
Fehlstiche - also Stiche, die sich nicht passend verbinden - sind eine ewige Freude, die einen beim Gebrauch einer Nähmaschine oder Overlock gerne mal überraschen. Die Ursachen können mannigfaltig sein. Hier betrachten wir die Nadelwahl und die Hintergründe aus Sicht eines Nähmaschinenmechanikers.
In einer unterhaltsamen Diskussion um die Fehlstiche auf dem Bild fanden wir heraus, daß auf der rechten Seite eine Menge Fehlstiche der Nadelfäden zu sehen sind. Diese werden vom Untergreifer nicht gefangen oder scheinbar auch angezupft.
Es handelt sich um eine Elna 664 Pro Overlock, die kürzlich überholt wurde.
Es wird ein Trojalock verwendet.
Die Nadeln sind Schmetz 705 Jersey 80.
So weit ist das erst einmal alls unverdächtig. Nur sind die Fehlstiche halt trotzdem da. Die Anwenderin Maria hat sich nicht lumpen lassen und die Nadeln kurzerhand gegen Organ 705 100 getauscht und ... Ta-Da - das Stichbild sieht aus wie auf der linken Seite.
Das ist soweit erst einmal sehr erfreulich, nur verwundert es mich, daß es einen derartig frappanten Unterschied gibt.
Die Elna 664 Pro Overlock verwendet normalerweise eine HAx1SP 90.
Interessanterweise steht das nicht in der Bedienungsanleitung der Elna 664 Pro, aber halt in der Maschine eingeklebt:
Das besondere an der HAx1SP ist ihr besonderer Schliff. Sie hat einen Kolben, der hart an der Grenze der Toleranz liegt, was sie weiter hinten und dichter am Greifer stehen läßt. Sie hat einen etwas anderen Höcker - das ist die Ausformung der Oberseite des Öhres - der die Schlingenbildung beeinflußt und eine etwas größere Schlinge macht. Die Spitze ist eine Mischspitze, die statt der normalen Rundspitze eine minimale Kugelform aufweist und sie damit zu einer Art Super-Allround-Nadel macht, die man auch als Standardnadel für alles oft gut brauchen kann.
Was heißt das jetzt für unseren Fall hier:
Die Chancen stehen gut, daß die Schmetz 705 Jersey 80 etwas weiter vom Greifer wegsteht und auch aufgrund des Höckers der Standardnadel nun die Schlinge irgendwohin kippt, was dann zu dem Fehlstichen führt.
Eine Organ 705 100 bietet dem Faden deutlich mehr Platz, so daß das Wegkippen vielleicht nicht passiert und es damit dann einwandfrei näht.
Der Haken an der Sache ist, daß es dafür keine Garantie gibt, denn beide verwendeten Nadeltypen stehen konstruktionsbedingt nicht an der für die Maschine korrekten Position und sind zu weit vorne. Am Untergreifer gibt es eine Nadelführung und einen Nadelschutz für den Greifer, der die Nadel nicht hinter den Greifer wandern läßt, aber auch einen vor der Nadel, der die Nadel nicht zu weit vom Greifer wegkommen läßt, wie wir hier sehen:
Jetzt stehen also in unserem Fall die Chancen gut, daß wir mit der 705 Jersey 80er Nadel zu weit weg vom Greifer sind und die vordere Führung diese nicht nahe genug an den Greifer bringt. Wobei die 705 100er Nadel 0,2mm dicker ist. Das sind in dem Fall gigantische Mengen und die vordere Führung drückt diese damit sicher gegen den Greifer, womit die Fehlstiche verschwinden.
Der ultimative Test wäre jetzt eine HAx1SP zu nehmen und zu schauen, was damit passiert. Gibt es Fehlstiche lohnt der Weg in die Werkstatt wahrscheinlich. Gibt es keine, lag es tatsächlich nur an den normalen 705 Nadeln und deren systembedingte Fehlstellung in der Maschine.
Man erkennt übrigens an dem Bild oben sehr gut, warum man nicht beliebig dicke Nadeln in Overlockmaschinen packen sollte, denn der Raum ist systembedingt erst einmal begrenzt und man kann die Maschine damit wirklich schwer beschädigen, wenn man Pech hat. Bei einer 100er ist das aber eher nicht zu befürchten.
Mein Dank für Bild und Thema geht an Maria Ehelebe - Sternschnuppe bei Instagram.
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