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Teppich Rosengång (Ein Klick auf die Bilder zeigt eine größere Version.) Bild: nowak Bei meinem letzten Besuch in Paris war das Wetter nur mäßig hübsch. Und grauer Himmel mit Regen sind doch perfekt, die eine oder andere Ausstellung zu besichtigen. Wenn die ein textiles Thema hat müssen zwar gewisse Widerstände des Reisebegleiters überwunden werden ("Die ist bestimmt nur ganz klein und dauert nicht lange. Sie ist gleich um die Ecke. Die Ausstellung ist in einem denkmalgeschützten Gebäude, das wir auch noch nicht besichtigt haben. Die haben dort auch ein Café, das nett sein soll. Sie ist gratis."), aber mein Interesse ist gleich noch einige Stufen höher. Vorgestellt im Institut Suédois wird das Projekt "ReRagRug" der beiden schwedischen Designerinnen Katarina Brieditis und Katarina Evans. Teppich Kasuri Bild: nowak Der Name ist kompakt und fasst das Projekt wunderbar zusammen. Die Aufgabe die sich die beiden Katarinas 2012 stellten war: Jeden Monat ein Teppich (=Rug) in einer anderen Technik und das alles aus "Rags", also "Lumpen". In diesem Fall kamen die Textilabfälle zu großen Teilen direkt aus der Industrie, teilweise aber auch aus der Altkleiderverwertung. Wiederverwertung ist ja in aller Munde (oder in dem Fall Hände), wie man auch quer durch die DIY Blogs sehen kann. Und alte Textilien wieder zu verwerten ist auf alle Fälle ein sinnvolles Ziel. (Das Ergebnis ist jedoch oft, ohne jemandem zu nahe treten zu wollen, in vielen Projekten vor allem vom sichtbar guten Willen zum Recycling geprägt. ) In der Ausstellung sieht man sofort sehr deutlich, daß die Designs von echte Profis entwickelt wurden, denn die Teppiche sind definitiv gelungenes Design, Dinge, die man wirklich haben möchte und bei denen es einem schlichtweg egal ist, ob das Ausgangsprodukt Altkleider waren oder nicht. Auch wenn der Flickenteppich ("trasmatta") in Schweden eine lange Tradition hat. Da allerdings (wie wir das ja auch kennen) als echte Resteverwertung, bei der eher schmutzschützende Bodenbeläge für Diele und Küche im Vordergrund stehen und deren "Design" sich schlichtweg nach den vorhandenen Altkleidern richtet. Doch Evans und Brieditis gehen noch einen Schritt weiter. Alle Teppiche sollen ohne Maschinen hergestellt werden, so daß sie im Prinzip überall mit einfachen Mitteln produziert werden können. Auch und besonders direkt dort, wo die Textilabfälle anfallen, etwa in Indien und anderen Ländern Asiens. So daß die Teppiche auch dort vor Ort von Frauen Zuhause hergestellt werden und eine Einnahmequelle für Familien bilden können. Die Ausstellung beweist, daß die Designerinnen ihre selbst gestellte Aufgabe mit Bravour gemeistert haben. Es gibt 12 wunderschöne Teppiche, und es macht richtig Spaß, bei jedem einzelnen die Technik zu ergründen. Am schwierigsten fiel mir das noch bei den geflochtenen Streifen, die zu Teppichen vernäht werden, aber es wurden auch Stoffstreifen verwoben, es wurde genäht, gehäkelt, gestrickt, gestickt,... Und alles ergeben einfach großartige Teppiche. Einer meiner Lieblingsteppiche ist Rosengång. Die weichen, flauschigen Wellen laden dazu ein, barfuß darüber zu laufen. (Was man leider nicht darf. Anschauen und anfassen darf man, drüber laufen jedoch nicht.) Ich bin schon versucht, einen Kleidercontainer zu überfallen und mir so was selber zu nähen. Ganz so schön würde es sicher nicht, aber ich stelle es mir sehr angenehm vor, im Winter die Füße aus dem Bett zu schwingen und darauf zu landen... Teppich Archipelago Bild: nowak Gerätselt, was das wohl für ein Material ist, habe ich bei Nomad. (Es sind Webkanten...) Die Designerinnen haben auch lange gerätselt, nämlich wie sie das wohl verarbeiten könnten. Daher ist es auch der elfte Teppich, elf Monate nachdenken... Das Ergebnis sieht aber beeindruckend aus. Die verwendeten Materialien sind wirklich breit gefächert, von T-Shirts über Anzugstoffe, Pullover, bunte dünne Stoffe, Webkanten,... bei einigen Materialien, besonders den eher dickeren, kann man sich ja relativ einfach vorstellen, wie daraus ein Teppich werden kann. Aber die vielfältigen Techniken ermöglichen es den Künstlerinnen, auch feinere Stoffe zu Teppichen zu verarbeiten. Und wenn man einfach viele Lagen aufeinander näht. Teppich Nomad Bild: nowak (Und wer hätte gedacht, daß man mit Jersey auch sticken kann? Und das so dick, daß ein Teppich draus wird? Archipelago ist der Beweis. Da stand ich auch etwas länger davor, bis mir klar war, wie das gemacht wurde....) Was die verwendeten Techniken betrifft haben sich die beiden Katharinas weltweit umgesehen. Vintergartan läßt sich von Shibori-Technik inspirieren. Daß die gefalteten Stoffstücke zum Färben mit Klemmen zusammen gehalten wurden finde ich ja ziemlich genial. (Eigentlich sollte ich von Hexagons ja nach meiner Häkeldecke die Schnauze erst mal voll haben, aber ich bekomme da schon wieder Lust... ) Genauso weitgefächert ist die Inspiration für die Designs, Re Orient erinnert sofort an einen Kelim im Muster und generell an den Orient in seiner Farbigkeit. Pepita auf der anderen Seite hat eindeutig schwedische Wurzen, sowohl in der zurückhaltenden Farbgebung als auch in der simplen Webart. (Ohne Webstuhl, bei breiten Stoffstreifen geht das auch ohne, da ist mehr liebevolles verflechten gefragt.) Ganz modern, auch in seiner Bedeutungsvielfalt, ist Off Pist. Gestrickter T-Shirt Stoff wird zu großen Strickmaschen. Die aber gestickt sind, damit sie die Stabilität eines Teppichs bekommen. Gestrick ist für einen Teppich ja eher zu weich und formlos, aber mit Squeeze haben es die Künstlerinnen trotzdem versucht. Der Nutzwert als Teppich ist vielleicht nicht so groß, aber als Sofadecke...? Ein weiteres Ziel der Designerinnen war ja, Stücke zu entwerfen, die über das Einzelstück hinaus gehen. Und das ist ihnen auch gelungen. So wird "Kasuri" sowohl im Original der Schöpferinnen gezeigt, als auch in Varianten, die von Frauen in Indien geflochten wurden. Diese Teppiche kann man auch kaufen. (Nicht in der Ausstellung, aber bei den Designerinnen.) Teile des Häkelteppichs ReOrient wurden hingegen in Stockholm gefertigt und von den Designerinnen zu einem großen Teppich zusammengefügt. Auch wurden schon einige Einzelstücke an Anlehnung an die Originale in Auftrag gegeben und ausgeführt. Natürlich nicht identisch, denn es wurden ja wieder Altkleider verwendet. Das Konzept hat also offensichtlich auch echtes wirtschaftliches Potential. Was ich sehr erfreulich finde. Teppich Vintergatan Bild: nowak Gut gefallen hat mir die Präsentation. Die Teppiche sind über mehrere Räume und das Treppenhaus verteilt. Teils auf dem Boden, teils an den Wänden. Man kann ungestört hin und es ist gut ausgeleuchtet, so daß man sowohl die Details aus der Nähe als auch die Gesamtwirkung mit Abstand in Ruhe studieren. Ein Teil der Werke ist dann auf der anderen Seite des Hofs in einem eigenen Raum. Abgesehen davon ist das Gebäude selber auch den einen oder anderen Blick wert. So viele erhaltene und restaurierte Gebäude dieser Art gibt es im Marais nicht mehr. (Besonders die Decke im zweiten Stock...) Informationen über das Projekt und die einzelnen Teppiche kann man sich praktisch von einem DinA4 Block abreißen. Allerdings nur auf Französisch. Dafür ist das Interview mit den Künstlerinnen englisch untertitelt. Die kostenlosen Führungen sind die Zeit ebenfalls wert. (Auch diese natürlich auf Französisch.) Und wer den Entstehungsprozess der einzelnen Teppiche und die aktuelle Entwicklung des Projekts verfolgen möchte, kann das im ReRagRug Blog tun. Auf schwedisch und glücklicherweise auch auf englisch. Sicher lohnt sich der Blick auch für alle, die es in diesem Frühjahr nicht nach Paris schaffen. Denn ich bin recht zuversichtlich, daß es an anderen Orten auch noch Ausstellungen der Teppiche geben wird... Die Ausstellung läuft noch bis zum 10.April 2016 im Institut Suedois in der Rue Payenne 11, 75003 Paris, Frankreich. Nähere Informationen gibt es auf der Webseite.
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