich Morgens einen Termin im Krankenhaus zum CT.

    War dann erfreulicherweise kein Tumor oder andere Auffälligkeiten zu finden.

     

    Weitere Untersuchungen brachten einen Blutdruck von nunmehr 160/110 zum Vorschein und weiterhin Kalium im unteren normalen Bereich. Belastungs-EKG zeigte leichte Extrasystolen. Also bekam ich Verapamil verschrieben und fuhr damit ganz brauchbar den Blutdruck gefühlt ein wenig runter.

    Das Druckgefühl stieg weiter, die Notwendigkeiten zu Auszeiten nahmen zu und mit meiner neuen Diagnose Hypertonie ohne besondere Ursache, sollte ich mich dran gewöhnen, Pausen machen und vor allem abnehmen. Ich war nicht wirklich dick, aber halt auch nicht mehr so dünn wie früher.

     

    Ich begann regelmäßiger Blutdruck zu messen, der pendelte sich bei 150/95 ein und stieg phasenweise massiv an, sank dann aber auch immer wieder. Das Druckgefühl blieb, Sport stellte ich ein, weil es mir zu anstrengend wurde.

     

    Bei einer der nächsten Untersuchungen stieg mein Blutdruck auf dem Belastungs-EKG über die Testmöglichkeiten des Gerätes. Ich hatte Blutergüsse am Arm von der Manschette und einen besorgten Vater, der beim Blick auf die Unregelmäßigkeiten im EKG und den Blutdruck die Untersuchung abbrach. Die Medikation erhöhte und mich mahnte dünner zu werden.

     

    Das Druckgefühl nahm zu und es kamen immer wieder wegknickende Knie, die mich auf alle viere auf den Boden fallen ließen dazu. Auch fielen mir immer wieder Dinge aus der Hand. Einfach so. Zuweilen konnte ich Gläser nicht einschütten, weil ich so stark in der Hand zitterte. Emotionaler Stress brachte mich oft an den Rand dieser Erlebnisse und drüber hinaus.

     

    Sylvester 2015/2016 hatte ich mir vermutlich eine Entzündung der Bauchspeicheldrüse eingehandelt. Ich habe mir im wahrsten Sinne die Seele ausgekotzt. Mein Blutdruck schoß trotz Medikation nach oben und lag bei 210/120 und zuweilen drüber. Er ging aber auch nicht mehr runter.

    Mein Vater war gestorben und ich rief einen befreundeten Arzt an, der meinte ich solle SOFORT in die Notaufnahme. Ganz so gefährlich kam es mir nicht vor. Schließlich war ich Profi darin mit Druck zu leben. Ich ging dann am nächsten Morgen zu ihm, das Kalium war deutlich zu niedrig. Er testete im Verlauf verschiedene Medikamente. Die wirkten allerdings nicht wirklich und so verschrieb er mir Spironolacton. Was ich nach dem Durchlesen der Neben- und Wechselwirkungen ablehnte. Daraufhin bestimmte er den Aldosteron-Renin-Quotienten und es war klar, ich hatte einen Hyperadolsteronismus und es führte kein Weg am Spironolacton vorbei.

     

    Das wirkte auch phantastisch. Mein Blutdruck plumpste auf 120/80 runter.

     

    Wie lebt es sich mit primärem Hyperaldosteronsimus und Spironolacton:

    Das war ein ganz neues Lebensgefühl. Der Druck war weg, dafür konnte ich nur noch vom Bett zum Sofa und Abends wieder zurück. Alle Kraft und Lebendigkeit war gefühlt einfach einer alles übermannenden Schwäche gewichen. Das brauchte mehr als ein halbes Jahr, bis ich wieder an Arbeiten denken konnte. 

    Männer können von Spironolacton eine weibliche Brust entwickeln und heiser werden. Heiser ging weg, die Veränderung der Brust war unerheblich, wenn auch zuweilen unangenehm. Eine Alternative gab es aber nicht.

    Mein Durstgefühl war oft nicht wahrnehmbar. Die zuweilen wegknickenden Knie und die schlechte emotionale Belastbarkeit blieben. Dazu kamen im Lauf der Zeit immer wieder Angstzustände und depressive Verstimmungen.

     

    Die Angstzustände waren aus rationaler Sicht unbegründet und ein eher unangenehmes Gefühl als klare deutliche Angst.

     

    Die depressiven Momente kamen plötzlich und unerwartet und fühlten sich an, wie eine tiefe dunkle Schwärze, die mich umfängt, hineinzieht, physisch spürbar ist und rational betrachtet völlig unbegründet. So wie die Angst oben.

    Glücklicherweise bin ich psychisch sehr sortiert und konnte diesem Sog widerstehen, in dem ich ihn verbalisierte und kurzfristig mit einem Freund dazu in Austausch kam.

     

    Dann stieg langsam aber sicher der Blutdruck und das Druckgefühl weiter an und kam wieder auf 140/90 und dann auf 160/100. Ich erhöhte die Dosis und er sank. Die Symptome des Hyperaldosteronismus nahmen wieder ab und die des Spironolacton dafür massiv zu. So sehr, daß ich wieder weitestgehend ausgeknockt war und keine Ahnung mehr hatte, wie ich in dem Zustand arbeiten sollte. Vom Bett zum Sofa zu schlapp, schwach, völlig erschöpft.

     

    Also reduzierte ich die Dosis wieder und lebte eine zeitlang mit den wieder stärker zunehmenden Symptomen des Hyperaldosteronismus. Das Druckgefühl stieg, der Blutdruck ebenso.

    Beeindruckend waren nun vor allem die Angstattacken: Von jetzt auf gleich von Säbelzahntigern umzingelt, bereit mich zu zerfleischen.

    Selbstverständlich waren die nicht da und es gab auch keinen Grund, was gerade in meinem Leben passiert war, daß ich solche Gefühle hätte begründen können.

    Zu guter letzt erinnere ich mich, neben meiner Frau gesessen zu haben, die etwas erzählte und ich bekam zwar die Worte mit und verstand auch jedes einzelne, nur den Sinn des Satzes verstand ich nicht mehr. 

     

    Das wurde glücklicherweise wieder besser, aber ich beschloß nun doch noch weitere Diagnostik zu suchen, um die Medikation besser einstellen zu können oder gar etwas operieren zu können.

     

    Es gibt erstaunlich wenige Kliniken, die sich auf die dazu benötigten Untersuchungen spezialisiert haben und dort wollte man natürlich erst mal einen anständigen Nachweis des Hyperaldosteronismus führen. Was ein Absetzen der Medikation bedeutete. Die 6 Wochen ohne Spironolacton und mit Ersatzmedikation aus Doxazosin und Dihydralazid waren abenteuerlich. Gefühlt explodierte ich. Mein Blutdruck trotz maximaler Medikation war nicht unter 160/100 zu kriegen. Meine Knöchel, Füße Beine und der ganze Rest schien anzuschwellen.

    Der Test war - wer hätte es gedacht - positiv mit einem erhöhten Aldosteron-Renin-Quotienten. Versuche durch einen Salzbelastungstest eine Bestätigung zu kriegen, gelangen nicht. Waren ob der Salzmenge, die man da konsumiert, aber gefühlte Höllentrips mit verstärkten Symptomen.

    Ich wurde trotz Zweifeln an einer Einseitigkeit des Hyperaldosteronismus zu einer Blutabnahme an den Nebennieren zugelassen und mit staunendem Ton wurde mir mitgeteilt, daß die rechte Nebenniere mit 13:1 gegenüber der linken in der Aldosteronproduktion führt. Allerdings sei die linke Nebenniere auch von der rechten unterdrückt und man wisse nicht genau, wie die nachher reagiert.

     

    Die OP verlief gut, die Medikation setzte ich komplett ab, der Blutdruck fiel auf 140/90.

    Ich war beeindruckt. Das Adenom in der rechten Nebenniere war im CT nicht erkennbar, weil fast die ganze Nebenniere das Adenom war.

     

    In einer der Nachuntersuchungen zeigte mein Aldosteron-Renin-Quotient einen ganz leicht zu hohen Wert an. Das habe nichts zu sagen, da die beiden Werte ansonsten im normalen Bereich wären. Ich dachte mir wenig dabei ... 8 Wochen nach der OP explodierte mein Blutdruck auf 180/110. Das ging gefühlt schnell und es war alles wieder da. Das Druckgefühl, die Schwellungen, das Wegknicken der Knie, das Zittern. Einfach alles.

    Ich setzte die Notfallmedikation wieder ein, weil mir mein Leben zu kostbar für Experimente in der Höhe war.

     

    Der Facharzt meinte, ich solle gefälligst die Medikation langsamer ausschleichen lassen, das wäre mein Fehler und vermutlich habe ich halt einfach eine Hypertonie. Ein Hyperaldosteronismus wäre das nicht, denn die Werte von Aldosteron und Renin seien in ihren normalen Bereichen. Gut, das Aldosteron am oberen, das Renin am unteren Rand ... das hieße aber nichts. Das Kalium war wieder niedrig normal.

     

    Die Monate darauf waren hart. Besonders eine Nacht mit extremen unkontrolliertem Zittern am ganzen Körper habe ich in Erinnerung. Ich fand erst drei Monate später eine Endokrinologin, die bestätigte, daß es sich weiterhin um einen Hyperaldosteronismus handelt und ich setze das Spironolacton wieder an.

     

    Die Höhe der Medikation gestaltete sich aber seit dem als schwierig. 25 sind zu wenig und 50 zuviel.

     

    Die Säbelzahntiger sind seit der OP nicht wieder aufgetaucht und ich vermute, daß sie durch die Nebenniere irgendwie getriggert wurden. 

    Das Druckgefühl ist nun weg. Der Blutdruck liegt mit 50 bei unter 110/70 ohne nennenswerte weitere Medikation außer Torasemid, um das Kalium nicht zu hoch steigen zu lassen.

     

    Einmal bin ich mangels Trinken und ggf. durch das Eigenleben der verbliebenen Nebenniere in eine Hyperkaliämie gestolpert und das ist NICHT LUSTIG! Paralysiert im Sessel hängen, in die Landschaft starren, merkwürdigen Herzrhythmus spürend, aschfahl grau im Gesicht. Ging dann glücklicherweise in den nächsten Tagen einfach so wieder weg.

     

    Das Torasemid wurde erhöht, damit das nicht wieder auftritt, was aber zu einem starken Unwohlsein führte, was ich nicht näher beschreiben kann, aber an die Symptome des Hyperaldosteronismus ohne Druckgefühl und Bluthochdruck erinnern.

     

    Also reduzierte ich das Torasemid wieder, erhöhte massiv die Flüssigkeitsaufnahme - ein Durstgefühl habe ich kaum, was mich aber über diverse Schwächeanfälle und massive Konzentrationsstörungen nicht rausbrachte.

     

    Letzter Kenntnisstand mit mir als Versuchskaninchen ist eine Nahrungsergänzung mit Vitamin D, Vitamin B12, Calcium, Magnesium, Selen, Mangan, Eisen, Zink, Kupfer, Chrom, Jod und Kalium. Kalium! Das ist gefährlich und meine Ärztin hält das für nicht angebracht. Nun ist aber die Blutabnahme für Kalium nicht einfach, weil die schnell durch zu langes Abdrücken und Faust ballen höher erscheint, als in Natur.

    Ich nehme von allem nur ein Viertel der Tagesdosis und beim Kalium nur etwas mehr als ein Zehntel.

     

    Seit dem sind meine schmerzenden Muskeln weg, ich kann wieder Treppen steigen ohne mich am Geländer festhalten zu müssen, totale Erschöpfung zu Erleiden. Ich kann wieder deutlich besser denken und mich konzentrieren. Nach vier bis fünf Stunden arbeiten oder anderes am Tag machen, bin ich allerdings einfach müde, ab und fertig und an Weiterarbeiten ist nicht wirklich zu denken.

     

    Mal schauen wohin das alles führt ...

     

    Quintessenz:

    • Der primäre Hyperaldostersonismus scheint massive Eingriffe in den Körper zu haben. Auch an Stellen, an denen man es nicht erwarten würde. Vitamin D z.B.
    • Ebenso hat er mit seinem Wirken vermutlich Einfluß auf die Psyche. Bei Depressiven ohne Hyperaldosteronismus ist das Aldosteron wohl oft erhöht.
    • Vitamin D, B12 und der Mineralienhaushalt sollte man beobachten.
    • Man wird am besten zum führenden Experten seiner eigenen Krankheit und sich selbst, denn ansonsten ist man reichlich verloren. Das Wissen um den primären Hyperaldosteronismus ist meist nicht vorhanden bis rudimentär und auch echte Experten rudern an vielen Stellen einfach rum, weil der Forschungsstand weit hinter dem Gesamtgeschehen zurückbleibt und vielleicht auch ob der Komplexität zurückbleiben muß.
    • Sei ein nerviger Patient und frage alles nach, was Du nicht verstehst.
    • Lies deine Arztbriefe - oft steht einfach Murks drin und der ist dann die Initialzündung für noch mehr Murks beim Empfänger.
    • Sollte Dir jemals jemand Spironolacton verschreiben wollen und Du Bluthochdruck haben - mach vor der ersten Einnahme die komplette Diagnostik auf Hyperaldosteronismus! Du sparst Dir einen Höllentrip.
    • Guter Startpunkt im Netz zum Thema Hyperaldosteronismus - allerdings nur in Englisch: https://www.primaryaldosteronism.org
    • Fummel NIEMALS OHNE Rücksprache mit deinem verständigen Arzt an deiner Medikation!
    • Reduzier deinen Salzkonsum auf 1500mg, also fast nichts. Das schafft man kaum, vergiss das Leben genießen weiterhin nicht.
    • Genieße jeden Tag den Du lebst. Genieße jede Stunde die Du lebst.

    Benutzer-Feedback

    Empfohlene Kommentare



    Lieber Peter,

    bei meiner Krankengeschichte gibt es sehr viele Parallelen zu Deiner, und so doof es klingt, es ist tröstlich zu wissen, dass man nicht ganz alleine ist. Die Leidensgeschichte bis zur Diagnose kann kaum einer nachvollziehen, insbesondere wenn die Ärzte reihenweise nur von „psychosomatisch“ reden. In meinem Fall verdanke ich dem primären Hyperaldosteronismus tatsächlich sogar mein Leben, hätten sich die Symptome der damals noch nicht diagnostizierten Krankheit nicht rapide verschlimmert und mein Hausarzt mich von Pontius zu Pilates geschickt, wäre eine weitaus schlimmere, innere Erkrankung nie entdeckt und buchstäblich in letzter Minute operiert worden. Eine lange Geschichte, die ich hier nicht öffentlich teilen möchte. Wenn Du möchtest, können wir aber gerne über unsere „gemeinsame“ Erkrankung in einen persönlichen Austausch gehen.

     

    Hier die Anteilnahme an dieser stillen Krankheit zu lesen ist schön! Wer immer das hier liest, denkt nur bitte daran, dass man eine solche Erkrankung nicht sehen kann. Schlimmer noch als die Symptome sind oftmals die Reaktionen im Umfeld. Sitzt jemand im Rollstuhl oder hat einen Blindenstock in der Hand, ist die Behinderung sichtbar. Eine Erkrankung wie die von Peter ist unsichtbar, teilweise aber sehr einschränkend. Meiner Erfahrung nach bekommt man viel Interesse, wenn man über die Erkrankung spricht. Kommt es aber zu Situationen, bei denen sie eine Rolle spielt, hört man trotzdem oft Dinge, die ziemlich verletzend sind. Ich hatte hier einiges mehr geschrieben, will aber gar nicht so viele persönliche Details preisgeben.
     

    Bei allem Gerede über Krankheiten ist es gut zu sehen, welch Wunder unser Körper täglich vollführt, sogar beeinträchtigt von Krankheiten. Egal wie viele Macken wir äußerlich haben, wie viele Kilos zuviel oder zu wenig auf den Rippen, ob mit krummer Nase oder kurzen Beinen: Unser Körper ist toll, er vollführt jeden Tag Großartiges! Sogar mit einem quasi „zweiten“ Geburtstag gibt es mit der Zeit wieder Tage, auf die man gerne verzichten könnte. Trotzdem schließe mich Peters Aussage an: „Genießt jeden Tag, jede Stunde Eures Lebens“. Und ergänze die Dankbarkeit darüber, dass ich diese Tage und Stunden erleben darf und mir hierfür die entsprechenden Medikamente zur Verfügung stehen. 

    Link zu diesem Kommentar
    Auf anderen Seiten teilen

    Am 31.8.2023 um 14:31 schrieb achchahai:

    Bei allem Gerede über Krankheiten ist es gut zu sehen, welch Wunder unser Körper täglich vollführt, sogar beeinträchtigt von Krankheiten. Egal wie viele Macken wir äußerlich haben, wie viele Kilos zuviel oder zu wenig auf den Rippen, ob mit krummer Nase oder kurzen Beinen: Unser Körper ist toll, er vollführt jeden Tag Großartiges! Sogar mit einem quasi „zweiten“ Geburtstag gibt es mit der Zeit wieder Tage, auf die man gerne verzichten könnte. Trotzdem schließe mich Peters Aussage an: „Genießt jeden Tag, jede Stunde Eures Lebens“. Und ergänze die Dankbarkeit darüber, dass ich diese Tage und Stunden erleben darf und mir hierfür die entsprechenden Medikamente zur Verfügung stehen. 

    Das hast Du sehr schön geschrieben. Danke dafür 🥰

    Link zu diesem Kommentar
    Auf anderen Seiten teilen




    Erstelle ein Benutzerkonto oder melde Dich an, um zu kommentieren

    Du musst ein Benutzerkonto haben, um einen Kommentar verfassen zu können

    Benutzerkonto erstellen

    Neues Benutzerkonto für unsere Community erstellen. Es ist einfach!

    Neues Benutzerkonto erstellen

    Anmelden

    Du hast bereits ein Benutzerkonto? Melde Dich hier an.

    Jetzt anmelden

×
×
  • Neu erstellen...