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Kleine Sticheleien...


Technikus

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Sorry, wenn's hier nicht als passend empfunden wird, dann bitte verschieben (aber der Anfang könnte vielleicht als "Kaufberatung" für gutes Garn und gute Nadeln durchgehen :D, die eventuelle Fortführung als "Kaufberatung" für Gebrauchtmaschinen?)

 

Wenn es garnicht passt, weil schon allen diese Gedanken oder Beobachtungen Allgemeingut sind oder es woanders schon steht, dann eben ganz löschen. Es ist nur ein Versuch ins Blaue, Nähmaschinen mal etwas anders unter die Lupe zu nehmen!

____________________

 

"Fadenziehen" oder "Warum der Oberfaden es so schwer hat."

 

Zu Anfang der Sticheleien ein kleiner Versuch.

 

Material:

 

- Eine normale Nähmaschine (also keine Overlock etc.), die sich von Hand drehen lässt und deren Greifer man beim Nähen beobachten kann (bei einem einzeln von Hand "gedrehten" Stich).

- Weißes Garn

- Etwas beliebigen, normal dicken und festen Stoff

- Eine passende Nadel

- Ein Filzstift oder ähnlich zur Markierung des Fadens

 

Vorbereitung:

 

Fädelt Eure Maschine mit dem weißem Garn ein, stellt sie auf 2 mm Stichlänge im Geradstich - das scheint mir ein noch praxisnahes Minimum der Stichlänge und damit des Garnverbrauchs pro Stich zu sein. Sorgt dafür, dass die Fadenspannung halbwegs passt. Näht ein paar Stiche.

 

Dann dreht Eure Maschine immer noch mit Stoff unter der Nadel so weit von Hand, dass der Oberfaden vom Greifer gerade halb herum gezogen wurde, also am unteren (ggf. vorderen) Punkt angekommen ist, die ursprünglich kleine Schlaufe an der zurückgehenden Nadel also maximal aufgeweitet wurde. Nun malt mit einem dunklen Filzstift eine deutliche Markierung auf den Faden unmittelbar über dem Öhr und beobachtet, was beim Weiterdrehen passiert: Der Faden wird vom Fadenhebel sehr weit zurückgezogen. Macht genau dann wieder eine Markierung am Öhr, nehmt den Faden heraus und messt ungefähr den Abstand beider Markierungen.

 

Ich nehme an, Ihr kommt auf um die100 mm. Teilt das durch 2 mm und merkt Euch das Ergebnis (geschätzt also 50). Nun der zweite Schritt: Wieder ordentlich einfädeln, ein paar Stiche nähen, erneut, wie gehabt, am Öhr markieren, wenn der Faden gerade halb um den Greifer herum ist. Versucht dann, mitzählend so langsam wie möglich zu nähen - Geradstich 2 mm - und beobachtet die Fadenmarkierung. Ich schlage vor, so alle 10 Stiche. Ihr dürftet auf etwa 45 Stiche kommen, bis die Markierung nicht mehr weit durch das Nadelöhr emporgezogen wird (im Moment, wo der Fadenhebel die Schlinge festgezogen hat, also ganz oben steht). Dann kurbelt Ihr wieder von Hand, bis die Markierung gerade noch durchs Nadelöhr kommt. Ich schätze, dann seid Ihr bei 50...

 

Beim Drehen von Hand werdet Ihr sehen, dass vorm und beim Einstich die ersten Millimeter des Fadens jeweils gar nicht so kräftig durchgezogen werden, die Nadel eher am wieder schlaffen Faden hinabgleitet und der quasi locker-freiwillig durch das Nadelöhr flutscht. Kurz nach der Bewegungsumkehr zieht aber der Greifer den Faden weiter und dann zupft der Fadenhebel ihn wieder hoch - je nach Stoff mit einem schabenden Geräusch verbunden. Eine weitere Belastung kann auf der Strecke vorliegen, auf der die Fadenspannung wirkt, durch die quasi die Stichlänge plus Verschlingungsweg (im Stoff) nachgezerrt wird, bevor der Fadenhebel oben angekommen ist.

 

Was Wunder, werdet Ihr sagen, wir kennen die Stichbildung, können rechnen und haben auch von Geometrie nicht alles vergessen... Aber was soll diese ungefähre 50 nun für eine dolle Bedeutung haben? Tja, jeder Teil des Oberfadens ab der Markierung bis zum Ende der Naht wurde 100 mal (50 mal in jede Richtung) durch das Nadelöhr gezogen. Und nicht nur durch das Nadelöhr, vorstellbar die strapaziöseste Stelle, sondern auch durch alle Fadenführungen darüber, nach der Fadenspannung und ihrer Anzugfeder. Und durch den Stoff. Und an der Nadel nicht nur durchs Öhr, sondern auch durch die lange Rille vorne und die kurze Rille hinten, da allerdings nur zeit- bzw. streckenweise.

 

Und was sollte der Versuch nun verdeutlichen? Naja, ich denke, so wird jedem ganz praktisch klar, warum es so sehr auf die Nadel- und Garnqualität und die Art des Stoffes ankommt und darauf, dass das alles zueinander passt. Selbst, wenn wir grob schätzen, dass nur ein Teil dieser ca. 50 + 50 Durchläufe wirklich kräftig gezogen wird. Und dass das alles einer möglichst feinen Abstimmung bedarf, man z. B. auch abwägen muss, ob man bei schnell sich wieder schließendem Nähgut eine dickere Nadel nimmt, als normal zum Faden, auch wenn das andererseits womöglich die Mechanik mehr belastet. Oder alternativ die Oberspannung erhöht, was den Faden stärker strapazieren dürfte.

 

Vielleicht gibt das auch Experimenten mit ungewöhnlichen Materialien gleich eine speditivere Richtung oder erklärt z. B., warum besonders "komische" Zierfäden besser als Unterfaden vernäht werden und noch besser aus einer separaten Spulenkapsel für solche Versuche (wegen der vermutlich verschiedenen Einstellung). Es hat ja nicht jede® eine Maschine, für die es dazu Sonderzubehör mit Anleitung gibt.

____________________

 

Auf weitere Stichelei-Petitessen würde ich (oder Ihr?) noch eingehen, wenn Interesse besteht und ich hier nicht just versuche, etwas zu "verkaufen", das Ihr doch schon alle kennt. Ich fände es gut, wenn so möglichst viele der kleineren Empfindlichkeiten von Nähmaschinen mal an einem Ort zusammenkämen.

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Ich habe das jetzt tatsächlich mal verschoben... denn die "Allgemeine Kaufberatung" ist eine Unterkategorie des Bereichs (Näh)Maschinen und eine Kaufberatung zur Nähmaschine ist jetzt hier ganz offensichtlich nicht gefragt. :o

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Ach, das ist interessant! Dass der Faden so belastet wird, hatte ich mir nicht vorgestellt. Obwohl ich ja auch schonmal ein oder zwei Fäden mit der Hand gequiltet hab (falls man es überhaupt so nennen kann), und gesehen habe, wie der Baumwollfaden da belastet wird. Ist natürlich was anderes.

Es erklärt auch, warum meine Näma innendrin so schnell staubig wird.

Ich finde sowas spannend. Und du hast es so gut beschrieben, dass ich es mir vorstellen konnte, ohne es auszuprobieren.

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Federleicht oder Schlappe Spannung

 

Die nächste Stichelei gegen (oder für?) die Nähmaschine betrifft diese kleine, schwache Feder, die früher quasi um die Fadenspannung herumgewickelt erschien, heute aber meist fast unsichtbar im Einfädelweg versteckt ist. Früher habe ich sie immer nur für so eine Art Stoßdämpfer gehalten, aber dafür ist sie einfach zu schlaff. Der Faden "knallt" (sie) ja doch ganz schnell an ihren Anschlag. Tatsächlich hat sie eine recht eingeschränkte, aber sehr wichtige Funktion:

 

Sie sorgt dafür, dass es beim Nähen nicht immer mal wieder kracht und der Faden reißt oder es einen "Knüddel" in der Naht gibt. Wenn alles richtig eingefädelt und eingestellt ist, überbrückt sie den Moment, in dem Nadel und Fadenzughebel wieder nach unten gehen (der Hebel ist dann nämlich als "Fadengeber" schneller) und hält den Faden solange noch schwach gespannt, bis die Nadel den Stoff (fast) berührt.

 

So wird verhindert, dass sie schlimmstenfalls den "eigenen" Faden durchsticht oder sich in einer etwas weniger ungünstig bereits auf dem Stoff ausgelegten Schlinge zumindest verfängt und damit unerwünschte bis unfallträchtige Knoten erzeugt. Augenscheinlich keine große Sache, die kleine Feder. Aber wenn sie es nicht gäbe, wäre es wie mit dem Hund, der einem von Zeit zu Zeit die Leine um die Beine wickelt oder dem Rasenmäher, der über das Kabel mäht. Nebenbei gleicht das gegenüber einer exakten Kinematik auch unvermeidliche Ungenauigkeiten im Transport aus, denn Stoff ist ja kein starres Brett...

__________

 

Da wir ohnehin gerade bei der Fadenspannung vorbeikamen: Wann wirkt die eigentlich? Der Faden schlabbert ja eine gehörige Zeit während des Stiches ziemlich lose herum - von wegen, Spannung!

 

Wer den ersten Versuch tatsächlich gemacht hat, wird sich an das Festzurren der Verschlingung von Ober- und Unterfaden möglichst genau zwischen den Stofflagen erinnern. Aber irgendwie fehlte da logischerweise jedes Mal etwas, wanderte die Markierung mit jedem Stich weiter nach unten. Genau: Die für den letzten Stich verbrauchten Millimeter müssen ja von oben nachrücken. Eben dann, sozusagen mit der letzten Zuckung des Zughebels nach oben, bestimmt die Fadenspannung, wie fest die Schlinge im Stoff gezogen wird, wie weit der Unterfaden ins Nähgut hochgezogen wird oder wie labberig der Oberfaden noch unter dem Stoff baumelt oder beim Zickzack oben oder unten zumindest eine Art Verzurr- oder gar Reißverschlussmuster anstelle eines ordentlich zackigen Stichmusters entsteht.

 

Wenn man zweifarbig näht, wird man je nach Stichmuster, Garn und Stoff viel eher bemerken, ob da eigentlich etwas nachgestellt werden müsste oder wie ungleichmäßig das manchmal doch wird. Beim Sticken mag man eine Dejustage dann sogar kreativ einsetzen können, z. B. für eine Art Kontureffekt. Und es wird auch klar, warum man die Oberfadenspannung bei manchen Stoffen oder Fäden erhöhen muss und nicht etwa die Unterfadenspannung verringern: Der Oberfaden muss durch den Stoff zurückgezogen werden, sich da durchquälen und schabt oder klemmt dabei im (sich eventuell wieder zusammenziehenden) Stichloch, "Unterfaden" ist beim Nähen dagegen eine Statistenrolle...

 

Vielleicht werden wir eines Tages mal Maschinen haben, bei denen der Faden noch durch die Nadelrille zurückgezogen wird und quasi die hochgehende Nadel die Schlinge exakt festzuziehen hilft. Wenn die Lagendicke gemessen würde, könnte man den Faden dann ja genau in dem Moment freilassen, wo das Öhr gerade mittendrin steckt, ihn bis genau dahin aber (sogar exakt gemessen) fest ziehen (gerade noch so stark, ohne den Stoff zusammenzuziehen). Für spezielle Zwecke wird das sicherlich schon so gemacht. Die Mechanik wird dadurch aber recht komplex und die Bewegung der Nadel sehr ungleichförmig, mehr so ein gestuftes Zucken. Das wäre dann praktisch ein Drehmomentschlüssel unter den Nähmaschinen-Mechaniken.

__________

 

Bleibt noch dieser zusätzliche Vorzieher zu erwähnen, mit dem Singer eine Zeit lang die Trägheit schwerer Garnrollen abmildern wollte. Heutige Besitzer solcher Maschinen, die sich die Mühe eines Tests mit und ohne machen, berichten im Allgemeinen, dass das keinen bemerkbaren Unterschied mache. Letztens hat mich aber gerade das Geklapper beim Tanz der (leichten) Rolle ziemlich irritiert. (Ich beurteile die Einstellung einer Maschine unbewusst auch immer am Sound beim Schnellnähen.) Es fehlte die Filzscheibe, die zumindest den Peitschen- und Kreiseleffekt des Fadens und der Garnrolle bei längeren Stichen (egal, ob quer oder längs länger) abmildert und zudem das Geräusch dämpft. Auch dieses unscheinbare Ding könnte sich ein wenig auf die Gleichmäßigkeit der Naht auswirken...

 

Wenn es zwischen Vorzieher und Fadenspannung ein gesteuert fadenklemmendes "Tor" gäbe und das Vorziehen vom Stich abhängig wäre, wäre das ideal. Dann könnte die Fadenspannung auch exakt und unabhängig vom Faden bemessen werden, nicht durch etwas erratisches Rutschen (Haftreibung versus Gleitreibung). Aber das gibt es bisher m. W. nur bei den teureren Babylocks...

__________

 

Na, sieht das nicht nur "auf den ersten Blick" alles viel simpler aus, als es tatsächlich ist? Und das bei bis zu 20 Stichen in der Sekunde? Als nächstes werde ich mir wohl den Transport vornehmen - und da könnte es dann doch so etwas wie Kaufberatung werden, zumindest für technisch Mitdenkende. Vielleicht bekomme ich im anderen Strang ja noch ein bisschen mehr Input.

Bearbeitet von Technikus
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(Da es bei der Kaufberatung um "ich hätte gerne, welche Maschine passt dafür?" geht, werden auch technische Exkurse zum Transporteur da keine Heimat finden. ;) Das ist hier schon richtig.)

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Nur zur Erklärung: Der andere Thread ist

IDT - DFT - Hoppelfuß - Teflonfuß - Rollenfuß - etc. (Grundlagenforschung) - Hobbyschneiderin 24 - Forum

 

Ich kann mir nicht jede Maschine selber kaufen, um deren Technik zu verstehen und darüber zu schreiben. Wahrscheinlich würde ich heute eine Nähmaschine ziemlich anders konstruieren bzw. vermutlich gibt es das dann schon als Spezialmaschine...

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Technikus, mit großem Interesse habe ich deine bisherigen Ausführungen gelesen.

Super, danke für die Mühe.

Bin schon neugierig auf Weiteres.

 

Liebe Grüße

Samba

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Oh Mann, ich sage ja immer, das Nähmaschinen Wunderwerke sind, aber so kompliziert habe ich es ir dasnn doch nciht vorgestellt.

Und es erklärt sehr gut, warum man für 50,-- € keine funktionierenden Nähmaschinen bauen kann.

Danke für diese unterhaltsamen Ausführungen.

Gruß von Karin

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Auch ein Statist macht mal Mist...

 

Ich habe oben behauptet, der Unterfaden habe nur eine Statistenrolle. Das mache ich daran fest, dass er eigentlich eine rein passive Haltefunktion hat, dafür sorgt, dass die durchgestochene Oberfadenschlinge sich quasi irgendwo festhalten kann und nicht wieder aus dem Stoff herausflutscht. Ansonsten muss er eigentlich nur gleichmäßig nachgeliefert werden, sozusagen beiläufig. Dass das bei einer normalen Haushaltsnähmaschine mit wenig Aufwand auch anders geht, beweisen einige alte Modelle von Singer, die auch den Kettenstich beherrschen. Hierbei wird die Schlinge des Oberfadens zunächst von einer Art Haken festgehalten, beim nächsten Stich dann durchstochen, ausgelöst und festgezogen wie ein Lasso, während eben die nächste Schlinge vom Greifer gezogen und dann für die nächste, gleiche Prozedur festgehalten wird.

 

Dazu wird, je nach Modell, z. B. die Unterfadenspule durch den Haken ersetzt und die Stichplatte durch eine mit entsprechendem Widerlager. Gleichzeitig wird die Wirkung des Fadenzughebels durch eine zusätzliche Fadenführung etwas verändert. Die Naht hat den dreifachen Oberfadenbedarf (oben die Gerade, unten die Schlinge) und ist genau so fest, wie eine normale Zweifaden-Naht. Aber wenn der Faden irgendwo reißt, entwickelt sich ganz schnell eine Art Laufmasche, zumindest gegen die Nährichtung. Solch eine - bewusst provisorische - Naht ist also mit einem Zupfen wieder zu entfernen, aber man kann das Ende auch von Hand vernähen. Ideal zum Anprobieren oder zum zeitweiligen Engermachen von Kostümen... (später kein ewiges Gefummel mit dem Trenner oder Scherchen).

__________

 

Zurück zum Unterfaden: Auch Statisten können können eine Szene schmeißen. Wenn sie zum Beispiel unwillig sind. Je nach Stich reicht das dann zu früh, um die Oberfadenspannung gemäß der Schilderung weiter vorne zu überwinden und die Fadenverschlingung findet nicht an der gewünschten Stelle (im Stoff) statt, sondern vorher. Das ist nur selten erwünscht.

 

Ist dagegen der Unterfaden zu nachgiebig, wird er vom Oberfaden mit- bzw. hochgezogen und erscheint auf der Oberseite der Naht - bei Gerad- und Satinstich nur dann ganz deutlich sichtbar, wenn er eine andere Farbe hat. Öfter dürfte es vorkommen, dass da gewisse Schwankungen entstehen, zum Beispiel durch Schmutz unter der "Bremsfeder" der Spulenkapsel/des Spulenhalters oder durch unregelmäßiges oder knotiges Garn. Dabei ist das aber als Statist deutlich unkritischer, als als Hauptdarsteller.

 

Manche Spulenkapseln bzw. -halter, besonders nicht regelmäßig zu entnehmende, bieten auch wenig offensichtliche Verfädelungs- oder Verhakungsmöglichkeiten, beispielsweise chinesische Nachbauten für Singer Apollo. Die Chinesen kopieren ja grundsätzlich gerne, verändern bzw. vereinfachen dann blöderweise oft "Kleinigkeiten", ob als alibihafte "schöpferische Eigenleistung" oder zur Verbilligung, sei mal dahingestellt. Und das kann einen regelrecht zur Verzweiflung treiben, weil man den Grund nicht erkennt (dass oder warum z. B. der Faden nur in einem Teil der Fälle so zu "liegen" kommt, wie er muss).

__________

 

Die Spannungen sollten prinzipiell zueinander passen und gleichmäßig sein, die des Oberfadens i. A. nur höher sein, wenn mal ein besonderer Stoff dem Festziehen der Schlingen einen deutlicheren Widerstand entgegensetzt. Sind beide Spannungen zu hoch, kann die Naht den Stoff zusammenziehen, quasi wie einen Rollbraten. Das mag freilich beabsichtigt sein.

 

Unregelmäßigkeiten können allerdings auch durch falsches Aufspulen des Unterfadens entstehen (Danke, Tammy!), meistens durch zu lockeres, zu ungleich verteiltes oder schlicht durch zu viel. Im ersten Fall kann sich der Faden zeitweise in den Wickel hineinziehen und so mit mehr Kraft wieder herausgezogen werden müssen. Im zweiten Fall kann ein "Gebirge" ins Rutschen geraten mit dem selben Effekt. Oder lockere Wickel fangen an, zu eiern und geraten bremsend an die Wandung der Spulenkapsel oder es verirrt sich sogar eine einzelne Windung zwischen Spulenflansch und Kapselwand mit mehr oder weniger Bremswirkung. Auch der Fadenanfang vom Wickeln kann im Weg sein und sollte daher abgeschnitten werden.

 

Also im Zweifelsfall den Faden besser von Hand führen und beim Wickeln straff und gleichmäßig verteilen. Die genannten Verwurstelungseffekte erprobt man besser an der Schlauchtrommel im Garten oder an der Kabeltrommel im Haus - die scheinen, wenn sie geschlossen sind, auch extra dafür konstruiert zu sein, zu klemmen. Oder etwa nicht? Problembären beim Nähen sind insbesondere auch die fertig gewickelten (meist CB-) Spulen billiger Garnsortimente. Mal von der Garnqualität abgesehen: So lockere Wickel kenne ich sonst nur von Verbandsmull. Klarer Fall von Vortäuschung von Inhalt. Kennt man ja...

__________

 

Zuletzt fallen mir die Spulen selbst ein: Ob Plastik oder Metall erscheint mir bisher nicht sonderlich bedeutsam. Der eine schwört auf irgendetwas, zum Beispiel Metall in Plastikkapseln und Plastik in Metallkapseln oder gerade umgekehrt, dem anderen drängten sich noch nie solche Erkenntnisse auf. Vielleicht doch nur eine Frage der Qualität und Passgenauigkeit? Wichtig ist nämlich in jedem Fall der richtige Durchmesser und die passende Höhe der Spulen. Es kann aber noch trickiger sein:

 

Singer hat mehrere Modelle der "Magischen Spulen", von denen natürlich unqualifizierte Nachbauten existieren. (Bei einigen muss man jedes Mal aufs richtige Zusammenschrauben achten, sonst gibt es Fadeneinschlag mit Blockade!) Aber auch beim Apollogreifer (und vermutlich auch bei anderen Marken) gibt es eine Besonderheit: Die Spulenscheiben müssen da unbedingt linsenförmig (konvex) sein. Man kann sich mit einer solchen Maschine stundenlang herumärgern, wenn man das nicht bemerkt... Zu flache Spulen gehen meist, zu dicke müssen nicht mal unbedingt klemmen, funktionieren vorwiegend bei Horizontalgreifern aber trotzdem nicht.

 

Immer daran denken: Die Fadenschlinge muss ganz um die Spule herum (oder, anders betrachtet, die Spule mit ihrem Faden hindurch). An oder zwischen welchen Oberflächen und an welchen Engstellen das passiert, hängt von der Art des Greifers ab. Bei allen, bei denen die Spule sichtbar bleibt, ist sie auch mit dem sichtbaren Flansch direkt involviert. Da geht es dann im Zweifel um Zehntelmillimeter und um jede kleine Scharte. Auch um Zehntelmillimeter Rückstände unter der Spule oder unter dem Greifer bzw. dem Spulenhalter (eine Kapsel ist das ja eigentlich nicht mehr)...

__________

 

Apropos Scharten: Am Greifer und an der Spulenkapsel kommen die auch gar nicht gut, ebensowenig wie eventuelle Fadenreste und Dreck. Es lohnt sich, sich den Weg der Fadenschlinge in den eigenen Nähmaschinen mal ganz genau zu vergegenwärtigen. Dann weiß man, wo man prophylaktisch und bei Verhedderungen hinschauen muss. Und nebenbei sei daran erinnert, dass der durchschnittliche Greifer vor jedem Nähtag ein Tröpfchen Öl braucht. Auf seiner Rutschbahn, auf die er angewiesen ist, weil er ja keine Achse haben kann. Richtig, an der würde ja die Fadenschlinge hängen bleiben, aber die muss eben rum...

 

Und nun ist auch klar, warum die Rutschbahn nicht rundum geschlossen ist, oder? Und warum man den Faden nicht herausgezogen bekommt bzw. den Stoff unter dem Füßchen weg, wenn der Fadenzughebel nicht fast schon ganz oben steht? Richtig: Weil erst dann die Lücke in der Greiferbahn so positioniert ist, dass die Fadenschlinge auch hindurch (also heraus aus dem Greifer) kann in Zugrichtung Stichplatte... Halb herum reicht da noch nicht, auch wenn die Schlinge kurz danach schon enger gezogen wird. (Bei CB-Greifern kann das weniger eng sein, weil die Rutschbahn da nur halb herum geht.)

 

Tja, die Petitessen...

Bearbeitet von Technikus
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alte Modelle von Singer, die auch den Kettelstich beherrschen. Hierbei wird die Schlinge des Oberfadens zunächst von einer Art Haken festgehalten, beim nächsten Stich dann durchstochen, ausgelöst und festgezogen wie ein Lasso, während eben die nächste Schlinge vom Greifer gezogen und dann für die nächste, gleiche Prozedur festgehalten wird.

 

nur ein Buchstabe anders, aber: das ist der Kettenstich.

 

Danke für deine interessanten Ausführungen.

 

liebe Grüße

Lehrling

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