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Die "böse" Industrie


Darcy

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Hallo Ihrs!

Da hier so ab und an bei mir der Eindruck ensteht, die industrielle Fertigung von Kleidung ist pfuibah, wollte ich mal einen kleinen Aufklärungskurs starten! :D

Ich komme ja aus der bösen Industrie und habe in einem Betrieb gearbeitet, der u.a. für Karstadt, Quelle und Kaufhof im DOB Bereich produzierte.

1. Schnitte fallen nicht vom Himmel:

Es gibt in den Betrieben meistens zwei Abteilunge -> Design und Schnitt. Im Design sitzen die Damen und Herren Designer und überlegen, was sie ihrer Kundschaft anziehen können. Sie wälzen Stoffe, schauen sich die Modelle der Topdesigner an und versuchen dann, das Ganze in eine Kollektion zu packen.

Ihre Assistenten stellen dann die Infos zusammen und dann gehts weiter in die Schnittabteilung, wo ein Schwung PCs und die Damen und Herren Schnittmacher warten.

Gearbeitet wird mit einem CAD Programm wie z.B. Grafis. Die meisten Firmen haben ein Sortiment an Grundschnitten, die variiert werden können. Die werden aber auch von Zeit zu Zeit überarbeitet, da sich ja doch mal wieder was ändert oder korrigiert werden muß. Aus diesem Grundschnitt werden dann die Schnitte erstellt. Man muß also alles mögliche ergänzen, ändern und konstruieren, bis so ein Schnitt mal steht. Zu diesem Schnitt gehören dann nicht nur die Teile für den Oberstoff, sondern auch noch das Futter und die Einlage, alles hat seinen separaten Schnitt.

Dazu soll es bitte auch noch in allen Größen da sein, also wird gradiert. Die Parameter sind eingegeben, müssen aber überprüft werden. Zwischendurch wird der Schnitt in Standardgröße schon mal ausgedruckt und genäht, damit man auch mal sehen kann, wie er in Stoff aussieht. Ist daran etwas, was dem Designer oder Schnittmacher nicht zusagt, geht die Arbeit weiter....

Es ist erstaunlich zeitaufwändig, einen industriellen Schnitt zu erstellen. Da man ja nicht einfach wie die "Hobbyschneiderin" ein Teil noch mal nachschneiden kann, muß wirklich alles da sein, bis zum Schnitt-Teil für den Einlagestreifen auf der Paspeltasche.

2. Die Industrie hudelt

Ich saß im Studium im Nählabor ( es heißt wirklich so :D) und habe mich dort durch mehrere Stunden Vorführung im Industrienähen gequält. Es ist ein Gerücht, dass es schnell-schnell geht.... außer man ist Akkordnäherin, die so professionell ihre Naht nähen kann, dass sie nicht mehr nachdenken muß. Wenn ihr nur Paspeltaschen näht ( wobei es dafür faszinierende Automaten gibt), dann werdet ihr die auch in ein paar Minuten perfekt hinkriegen.

Es wird einfach rationeller gearbeitet, dass muß nicht unbedingt schlampig sein. Einiges ist automatisiert, weil es immer das Gleiche ist. Dann sieht natürlich jedes Paspeltasche aus wie die Andere. Oder die Jeanstasche sitzt immer an der gleichen Stelle mit der gleichen Stickerei.

Und es wird immer wieder zwischendurch ausgebügelt, denn auch da ist "gut gebügelt=halb genäht". ;)

Am Ende steht das Endbügeln, damit das Teil anständig aussieht. Und zu guter Letzt gibt es eine "Qualitätssicherung", die stichprobenartig Teile prüft. Je mehr produziert wird, desto mehr wird geprüft.

Wird da gesehen, dass eine Serie viele Fehler hat, wird beim Hersteller gemault, um Nachbesserung gebeten oder zu einem Betrieb gegangen, der Nachbesserungen professionell macht.

Ich finde es ziemlich albern, das Handwerk mit der Industrie zu vergleichen, auch wenn sie das Gleiche herstellen. Mal ehrlich, bei einem Auto würde das auch niemand machen, oder?

Grüße,

Darcy

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Hallo Darcy!

Vielen Dank für den Einblick in die "Nähindustrie" !

Sicherlich gibt es in dieser Branche auch viele Qualitätsunterschiede,aber ich habe noch die darüber geschimpft und kleide mich immer noch gerne z.B.bei H&M ein :rolleyes:

 

Aber interessant zu wissen ,was alles vorher geplant und getan werden muß,bis ein fertiges Kleidungsstück entsteht !

 

Liebe Grüße

Melanie

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Hallo Darcy,

danke für Deinen 'Erlebnisbericht' - das war echt spannend zu lesen! Unsereins hat ja gar nicht solche Einblicke - da ist es wirklich interessant, mal an 'Insider-Wissen' zu kommen ...

Liebe Grüße, Lena :o

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Darcy, was Du da beschreibst, kenne ich auch zur genüge. Hab ja als Industrie-DOB-Schneiderin gelernt. Bei mir war es eine Umschulungslehre, von der Verkäuferin zur Schneiderin. Zur selben Zeit wie ich hat Martina, meine große auch eine Schneiderlehre gemacht, aber im Handwerk. Was meinste was es bei uns als geknallt hat, weil jede von der anderen meinte sie mache es falsch. Es ist ein himmelweiter Unterschied zwischen Handwerk und Industrie.

Ich hatte das Glück, das nach meiner Lehre als Schneiderin noch ein Schnittkonstruktionslehrgang anschließend angeboten wurde. Da habe ich sehr viel gelernt, denn normalerweise wird das in der *normalen* Industrieausbildung nicht angeboten.

Genausowenig wie heute noch zur Schneiderin in der Industrie ausgebildet wird. Es gibt meines Wissens nur noch eine Ausbildung bis zum Fertiger, denn mehr wird da nicht gebraucht.

 

LG Inge

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Hallo Darcy,

 

super interessant und spannend zu lesen. Dein Bericht hat schon etwas von der Sendung mit der Maus. ;) Die habe ich auch immer gerne gesehen. Habe auch immer gedacht in der Industrie geht alles husch-husch. Steckt doch ne Menge Arbeit dahinter. :freak:

 

Klasse dein Bericht.

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Hallo Darcy, :super:

 

ersteinmal Danke für diesen Bericht.

Es stimmt wirklich in der Industrie wird nicht "nur gehuddelt", zumindest nicht in den Hochlohnländern, die können sich das nämlich nicht leisten, da die höheren Endpreise nur mit Qualität zu kompensieren sind. :rolleyes:

Vor Jahren (ca. 23 Jahren :cool: ) habe ich mir den Wahnsinn angetan und mich einfach in einer Bekleidungsnäherei beworben, o.k. ich bin gerlernte EH-Kauffrau für DOB und HAKA, hat also nicht wirklich etwas mit der Herstellung von Textilien zu tun, eher mit dem Vertrieb ;) .

Nunja, meine damaligen persönlichen Umstände brachten mich auf die Idee, ich habe dort viel gelernt es war eine Knochenarbeit, das Qualitätsniveau war wirklich extrem hoch. Es wurde für namhafte Designer produziert alsauch für größere Kaufhausketten. :cool:

Was die Fertigung betraf so war dies auf einem Niveau welches wirklich nicht mit H&M oder ähnlichen "Discountern" zu vergleichen ist.

 

Gute qualitative Konfektion hat auch heute ihren Preis, welcher meiner Meinung nach gerechtfertigt ist, das heißt jetzt nicht das alle Größen bzw. Größenprobleme angesprochen werden.

 

Hierfür gibt es dann halt wiederum die Maßkonfektion bzw. bei passendem Portomonai die Maßschneiderei.

Oder man versucht sich selbst in der Materie und näht für sich selber, hierbei ist doch, wenn man ehrlich ist die größte Schwierigkeit die Schnitterstellung bzw. die passgenaue Schnittanpassung. :rolleyes: :cool:

 

Persönlich finde ich, kann ich einen Mercedes, BMW oder sonstige Marke auch nicht mit einem Lada vergleichen, was hier schonmal gerne geschieht.

 

Selberschneidern ist mein Hobby, wenn ich sparen möchte gehe ich zu H&M oder suche in den gängigen Kaufhausketten nach Schnäppchen, bzw. in Fachgeschäften nach Preisnachlässen bzw. Schlußverkäufen. :rolleyes:

 

LG

Stecki :)

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Gast cinderella

Hallo Darcy,

vielen Dank für diese Eindrücke, ist spannend mal davon zu lesen.

 

Passend dazu gab es gestern in "Welt der Wunder" ein Filmchen über das Jeanshosen herstellen in Ungarn.

 

Ich sag Euch Mega Aufwand so ne Buxe, jetzt weiß ich warum die Dinger so viel Kohle kosten.

 

War nix mit eben mal zusammengeschustert, sondern so wie Darcy beschrieben hat - und dann noch das Bleichen - grandios und sehr spannend

was wir so täglich anziehen.

 

Schönen Sonntag

lg

cinderella

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Dein Bericht hat schon etwas von der Sendung mit der Maus. ;)

 

Klasse dein Bericht.

 

 

das wäre dann hier die sendung mit der elfe!

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