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Buchvorstellung: The Great British Sewing Bee 1


corvuscorax

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Wie wohl alle schon gemerkt haben, ist "The Great British Sewing Bee" wieder auf Sendung. Anlass genug, sich einmal die Bücher zu den Sendungen anzusehen, denn ich dachte, wenn ihr die ersten drei kennt, habt ihr einen Eindruck, was ihr vom vierten erwarten dürft (das man schon vorbestellen kann).

Die ersten drei Staffeln liegen nun zwar schon ein Weilchen zurück, aber die Bücher sind durchaus noch zu haben. Außerdem bin ich erst durch den Vergleich mit der deutschen Sendung auf die Idee gekommen. In loser Folge werde ich euch nacheinander die drei Bücher vorstellen.

 

Sewing Bee Buch

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Band 1:

The Great British Sewing Bee

Tessa Evelegh

Forewords and Practical Tips by Patrick Grant & May Martin

Quadrille Publishing

ISBN 978-184949-287-4

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Zu Band 1:

 

Traditionsverbunden, wie die Briten so sind, knüpfen sie mit "The Great British Sewin Bee" (GBSB) an die Tradition der Sewing Bees während des Krieges an, als Queen Mum dazu einlud, zusammen vor allem Uniformen zu nähen und auszubessern. Es wird eigens betont, dass auch bei der Fernsehshow nicht nur der Wettbewerbsgedanke eine Rolle spielte, sondern auch das gemeinsame Nähen und dabei der Austausch von Erfahrungen. So ähnlich geschieht das heute in Nähcafes und anderen Handarbeitsrunden.

 

 

Das Buch richtet sich vor allem an Anfänger, die durch die Fernsehserie auf den Geschmack gekommen sind, weshalb bei den Projekten schon darauf geachtet wurde, dass (die meisten) auch von Anfängern zu bewältigen sind.

Das Buch gliedert sich grob in zwei Teile: Die allgemeine Nähkunde und die Schnittmuster.

 

 

Zunächst werden die nötigen Werkzeuge vorgestellt, incl. Nähmaschinentypen. Hier wird dazu geraten, sofern man keine hat, sich erstmal eine zu leihen oder in Nähcafes auszuprobieren, bevor man zu einem völlig ungeeigneten Modell greift.

Anschließend werden die üblichen Zeichen in Schnittmustern erläutert und auch, was es mit den Listen der übrigen Zutaten auf sich hat. Vorbereitung von Schnitt und Stoff finden Erwähnung, ebenso wie eine rein textliche Anleitung zum Maßnehmen. Hier gibt es schon eine kurze Erläuterung dazu, wie man Schnitte anpasst, vor allem in der Länge, aber auch in der Weite. Allerdings ist die so knapp gehalten und ohne bildliche Hilfe, dass ich bezweifle, dass ein Anfänger damit wirklich glücklich wird. Nicht nur dass sie davon ausgehen, dass jedem Schnittmuster ein Auflageplan beiliegt - wir kennen da durchaus andere Beispiele - auch wird nichts zu Nahtzugaben gesagt. In den im Buch enthaltenen Mustern werden die zwar durchwegs erwähnt, aber eine deutlicher Hinweis, dass die nicht immer angeschnitten sind und dass man die ggf. ergänzen muss, fehlt. Auch sollte das im Hinblick auf Weitenänderungen erwähnt werden, weil man sonst zu völlig abwegigen Messergebnissen kommt.

Im nächsten Abschnitt werden Stoffe erläutert, die Eigenheiten verschiedener Fasern und worauf man beim Kauf achten sollte. Einige Sätze zu Verzierungen und Verschlüssen runden die Darstellung ab.

 

 

Weiter geht es mit den grundlegenden Nähtechniken. Wie sollte ein Arebitsplatz aussehen? In welcher Reihenfolge geht man sinnvoll vor? Ich muss gestehen, von der Liste konnte ich noch was lernen, zumal div. Nähanleitungen hier nicht immer einheitlich sind.

Obwohl die Autoren schon davon ausgehen, dass man mit der Maschine näht, wird doch den Handstichen ziemlich breiter Raum gegeben, zumal wenn man bedenkt, wie knapp die Angaben insgesamt sind. So z.B. beim Heften, beim Einreihen / Einhalten, für Saumstiche etc. In dieser Sektion gibt es auch stets Bilder, die das Beschriebene verdeutlichen.

Nach den Handstichen geht es an die Maschinennähte, wobei die Frage, ob man alles heften muss / soll nicht abschließend beantwortet wird, sondern empfohlen wird, dies von Fall zu Fall zu entscheiden.

Bei den verschiedenen Möglichkeiten der Versäuberung wird auch die Overlocknaht vorgestellt. Mal unter uns: Die sieht auf dem Foto derart ungleichmäßig aus, dass ich freiwillig zickzacke ;). Die eingeschlagene Versäuberung (also Nahtzugabe einschlagen und absteppen) war neu für mich, das ist mir so noch nicht untergekommen. Vielleicht erwähnen sie diese Form, weil auch eine ganz alte Maschine das hinbekommt, denn dazu ist nur ein Geradstich erforderlich. Natürlich finden auch französische Nähte und Kappnähte ihren Platz.

Sewing Bee Buch

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Der Abschnitt über Reißverschlüsse beschränkt sich auf Reißverschlüsse, wie sie in Röcken und Kleidern zum Einsatz kommen, also kein Hosenreißverschluss mit Untertritt und kein teilbarer Jackenreißverschluss.

Nach einem Abstecher zur Herstellung und Verwendung von Schrägband beschließt ein knappes Kapitel zu Knopflöchern und Knöpfen den theoretischen Teil. Der Hinweis auf häufiges, akkurates Üben ist hier sinnvoll, da zum einen die sehr knappen Angaben vielleicht nicht so verständlich sind, man zum anderen von evtl. Spezialfähigkeiten der Nähmaschine zum Leichtsinn verführt werden könnte. Früher dachte ich zumindest auch, die Knopflochautomatik wäre das Ei des Kolumbus... bis zum Praxistest. Ich denke, ein paar mehr Informationen zu diesem schwierigen Kapitel wären hilfreich gewesen.

Zu erwähnen wären noch ein paar Exkurse zur Geschichte des Nähens und der Mode - man erinnert sich an die netten Extrafilmchen aus der Fernsehserie, z.B. über die Geschichte des Schnittmusters für den Hausgebrauch oder über Persönlichkeiten wie Beau Brummel. Leider wurden aber nur wenige davon übernommen.

 

 

Damit wären wir im Praxisteil angekommen.

Insgesamt stehen 28 Projekte zur Auswahl, die sich alle an "Anfänger" richten. Nicht unbedingt blutige Anfänger, aber solche mit wenig Erfahrung.

Von den 28 Schnitten sind 19 für Kleidung (im weiteren Sinne), der Rest für Kissen, Vorhänge und andere nützliche oder dekorative Teile. Drei Teile habe ich aus der Sendung wiedererkannt: Eine Bluse, ein Sommerkleid und einen gefütterten Blazer.

Es gibt 5 Schwierigkeitsgrade, die durch 1-5 Knöpfe optisch markiert sind. Level 1 beinhaltet z.B. nur Nähte, bei Level 3 kommt auch schon das Einsetzen von Reißverschlüssen hinzu oder das Einhalten von Nähten. All das mit komplizierteren Nähten, Einlagen und Futter ist die höchste Schwierigkeitsstufe.

 

 

Das Größenspektrum reicht von 8-16 (34-42), wobei man beim Messen bedenken sollte, dass Nahtzugaben enthalten sind. Wieviel jeweils, ist den Beschreibungen am Anfang vorangestellt. Alle Modelle sind aus Webstoffen, meist Baumwolle oder leichte Wolle. Einige Modelle sind aus Seide / Seidencrepe.

Zu jedem Projekt wird nicht nur eine Materialliste gestellt, sondern auch ein "Fabric Finder", um den passenden Stoff auszuwählen, sowie eine Liste der erforderlichen Techniken, ähnlich wie bei Strickanleitungen von Drops (wer sie kennt). Zu einem Projekt ist ein Fullsize Schnittmuster im Buch enthalten. Gewesen, muss ich sagen, denn mein Exemplar ist antiquarisch und kam ohne das. Aber ich gehe mal davon aus, dass die Angabe stimmte. Ansonsten sind alle Schnitteile auf Karopapier aufgedruckt und müssen vergrößert kopiert werden oder man druckt sie aus unter dem oben genannten Link.

Zu jedem Schnitt gibt es eine relativ ausführliche Bildanleitung. Nach meiner Meinung krankt die etwas an dem Handzeichnungscharakter der Darstellung, es sind alles so "schiefe" Skizzen, wie die Technischen Zeichnungen bei Diana, Sabrina oder auch Farbenmix.

Ohne jedes Teil im Detail besprechen zu wollen, ein paar Auszüge bzw. persönliche Eindrücke.

 

 

Es gibt eine Anleitung für ein "Window Panel".

Sewing Bee Buch

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Ein einfaches Rechteck aus transparentem Stoff. Schwierigkeitsstufe 1. Ja, es ist "nur" ein Rechteck, mit verschiedenen Tunneldurchlässen für Draht zum Aufhängen und einem Holzstab zum Beschweren. Aber so dünner transparenter Stoff in den Händen eines absoluten Anfängers? Man muss die Säume schon sehr akkurat einschlagen, bügeln und steppen, denn die Sonne wird es an den Tag bringen. Ferner neigt so dünner Stoff dazu, von der Maschine "gefressen" zu werden. Die gleiche Form aus festerem Stoff, z.B. für einen Tischläufer fände ich o.k. Dieses Projekt ist m.M.n. nicht unbedingt anfängertauglich.

 

 

Ein anderes Projekt ist das "Boyfriend Shirt", ein Baumwollhemd, hier aus kariertem Baumwollstoff, mit einer flaschen Knopfleiste aus Schrägband, ohne Manschetten, gerade Ärmel zum aufkrempeln.

Sewing Bee Buch

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Schwierigkeitsgrad 4.

Das Hemd verfügt über eine Schulterpasse vorn und hinten, die auf das Vorder- bzw. Rückenteil aufgelegt und festgesteppt wird. Ich persönlich fände zwei Teile zum aneinandernähen einfacher, aber das nur nebenbei. auf dem Foto des Modells sieht man deutlich, dass diese Passe im schrägen FL zugeschnitten wurde und so ist es auch in den Schnittteilen eingezeichnet. Auf dem Auflageplan hingegen erscheint alles im geraden FL. Als versierter Hobbyschneider weiß man vermutlich, wann und warum man solche Passen schräg zuschneidet, als eher ungeübter könnte man aber irritiert sein. Desgleichen über die fehlende Markierung, welcher Ärmelabschnitt nach vorn und welcher nach hinten gehört.

 

 

Als drittes möchte ich auf das "Basic Dress" eingehen.

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Ein kleines Shiftkleid ohne Ärmel mit Reißverschluss, durch Abnäher auf Figur gebracht. Schwierigkeitsgrad 2. Mit der Bezeichnung "Basiskleid" bin ich vollkommen einverstanden. Aus Karostoff eher klassisch, in Schwarz der Klassiker schlechthin, aus bunten Leinenstoffen ein Sommerkleid etc. etc.

Ob das allerdings kurz nach der Anfänger-Kissenhülle schon das Richtige ist? Abnäher richtig platzieren ist nicht ohne. Das für das Modell verwendete Karo ist zufällig symmetrisch, aber was, wenn der ambitionierte Anfänger ein nicht-symmetrisches Karo erwischt und sich an den Auflageplan hält, der da vorsieht, das Vorderteil in die eine Richtung, das Rückenteil in die andere Richtung aufzulegen und so stoffsparend zuzuschneiden? Warum dieses Projekt nur noch 1cm Nahtzugabe hat, statt der sonst üblichen 1,5cm erschließt sich mir auch nicht so ganz. Insbesondere im Hinblick darauf, dass so ein Kleid recht passformsensibel ist und evtl. an der Naht etwas nachjustiert werden muss.

Wenn man so ein Projekt für Anfänger anbietet, sollte man evtl. noch einmal auf besondere Details, wie z.B. das Anpassen von Karos bzw. Muster mit Richtung eingehen.

Am Ende des Buches gibt es noch ein Glossar für Nähbegriffe, ein Stofflexikon und ein Stichwortverzeichnis. Nennt mich pedantisch, aber in keinem davon kommt.z.B. der Begriff "Seam Allowance" vor (bei burda hingegen schon ;)).

 

Fazit:

Ziel des Buches war es sicher, die Begeisterung, die entsteht, wenn man versierten Nähern bei der Arbeit zusieht, auch zu Hause umzusetzen. Dafür wird dem Leser ein gewisser Fundus an Wissen und Techniken an die Hand gegeben und ein paar Projekte zum Üben.

Die Gefahr dabei ist, dass man dieses Buch als Handbuch der Nähtechniken mißversteht. Man muss immer bedenken, dass es sich an Anfänger richtet und evtl. auch einem absoluten Anfänger in die Hände fällt. Dafür hat man sich m.E. nicht genügend in das Denken und Tun eines solchen hineinversetzt.

Einerseits ist man in der Auswahl der vorgestellten Techniken ganz an den beigegebenen Projekten orientiert, andererseits ist man damit aber auch auf diesen Mikrokosmos reduziert. Zum Beispiel der Hinweis auf die eingeschränkte Auswahl bei den Reißverschlusstechniken. Es ist an sich nicht so schwierig, eine einfache Jacke mit einem RV zu nähen. Aber wenn ich als Anfänger wissen will, wie genau man das macht mit den zwei Teilen, bin ich mit diesem Buch nicht so gut bedient.

Manches wäre anschaulicher mit Bildern gezeigt worden, z.B. richtiges Maßnehmen und Anpassungen. Und auch die Sache mit den Nahtzugaben... wenn sie dran sind und man zeichnet sie nochmal an - na gut, dann schneidet man sie eben wieder ab. Aber wehe, sie sind nicht da. Und man glaubt, sie wären es. Trotz der Bilder hätten manche Details in den Anleitungen genauer beleuchtet werden müssen, bzw. sorgfältiger redigiert werden.

Im Großen und Ganzen halte ich die Einschätzungen der Schwierigkeitsgrade aber für o.k., zumindest, was die Nähtechniken betrifft. Dass auch der Stoff selbst eine Rolle spielt, wurde zu wenig berücksichtigt. Dank der Übersicht über die erforderlichen Techniken kann man in etwa selbst erkennen, ob man sich das zutraut oder nicht, oder ob da etwas bei ist, was man erstmal üben sollte. Hilfreich ist auch die Unterstützung bei der Auswahl des richtigen Stoffes.

Wenn man mit diesen Projekten anfangen möchte und erst recht, wenn man auf andere Schnitte zurückgreift, auch solche, die als "easy" oder "for beginners" ausgelobt sind, sollte man sich ein richtiges Nähbuch kaufen oder einen Kurs besuchen. Zum Lernen sind die Angaben m.E. zu knapp und die Gefahr von Misserfolg und Frust zu hoch.

Dass dieses das erste Buch zur ersten Sendung war, mag manches entschuldigen, andererseits war aber auch die erste Staffel die mit einer Hobbyschneiderin wie Ann. Man sollte also nicht annehmen, dass man auf diesem Niveau nähen kann, wenn man sich einmal durch das ganze Buch durchgenäht hat.

 

 

 

 

Das vorgestellte Buch ist Eigentum von corvuscorax.

Die Bilder unterliegen dem Copyright von corvuscorax

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Hallo,

 

was für eine überaus informative Vorstellung - ganz herzlichen Dank dafür! Ich habe vor längerer Zeit einmal bei meiner Freundin durchblättern dürfen und fand es optisch ansprechend aufgemacht (abgesehen von der Overlock-Naht, da war ich auch reichlich irritiert, die in diesem Zustand abzubilden). Zum Inhalt kann man natürlich nach einem schnellen Überblick nichts sagen.

 

Dein kritischer Blick bringt jedoch zweifelsfrei die Schwachstellen ans Tageslicht und dafür danke ich Dir sehr.

 

Viele Grüße, haniah

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Danke für die Buchvorstellung. Ich schätze, so ein Buch zu einer Fernsehsendung muss 'für jeden etwas' enthalten. Es soll vermutlich auch für die erfahrene Näherin attraktiv, für den Anfänger aber trotzdem 'fassbar' sein.

Nachteil von sowas ist natürlich da immer, dass es weder für den einen noch für den anderen wirklich ideal ist.

 

Vermutlich ist es eh eher als Inspirations- und Begleitbuch gedacht.

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