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    Hyperaldo - Leben mit primärem Hyperaldosteronismus - ein Erfahrungsbericht

    Das hat jetzt alles nichts mit Nähmaschinen und Hobbyschneidern zu tun, aber das ist das, wo ich vor allem die letzten Jahre war und aktuell bin. Ich hoffe es gibt Euch einen Einblick in mein Sein und hilft vielleicht dem ein oder anderen Leser, der selber oder als Angehöriger mit primärem Hyperaldosteronismus konfrontiert ist, denn man findet kaum irgendwo einen Erfahrungsbericht dazu, wie es sich tatsächlich damit lebt.

     

    Was ist ein primärer Hyperaldosteronismus:

    Wenn man jemandem erklärt, man habe einen primären Hyperaldosteronismus, dann ist die erste Reaktion bei allen - das schließt erstaunlich viele Mediziner ein - Hä? Einen was?

     

    Hyperaldosteronismus bezeichnet ein Übermaß an Aldosteron. "Hyper" kommt von dem griechischen „ὑπέρ“ und bedeutet soviel wie "über-mäßig". Aldosteron ist ein Steroidhormon, welches in der Nebenniere gebildet wird.

     

    Salopp ausgedrückt ist Aldosteron in einem Regelsystem entscheidend beteiligt, welches für den Salz- und Wasserhaushalt des Körpers zuständig und greift damit in erstaunlich viele Regulationen ein, die im menschlichen Körper stattfinden.

    Das Renin-Angiotensin-Aldosteron-System (RAAS), beinhaltet nicht nur dem Namen nach das Aldosteron und bringt noch weitere Spieler aufs Feld, aber wir wollen uns hier nicht verzetteln.

     

    Merken wir uns einfach, daß bei viel Aldosteron es zu wenig Renin kommt und durch viel Aldosteron Salz und Wasser in der Niere zurückgehalten wird, was zu einer Steigerung des Blutvolumens und damit des Blutdrucks führt, wobei viel Salz - Natrium - zu wenig Kalium führt. Aldosteron wirkt aber auch auf das Herz und zwar auf die Zellen des Herzmuskels. Dort sorgen sie für einen Umbau der zu einer Erweiterung, und Vergrößerung sorgt, aber auch zu "Vernarbungen" und Absterben von Zellen sorgen kann. Desweiteren wirkt es auf die Verdauung, die Schweiß- und die Speichelproduktion und vermutlich tausend andere Sachen, die über diese Regelmechanismen beeinflußt werden.

     

    Der Hyperaldosteronismus kann sekundär sein, dann ist er die Folge von z.B. Nierenerkrankungen, Lakritzabusus (mehr als 500g/Tag) oder auch Tumoren.

    Ist es ein primärer Hyperaldosteronismus, dann wird er nicht von seinem Regelsystem verursacht, sondern die Nebennierenrinde produziert einfach zuviel Aldosteron. Das liegt entweder an einer Fehlbildung, weil es einfach zuviel von dem Aldosteron produzierenden Gewebe gibt , einem Adenom, was auch nichts anderes, als ein gutartiger Tumor ist, oder aber einem Karzinom, einem bösartigen Tumor.

     

    In den meisten Fällen ist der primäre Hyperaldosteronimus eine Fehlbildung oder ein Adenom. Das kann dann noch einseitig oder beidseitig sein, denn man hat erfreulicherweise zwei Nebennieren.

     

    In der Diagnostik findet man klassischerweise viel Aldosteron und wenig Renin, wobei der Quotient der beiden einen gewissen Schwellenwert übersteigen sollte oder zumindest daran kratzt und dann ist da noch zu wenig Kalium, aber manchmal halt auch nicht. Man ahnt, es ist gar nicht so leicht einen primären Hyperaldosteronismus zu erkennen. Es gibt dann noch Bestätigungstests, deren Zuverlässigkeit ob großer Fehlerquoten diskutiert werden. 

     

    Je nach Schweregrad des Hyperaldosteronismus, ist er unbehandelt mit dem Leben auf Dauer nicht vereinbar.

     

    Die erfreuliche Nachricht ist: Man kann das im Prinzip sehr gut behandeln.

    Für eine Behandlung blockiert man kurzerhand die Rezeptoren für Aldosteron und hindert damit das frei flottierende Aldosteron daran, oben genannte Schäden und Probleme zu verursachen. Dummerweise gibt es nicht viele Medikamente dafür. Vor allem Spironolacton und Eplerenon, die allerdings eine lange Liste von Nebenwirkungen hat und so wird das ganze dann zum Spiel einer Klippenwanderung, um weder in die eine oder andere Richtung abzustürzen.

    Im Fall eines Adenoms oder Karzinoms, kann man die entsprechende Nebenniere entfernen, dafür muß man aber erst mal wissen, welche Seite das ist oder sein könnte. Das geht über eine Blutabnahme direkt an den Nebennieren, um dort die linke und die rechte Nebenniere in ihrer Produktion von Aldosteron zu vergleichen.

    Klingt einfach, ist es aber leider nicht, weil man dafür keine Aldosteron-antagonisten ("-gegenspieler") nutzen darf, was einen vor ernste Probleme stellt, da die Ersatzmedikation bei weitem nicht so gut wirkt und in der Dosierung kritischer ist.

    Dennoch geht es ohne normalerweise nicht. Eine Alternative zu der Blutabnahme ist ein PET Scan, was im Prinzip eine Art Computertomographie mit einem Kontrastmittel ist, welches einen Eindruck von der Aldosteronproduktion im Körper gibt. Damit kann man dann auch Tumore finden, die nicht in der Nebenniere sind. Allerdings ist das alles noch mehr oder minder im Forschungsstadium und die Herstellung des Kontrastmittels schwierig und teuer.

     

    Die Einführung war was länger als geplant. Ohne diese scheint mir das Leben mit primärem Hyperaldosteronismus aber schwer verständlich.

     

    Wie man mit einem primären Hyperaldosteronismus lebt:

    Die Kurzfassung: Schlecht lebt man damit.

     

    In meinem Fall, erinnere ich mich an meine frühe Jugend, in der ich anfing kurzatmig zu werden und ein Druckgefühl im Körper zu spüren. Meine Knie wurden irgendwie leicht dicker, als wären sie von einer nicht sonderlich dicken schwabbeligen Masse umhüllt. 

    Ich erinnere mich dazu später mal ein CT gemacht zu haben und man bestätigte Wassereinlagerungen im Gewebe, habe aber keine Ahnung, wo das herkäme. Schlimm wäre das aber nicht. War es auch nicht, nur taten halt die Knie etwas eher weh und ich fand es nicht schön.

     

    Das Druckgefühl blieb und es war auch in meiner Jugend zuweilen oft sehr schwer mich zu konzentrieren, wohingegen das zu anderen Zeiten sehr gut ging. Prüfungssituationen waren allerdings immer wieder extrem anstrengend, weil es schwierig war mich zu konzentrieren und alert zu sein. Ging aber alles irgendwie aus der damaligen Perspektive und erklärte sich mit Aufregung und Angst.

     

    Meine ganze Kindheit, Jugend und Leben hatte ich einen Heißhunger auf Lakritz!

     

    Ärzte mied ich, da mein Vater Arzt war und ich eigentlich nie krank war und auch Blutbilder dann keine Besonderheiten zeigten. Mein Herz schlug langsam und ruhig, was ich mir damit erkärte, daß ich viel Fahrrad fuhr. Kalium war im normalen unteren Bereich, Blutdruck eher um 120 - 130 / 80 - 90. Nicht besorgniserregend und ich war ja auch aufgeregt. Da mein Vater ein begeisterter Kardiologe war und ein sehr geübter Benutzer seiner Echokardiographie war, kann ich sagen, es ging meinem Herz super.

    Vermutlich haben nur Arztkinder den Vorteil alle Nase lang als Versuchskaninchen für neue Geräte zu dienen und damit diagnostisch in diesem einen Spektrum voll erfasst zu sein.

     

    Ich hatte in meiner Jugend merkwürdige Probleme mit massiven Schwindelattacken, deren Ursache bis heute ungeklärt ist. Mir wurde einfach innerhalb von Sekunden so schwindelig, daß sich alles um mich herum drehte. Selbst wenn ich lag und die Augen aufmachte, drehte sich er Raum. Gepaart war das mit rasenden kaum auszuhaltenden Kopfschmerzen. Dunkel, Liegen, Augen zu und Schlafen, waren die probaten Lösungen. Provozieren konnte man das nicht. Es waren gefühlt oft Stressituationen, in denen das auftrat. Das letzte mal war auf einer Autofahrt, die ich dann auf dem Standstreifen abbrechen mußte. Mein Beifahrer fuhr damals weiter. 

     

    Als ich 15 wurde, erkrankte mein Großvater und ich ging nun Morgens zum Gymnasium, nachmittags ins Nähmaschinengeschäft und machte Abends eine Pause, Nachts meine Hausaufgaben und schlief dann gegen 1 ein. Montags bis Samstags. Wir hatten damals Samstags noch nicht frei. Das summierte sich schnell auf eine 60 bis 80 Stunden Woche.

     

    Als mein Großvater nach meinem Abitur starb, übernahm ich den Laden und arbeitete so weiter. Allerdings brauchte ich immer wieder und zunehmend Pausen, die ich mir Dank Selbstständigkeit gut selber einrichten konnte. Sehr viel in kurzer Zeit arbeiten war eine Möglichkeit, um an anderen Stellen langsam tun zu können.

     

    Ich spielte begeistert vier bis fünfmal pro Woche Volleyball in lauter Spaßmanschaften und einer Leistungsklasse.

    Da war ich trotz Druckgefühls immer gut dabei und es tat mir gut. Allerdings kam ich eines Abends nach dem Sport erschöpft nach Hause und fiel in merkwürdiges unkontrollierbares Zittern und war zu nichts mehr in der Lage. Am nächsten Tag war es weg. Irgendwelche Ursachen ließen sich nicht finden. Das kam immer wieder mal und steigerte sich dann zweimal bis zu Zuständen, an denen ich gefühlt so angespannt war, daß selbst angesprochen werden, zu einem totalen Überlastungsgefühl sorgte. Das Zittern war da, der Herzschlag wurde unregelmäßig. Ich ließ mich mit dem Taxi in die Notaufnahme bringen und die waren sehr alert, fanden aber keine ungewöhnlichen Sachen, Kalium weiterhin niedrig normal. Infusionen angelegt und ich wurde entlassen.

     

    Bei der Geburt meines Sohnes erinnere ich mich daran, daß ich rasende Kopfschmerzen hatte, ein Druckgefühl im Körper als würde ich gleich platzen und es mir schwer fiel mich zu konzentrieren und klar zu denken. Erstgeburten fangen ja oft plötzlich an und ziehen sich dann bis tief in die Nacht.

     

    Mit 31 und meinem kleinen Kind im ersten Lebensjahr fuhr ich zu einer Geburtstagsfeier ins Sauerland. Ich erinnere mich an einen extremen Stress, Konzentrationsproblemen und dem Gefühl unter gewaltigem Druck zu stehen.

    Dort hatte der Gastgeber Probleme mit seinem Blutdruck und wir fanden es lustig alle mal unseren Blutdruck an seinem Meßgerät zu prüfen.

    150/100 - gut die Aufregung, wenig geschlafen u.s.w. waren meine Erklärungen dafür. Weiter abklären ließ ich es nicht und kümmerte mich nicht weiter drum.

     

    Dann nahmen meine Wassereinlagerungen zu. Die Knie waren geschwollen, was ich aus der Jugend kannte, aber nun wurden meine Knöchel und meine Füße dicker. Das störte mich weniger, saß aber eines Abends bei meinem Vater am Wohnzimmertisch und hatte wegen der Sommerhitze keine Strümpfe an. Der sah auf meine Knöchel. Drückte drauf und fragte mich, wie lange ich das schon hätte? Keine Ahnung, aber seit einiger Zeit ... am übernächsten Tag hatte ich Morgens einen Termin im Krankenhaus zum CT.

    War dann erfreulicherweise kein Tumor oder andere Auffälligkeiten zu finden.

     

    Weitere Untersuchungen brachten einen Blutdruck von nunmehr 160/110 zum Vorschein und weiterhin Kalium im unteren normalen Bereich. Belastungs-EKG zeigte leichte Extrasystolen. Also bekam ich Verapamil verschrieben und fuhr damit ganz brauchbar den Blutdruck gefühlt ein wenig runter.

    Das Druckgefühl stieg weiter, die Notwendigkeiten zu Auszeiten nahmen zu und mit meiner neuen Diagnose Hypertonie ohne besondere Ursache, sollte ich mich dran gewöhnen, Pausen machen und vor allem abnehmen. Ich war nicht wirklich dick, aber halt auch nicht mehr so dünn wie früher.

     

    Ich begann regelmäßiger Blutdruck zu messen, der pendelte sich bei 150/95 ein und stieg phasenweise massiv an, sank dann aber auch immer wieder. Das Druckgefühl blieb, Sport stellte ich ein, weil es mir zu anstrengend wurde.

     

    Bei einer der nächsten Untersuchungen stieg mein Blutdruck auf dem Belastungs-EKG über die Testmöglichkeiten des Gerätes. Ich hatte Blutergüsse am Arm von der Manschette und einen besorgten Vater, der beim Blick auf die Unregelmäßigkeiten im EKG und den Blutdruck die Untersuchung abbrach. Die Medikation erhöhte und mich mahnte dünner zu werden.

     

    Das Druckgefühl nahm zu und es kamen immer wieder wegknickende Knie, die mich auf alle viere auf den Boden fallen ließen dazu. Auch fielen mir immer wieder Dinge aus der Hand. Einfach so. Zuweilen konnte ich Gläser nicht einschütten, weil ich so stark in der Hand zitterte. Emotionaler Stress brachte mich oft an den Rand dieser Erlebnisse und drüber hinaus.

     

    Sylvester 2015/2016 hatte ich mir vermutlich eine Entzündung der Bauchspeicheldrüse eingehandelt. Ich habe mir im wahrsten Sinne die Seele ausgekotzt. Mein Blutdruck schoß trotz Medikation nach oben und lag bei 210/120 und zuweilen drüber. Er ging aber auch nicht mehr runter.

    Mein Vater war gestorben und ich rief einen befreundeten Arzt an, der meinte ich solle SOFORT in die Notaufnahme. Ganz so gefährlich kam es mir nicht vor. Schließlich war ich Profi darin mit Druck zu leben. Ich ging dann am nächsten Morgen zu ihm, das Kalium war deutlich zu niedrig. Er testete im Verlauf verschiedene Medikamente. Die wirkten allerdings nicht wirklich und so verschrieb er mir Spironolacton. Was ich nach dem Durchlesen der Neben- und Wechselwirkungen ablehnte. Daraufhin bestimmte er den Aldosteron-Renin-Quotienten und es war klar, ich hatte einen Hyperadolsteronismus und es führte kein Weg am Spironolacton vorbei.

     

    Das wirkte auch phantastisch. Mein Blutdruck plumpste auf 120/80 runter.

     

    Wie lebt es sich mit primärem Hyperaldosteronsimus und Spironolacton:

    Das war ein ganz neues Lebensgefühl. Der Druck war weg, dafür konnte ich nur noch vom Bett zum Sofa und Abends wieder zurück. Alle Kraft und Lebendigkeit war gefühlt einfach einer alles übermannenden Schwäche gewichen. Das brauchte mehr als ein halbes Jahr, bis ich wieder an Arbeiten denken konnte. 

    Männer können von Spironolacton eine weibliche Brust entwickeln und heiser werden. Heiser ging weg, die Veränderung der Brust war unerheblich, wenn auch zuweilen unangenehm. Eine Alternative gab es aber nicht.

    Mein Durstgefühl war oft nicht wahrnehmbar. Die zuweilen wegknickenden Knie und die schlechte emotionale Belastbarkeit blieben. Dazu kamen im Lauf der Zeit immer wieder Angstzustände und depressive Verstimmungen.

     

    Die Angstzustände waren aus rationaler Sicht unbegründet und ein eher unangenehmes Gefühl als klare deutliche Angst.

     

    Die depressiven Momente kamen plötzlich und unerwartet und fühlten sich an, wie eine tiefe dunkle Schwärze, die mich umfängt, hineinzieht, physisch spürbar ist und rational betrachtet völlig unbegründet. So wie die Angst oben.

    Glücklicherweise bin ich psychisch sehr sortiert und konnte diesem Sog widerstehen, in dem ich ihn verbalisierte und kurzfristig mit einem Freund dazu in Austausch kam.

     

    Dann stieg langsam aber sicher der Blutdruck und das Druckgefühl weiter an und kam wieder auf 140/90 und dann auf 160/100. Ich erhöhte die Dosis und er sank. Die Symptome des Hyperaldosteronismus nahmen wieder ab und die des Spironolacton dafür massiv zu. So sehr, daß ich wieder weitestgehend ausgeknockt war und keine Ahnung mehr hatte, wie ich in dem Zustand arbeiten sollte. Vom Bett zum Sofa zu schlapp, schwach, völlig erschöpft.

     

    Also reduzierte ich die Dosis wieder und lebte eine zeitlang mit den wieder stärker zunehmenden Symptomen des Hyperaldosteronismus. Das Druckgefühl stieg, der Blutdruck ebenso.

    Beeindruckend waren nun vor allem die Angstattacken: Von jetzt auf gleich von Säbelzahntigern umzingelt, bereit mich zu zerfleischen.

    Selbstverständlich waren die nicht da und es gab auch keinen Grund, was gerade in meinem Leben passiert war, daß ich solche Gefühle hätte begründen können.

    Zu guter letzt erinnere ich mich, neben meiner Frau gesessen zu haben, die etwas erzählte und ich bekam zwar die Worte mit und verstand auch jedes einzelne, nur den Sinn des Satzes verstand ich nicht mehr. 

     

    Das wurde glücklicherweise wieder besser, aber ich beschloß nun doch noch weitere Diagnostik zu suchen, um die Medikation besser einstellen zu können oder gar etwas operieren zu können.

     

    Es gibt erstaunlich wenige Kliniken, die sich auf die dazu benötigten Untersuchungen spezialisiert haben und dort wollte man natürlich erst mal einen anständigen Nachweis des Hyperaldosteronismus führen. Was ein Absetzen der Medikation bedeutete. Die 6 Wochen ohne Spironolacton und mit Ersatzmedikation aus Doxazosin und Dihydralazid waren abenteuerlich. Gefühlt explodierte ich. Mein Blutdruck trotz maximaler Medikation war nicht unter 160/100 zu kriegen. Meine Knöchel, Füße Beine und der ganze Rest schien anzuschwellen.

    Der Test war - wer hätte es gedacht - positiv mit einem erhöhten Aldosteron-Renin-Quotienten. Versuche durch einen Salzbelastungstest eine Bestätigung zu kriegen, gelangen nicht. Waren ob der Salzmenge, die man da konsumiert, aber gefühlte Höllentrips mit verstärkten Symptomen.

    Ich wurde trotz Zweifeln an einer Einseitigkeit des Hyperaldosteronismus zu einer Blutabnahme an den Nebennieren zugelassen und mit staunendem Ton wurde mir mitgeteilt, daß die rechte Nebenniere mit 13:1 gegenüber der linken in der Aldosteronproduktion führt. Allerdings sei die linke Nebenniere auch von der rechten unterdrückt und man wisse nicht genau, wie die nachher reagiert.

     

    Die OP verlief gut, die Medikation setzte ich komplett ab, der Blutdruck fiel auf 140/90.

    Ich war beeindruckt. Das Adenom in der rechten Nebenniere war im CT nicht erkennbar, weil fast die ganze Nebenniere das Adenom war.

     

    In einer der Nachuntersuchungen zeigte mein Aldosteron-Renin-Quotient einen ganz leicht zu hohen Wert an. Das habe nichts zu sagen, da die beiden Werte ansonsten im normalen Bereich wären. Ich dachte mir wenig dabei ... 8 Wochen nach der OP explodierte mein Blutdruck auf 180/110. Das ging gefühlt schnell und es war alles wieder da. Das Druckgefühl, die Schwellungen, das Wegknicken der Knie, das Zittern. Einfach alles.

    Ich setzte die Notfallmedikation wieder ein, weil mir mein Leben zu kostbar für Experimente in der Höhe war.

     

    Der Facharzt meinte, ich solle gefälligst die Medikation langsamer ausschleichen lassen, das wäre mein Fehler und vermutlich habe ich halt einfach eine Hypertonie. Ein Hyperaldosteronismus wäre das nicht, denn die Werte von Aldosteron und Renin seien in ihren normalen Bereichen. Gut, das Aldosteron am oberen, das Renin am unteren Rand ... das hieße aber nichts. Das Kalium war wieder niedrig normal.

     

    Die Monate darauf waren hart. Besonders eine Nacht mit extremen unkontrolliertem Zittern am ganzen Körper habe ich in Erinnerung. Ich fand erst drei Monate später eine Endokrinologin, die bestätigte, daß es sich weiterhin um einen Hyperaldosteronismus handelt und ich setze das Spironolacton wieder an.

     

    Die Höhe der Medikation gestaltete sich aber seit dem als schwierig. 25 sind zu wenig und 50 zuviel.

     

    Die Säbelzahntiger sind seit der OP nicht wieder aufgetaucht und ich vermute, daß sie durch die Nebenniere irgendwie getriggert wurden. 

    Das Druckgefühl ist nun weg. Der Blutdruck liegt mit 50 bei unter 110/70 ohne nennenswerte weitere Medikation außer Torasemid, um das Kalium nicht zu hoch steigen zu lassen.

     

    Einmal bin ich mangels Trinken und ggf. durch das Eigenleben der verbliebenen Nebenniere in eine Hyperkaliämie gestolpert und das ist NICHT LUSTIG! Paralysiert im Sessel hängen, in die Landschaft starren, merkwürdigen Herzrhythmus spürend, aschfahl grau im Gesicht. Ging dann glücklicherweise in den nächsten Tagen einfach so wieder weg.

     

    Das Torasemid wurde erhöht, damit das nicht wieder auftritt, was aber zu einem starken Unwohlsein führte, was ich nicht näher beschreiben kann, aber an die Symptome des Hyperaldosteronismus ohne Druckgefühl und Bluthochdruck erinnern.

     

    Also reduzierte ich das Torasemid wieder, erhöhte massiv die Flüssigkeitsaufnahme - ein Durstgefühl habe ich kaum, was mich aber über diverse Schwächeanfälle und massive Konzentrationsstörungen nicht rausbrachte.

     

    Letzter Kenntnisstand mit mir als Versuchskaninchen ist eine Nahrungsergänzung mit Vitamin D, Vitamin B12, Calcium, Magnesium, Selen, Mangan, Eisen, Zink, Kupfer, Chrom, Jod und Kalium. Kalium! Das ist gefährlich und meine Ärztin hält das für nicht angebracht. Nun ist aber die Blutabnahme für Kalium nicht einfach, weil die schnell durch zu langes Abdrücken und Faust ballen höher erscheint, als in Natur.

    Ich nehme von allem nur ein Viertel der Tagesdosis und beim Kalium nur etwas mehr als ein Zehntel.

     

    Seit dem sind meine schmerzenden Muskeln weg, ich kann wieder Treppen steigen ohne mich am Geländer festhalten zu müssen, totale Erschöpfung zu Erleiden. Ich kann wieder deutlich besser denken und mich konzentrieren. Nach vier bis fünf Stunden arbeiten oder anderes am Tag machen, bin ich allerdings einfach müde, ab und fertig und an Weiterarbeiten ist nicht wirklich zu denken.

     

    Mal schauen wohin das alles führt ...

     

    Quintessenz:

    • Der primäre Hyperaldostersonismus scheint massive Eingriffe in den Körper zu haben. Auch an Stellen, an denen man es nicht erwarten würde. Vitamin D z.B.
    • Ebenso hat er mit seinem Wirken vermutlich Einfluß auf die Psyche. Bei Depressiven ohne Hyperaldosteronismus ist das Aldosteron wohl oft erhöht.
    • Vitamin D, B12 und der Mineralienhaushalt sollte man beobachten.
    • Man wird am besten zum führenden Experten seiner eigenen Krankheit und sich selbst, denn ansonsten ist man reichlich verloren. Das Wissen um den primären Hyperaldosteronismus ist meist nicht vorhanden bis rudimentär und auch echte Experten rudern an vielen Stellen einfach rum, weil der Forschungsstand weit hinter dem Gesamtgeschehen zurückbleibt und vielleicht auch ob der Komplexität zurückbleiben muß.
    • Sei ein nerviger Patient und frage alles nach, was Du nicht verstehst.
    • Lies deine Arztbriefe - oft steht einfach Murks drin und der ist dann die Initialzündung für noch mehr Murks beim Empfänger.
    • Sollte Dir jemals jemand Spironolacton verschreiben wollen und Du Bluthochdruck haben - mach vor der ersten Einnahme die komplette Diagnostik auf Hyperaldosteronismus! Du sparst Dir einen Höllentrip.
    • Guter Startpunkt im Netz zum Thema Hyperaldosteronismus - allerdings nur in Englisch: https://www.primaryaldosteronism.org
    • Fummel NIEMALS OHNE Rücksprache mit deinem verständigen Arzt an deiner Medikation!
    • Reduzier deinen Salzkonsum auf 1500mg, also fast nichts. Das schafft man kaum, vergiss das Leben genießen weiterhin nicht.
    • Genieße jeden Tag den Du lebst. Genieße jede Stunde die Du lebst.

    Benutzer-Feedback

    Empfohlene Kommentare



    Das ist eine grauenhafte Odyssee! Es tut mir schrecklich leid, dass Du eine solch unerforschte und belastende Erkrankung hast. Hoffentlich findet sich noch ein Arzt, der sich mit der Behandlung besser auskennt und dir zu einem lebenswerten Leben verhilft! 

    Verlier bitte nicht den Mut! 

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    Ich schließe mich Lehrling an und bedanke mich ganz dolle, dass du dem allem zum Trotz für uns das Forum immer so aufrecht hälst! :hug:

     

    Ich hatte noch nie davon gehört, es klingt scheußlich unangenehm, um es noch sanft auszudrücken.

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    Oh weh,  ohne Worte:hug:

    Viel Kraft und Segen wünsche ich Dir! Und daß Du den Mut nicht verlierst... 

    Danke für Deine Offenheit und für Deinen Einsatz für das Forum!

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    Für die Offenheit möchte ich mich auch sehr bedanken und wünsche dir, dass das Ende der Fahnenstange für die Besserung der Lage noch nicht erreicht ist :hug:

     

    Man wird beim Lesen ganz kleinlaut mit seinen eigenen kleinen Unpässlichkeiten  :o

     

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    Auch von mir danke für deine Offenheit und dass du uns das anvertraust! Ich drücke dich ganz lieb aus der Ferne und sende dir meine besten Wünsche und ganz viel Kraft! 🤗

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    Bei deiner Quintessenz saß ich hier und konnte nur nicken.

    In Sachen Hashimoto ging es mir ähnlich, wobei ich 1993 noch nicht die Informationsmöglichkeiten hatte, die es heute gibt. 

     

    Mein Vertrauen in Ärzte hat auf jeden Fall sehr gelitten, weil ich wohl schon viel früher "erkrankt" bin, wegen diffuser Symptome bei mehreren Ärzten war und keiner was gefunden hat, obwohl ich angegeben habe, dass meine Mutter Probleme mit der Schilddrüse hatte und ich Privatpatientin bin und da ja angeblich so viel besser getestet werden kann - aber eben nur, wenn der Arzt will.

     

    Ich hoffe, dass Du deinen Weg für den Umgang mit deiner Krankheit gefunden hast, der dir ein langes, schönes Rest-Leben ermöglicht.

     

    Und vielen Dank, dass du uns, so nebenbei auch noch dieses Forum pflegst.

     

    Weiter alles Gute 

    Rita

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    Da bin ich mit meinem AGS (Adrenogenitales Syndrom) mit Salzverlust (Mineralverlust) noch gut bei weg gekommen.

    Bei mir ist die Nebennierenrinde, ebenfalls eine Hormondrüse, vollständig außer Betrieb. Dadurch habe ich auch Problem mit den Aldosteronwerten

    Ich kann ohne Behandlung soviel fressen wie ich will, und verhungere mit vollem Magen und soviel saufen so viel ich will und verdurste mit voller Blase.

    Diese hat wahrscheinlich auf alles Auswirkungen: Muskeln, Knochenbau, Herzrhythmus, Sehnen, Bänder etc.. Immerhin bin ich bei einer Endokrinologin (Hormondrüsen-Fachärztin) in der Uniklinik Göttingen gut aufgehoben.

    Es hat aber auch bald 30 Jahre gedauert, bis daß es kein Fragen mehr von fach fremden Ärzten kam. Allerdings wissen die in Göttingen auch nicht alles. Ich gehöre mit zu den ältesten Überlebenden dieses Gendefektes. Daher habe ich die Ärzte dort nach über 40 Jahren dazu gebracht, daß ich jetzt meine Tablettendosis und Einnahmezeit halbwegs selbst bestimmen kann. Meine Blutwerte sind zwar unter aller Sau, aber diese kratzt mich nicht. Ich fühle mich damit halbwegs wohl, habe abgenommen und fresse nicht mehr so viel. Ich esse nur noch.

    Diese Krankheit führte übrigens dazu, daß die Wissenschaft inzwischen davon ausgeht, daß das Geschlecht nicht durch die Gene sondern durch Hormone bestimmt wird.

    Babys mit zwei XX-Chromosomen und diesem Gendefekt, also eigendlich weiblich, haben männliche Geschlechtsorgane, da sie eine Ersatzhormondrüse für den Körper sind. Diese Organe sind aber Funktionslos.

     

    Alles Gute BmP

     

     

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    Ich schließe mich meinen Vorrednerinnen an und wünsche Dir vor allem die Kraft, Ausdauer, das Durchhaltevermögen und den Mut - sowie alles, was helfen kann - mit dieser Krankheit zu leben und sie im Zaum halten zu können.

     

    Und vielen Dank für dieses Forum und deinen Einsatz dafür.

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    Guten Morgen, 
    auch von mir ein Danke für diese Offenheit . Eine Anteilnahme in der virtuellen Welt ist nur damit möglich. 
    Das hilft vielleicht auch jemand anderem auf der Suche nach der Ursache vermeintlich unerklärlicher Symptome.
    Danke auch für dieses Forum, dessen Besuch für mich schon sehr lange ein täglicher Bestandteil ist. 

    Alles Gute für Dich !
     

    Herzliche Grüße ~ Dagmar

     

    Bearbeitet von darot
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    Hallo, 

    Ich sage auch Danke für deine Offenheit und dass du uns die Möglichkeit hier im Forum bietest zusammen zu sein. Alles Gute.

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    Alles Gute für Dich, Peter - das Du und der Hyperaldo zu sowas wie "friedlicher Koexistenz" mit mehr Vorteilen für Dich findet.

     

    Und Danke, das Du das Forum trotzdem am laufen hälst. Hast ja eigentlich genug um die Ohren.

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    Oh je, da hat Dich ja wirklich etwas sehr übles erwischt! Wenn es wenigstens nicht so selten wäre.

    Und ja, zum Experten der eignen Erkrankung zu werden, ist tatsächlich wichtig, die Erfahrung habe ich auch schon gemacht.

    Hast Du es mal mit einer Selbsthilfegruppe probiert?

    Ich wünsche Dir viel Gesundheit, und dass Du die Erkrankung einigermaßen in den Griff bekommst.

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    Lieber Peter, auch von mir großen Dank für deine Offenheit und alles Gute für dich. :hug:

     

    Die Wissenschaft macht viele und große Fortschritte; ich wünsche dir (und natürlich auch allen anderen Betroffenen), dass es bald etwas gibt, was wirklich gut hilft und die Lebensqualität dabei bedeutend verbessert.

     

    Und danke auch von mir, dass du trotz all dieser Schwierigkeiten sogar noch dieses Forum am Laufen hältst. :hug:

     

    Gottes Segen für dich!

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    Ich weiß gar nicht, was ich dazu sagen soll, und schließe mich deshalb dem an, was bisher schon gesagt wurde: Gottes Segen für Dein weiteres Leben und vielen Dank für Deinen unermüdlichen Einsatz!

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    Vielen Dank für den Einblick, den Du uns gewährst.

    Große Anerkennung dafür, wie Du mit dieser Erkrankung umgehst und nicht den Mut verlierst.

    Alles Gute für Dich.

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    Hallo peterle, ich habe etwas Zeit gebraucht deinen Post komplett zu lesen. Deine Offenheit und auch die ausführliche Schilderung ist bewundernswert. 

    Ich wünsche dir, dass du deinen Alltag so oft es möglich ist, gut und selbstständig in der Hand hast und so wenig wie es geht, in bedrohliche Phasen kommst. 
    Alles gute für dich und die Menschen die mit dir leben. 
     

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    Vielen Dank für Deine offenen Informationen. Von dieser Krankheit habe ich noch nie gehört und ich bin sehr erschüttert, was Du alles durchstehen musst.

    Umso höher schätze ich es, dass Du trotz allem dieses Forum weiter am Laufen hältst. Ganz herzlichen Dank dafür!

    Ich wünsche Dir, dass es noch weitere Besserung für Dich gibt. Viel Kraft und alles Gute für Dich!

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    Hallo Peter, nach sehr langer Zeit schau ich wieder mal hier vorbei und lese deine Geschichte. Das macht mich sehr nachdenklich, aber jetzt kann ich vieles besser nachvollziehen. Ich wünsche dir Kraft und Geduld um einen Weg zu finden um die schönen Seiten im Leben zu genießen. 

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    Vielen Dank für deine Offenheit und dass du dir die Mühe gemacht hast, das alles aufzuschreiben und zu posten, um damit noch anderen zu helfen.

    :hug: It`s tough.

    Einen RIESENDANK auch, dass du dieses Forum für uns Hobbyschneider die ganze Zeit betrieben hast und auch aktuell am Laufen hältst und dich drum kümmerst.

    Dein Bericht hat mich berührt. In letzter Zeit höre ich von so vielen Menschen, die bereits im mittleren Alter wegen Krankheiten / plötzlich auftauchenden gesundheitlichen Problemen aus dem Leben gerissen werden. Man kann für jeden Tag dankbar sein. Ich danke dir ganz herzlich für deinen Beitrag. Ich habe dich in meine Gebete eingeschlossen.🙏 Ich wünsche dir alles Gute. Gottes Segen Dir!

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    lieber Peter - wie gut, dass Du im Forum dazu schreibst ...Dir weiterhin alles Gute ....und vielen dak für Deine Mühe mit uns allen....liebe Grüße Peggy

     

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