Scrunchy Posted September 25 Share Posted September 25 Im "Stoff gesucht" Thread wurde ich gebeten etwas zu schreiben zu meinen Erfahrungen in der Naturstoffproduktion. Dabei kann ich ausschließlich etwas zu meinen eigenen Erfahrungen schreiben die ich selbst gemacht habe und dies kann und soll keinesfalls Naturstoffe per se in Abrede stellen! Ich mag die durchaus, stelle nur manchmal die Fragen etwas anders und wähle dann für mich und meinen Einsatz die Materialien anders aus. In übrigen bin ich striktester Verfechter von ESG-Scores von Produkten über die ganze Lieferkette, also nicht nur "wie grün ist mein Stoff" sondern auch "unter welchen Umständen wurde es produziert" etc. Also bitte gerne einmal "ESG Textilien" "LkSG Mode" suchen und versichert sein: Wenn man das, was gerne als "nachhaltig" zusammengefasst wird, von Anfang bis Ende der gesamten Liefer-Herstell-Verbrauchs-Entsorgungskette betrachtet, dann liegt mir das nicht nur persönlich sehr am Herzen sondern ich beschäftige mich einen guten Teil des Tages damit. Mein Herzblut hängt dabei nicht an einzelnen Zertifizierungen (die ich eher als eine nachteilsbehaftete Übergangslösung erachte) sondern tatsächlich einem Ende-zu-Ende-ESG-Ausweis der mir genau aufdröselt, wieviel Umweltbelastung, wieviel Sklaverei und wieviel Diktatur in meinem Paar Socken steckt. Sorry für die lange Vorrede, ich wollte nur, damit es nicht in den falschen Hals gerät. Jetzt der eigentliche Inhalt. Zwischen dem romantischen Ursprungsprodukt wie dem Baum (das war unser Ausgangsprodukt, wir haben ganze Wälder gekauft, die passenden Bäume verwendet und die unpassenden weiterverkauft) und der endgültigen Faser (das war das Endprodukt, darunter auch viele hier im Forum genannte "Markenfasern") liegen sehr viele sehr unromantische Verarbeitungsschritte die so garnicht der Baumwolle-Tragetuch-Werbung entsprechen. Fraglos gibt es Spezialfasern aus dem Ausgangsmaterial "Baum" die manches besser können als komplett chemisch erzeugte Kunstfasern (Hitzeschutzjacken für Feuerwehren sind ohne solche Spezialfasern-mit-Baumhintergrund undenkbar) aber die sind dann auch durch chemische Prozesse gegangen die jede Kunstfaser-Herstellung wie eine Teezeremonie im Naturwald erscheinen lassen. Also ja, wenn ich ein hitzefestes Material brauche, dann komme ich an gewissen Fasern momentan nicht vorbei und darunter sind auch einige, deren Ausgangsprodukt ist unter anderem tatsächlich Holz. Ja, wenn ich für Unterwäsche/Sportwäsche angenehme Funktionsfasern brauche, dann gibt es einige, deren Ausgangsprodukt ist unter anderem auch Holz. Wir konnten Produkte aus diesen Fasern (wir haben die Fasern hergestellt, nicht die tatsächliche Wäsche) dann auch im "unsere Produkte" Shop auf dem Firmengelände kaufen und das haben wir auch - aber die Werbeanhänger mit den grünen Bäumen drauf haben wir lachend weggeworfen, denn wir wussten ja, was zwischen dem Baum und der Faser liegt. Sorry für die Ehrlichkeit, es war so. Es war auch niemand stolz drauf. Stolz waren wir tatsächlich darauf, dass nicht mehr wie früher in der nahegelegenen Ortschaft alle Reizhusten bekommen haben wenn bestimmte Fertigungsschritte durchgeführt wurden, das war in den 80er Jahren noch ganz normal, heute zum Glück undenkbar. Ich habe auch schon im Oilskin-Thread etwas dazu geschrieben und jetzt eben auch in der Suche nach einem Vertikaltuch. Während es bei ersterem primär um einen bestimmten Vintage-Look ging und die Frage eher war, welcher Stoff unter Beibehaltung des Look am ehesten tragbar ist, ging es in zweiterem ja darum, ein durchaus hochbelastetes Material in einem bestimmten Biostandard zu bekommen. Die rein technische Leistungsfähigkeit von modernen Fasern ist auf der Basis von ehemaligen Naturfasern eben nur sehr begrenzt und unter hohem Aufwand möglich. Hoher Aufwand bedeutet meist, dass es mit dem Ausgangsmaterial nur noch wenig zu tun hat. Ich kann jedem nur empfehlen, mal einen Stoff wirklich von Anfang bis Ende selbst herzustellen und sich dann zu überlegen, ob man das als Kleidung tragen will Für mich ist "Selbst nähen" tatsächlich eine Befreiung, da ich hierdurch jeden Schnitt mit jedem Material kombinieren kann und nicht auf das angewiesen bin, was im Laden verkauft wird. Und da gibt es kein richtig oder falsch, sondern nur passend oder nicht. Ich für mich stelle daher vielleicht garnicht so unterschiedliche Fragen beim Stoffkauf, nur eben mit anderen Prioritäten. Bei der Motorradjacke habe ich einfach selbst gemerkt, wie sich bei verschiedenen Witterungen die verschiedenen Materialien anfühlen und habe einmal auch einen ungeplanten Abriebtest mit verschiedenen Materialien durchgeführt. Als Techniker ist mir persönlich eben die Funktion wichtiger als der Look, die Prioritäten muss man da immer selbst setzen. Ich selbst habe für mich und meine Haut und unter meinen Erfahrungen immer öfter zuerst auf die Funktion geschaut und landete dadurch quasi immer bei Kunstfasern. Damit habe ich mich bis zu meiner obigen Erfahrung mit "Naturfasern" auch irgendwie latent schlecht gefühlt - bis ich dann gemerkt habe, wieviel, hmmmm, nennen wir es "Verarbeitung", nennen wir es "Chemie", nennen wir es "Kunstfaser" in der "Naturfaser" steckt - zumindest dann, wenn wir technische Anforderungen (Hitzefestigkeit, Reißfestigkeit, Feuchtigkeitstransport...) an die Faser stellen. Und deshalb sind wahrscheinlich alle Vertikaltücher aus Kunstfaser, sämtliche Zeltstoffe und sämtliche Outdoorstoffe an die man höchste Ansprüche stellt. Und ich habe für mich festgestellt, dass ich viel entspannter einkaufe, seitdem ich nicht mehr zwischen "Naturfaser" und "Kunstfaser" unterscheide sondern nur noch zwischen "passende Faser" und "unpassende Faser". Und das ist nun mal für jede Person unterschiedlich. Link to comment Share on other sites More sharing options...
SiRu Posted September 25 Share Posted September 25 Danke! Link to comment Share on other sites More sharing options...
Großefüß Posted September 25 Share Posted September 25 @Scrunchy Danke sehr. In der Textilindustrie wird vieles versucht, "schön zu labeln". Gern wird irgendwo "nachhaltig" dran geschrieben, ohne dass der Kunde leicht nachvollziehen kann, wieso. Wobei: Viskose sehe ich nicht wirklich als Naturfaser, ich weiß, dass zur Herstellung diverse Prozesse erfoderlich sind, die nicht unbedingt gesund sind. Vorsichtig formuliert. Trotzdem hat gerade z.B. die Naturfaser Wolle auch viele gute Eigenschaften, die Kunstfasern nicht haben. Und man muss sie auch nicht zwingend chemisch behandeln, nicht einmal zum färben. Es gibt auch braune und schwarze Schafe. Link to comment Share on other sites More sharing options...
PiNord Posted September 25 Share Posted September 25 Ich schließe mich denen an, die "Danke" sagen❣️ Wirklich ressourcenschonend ist es m.E., Textilien so lange wie möglich zu nutzen, d.h. so wenig wie möglich zu "verbrauchen". Ich staune immer, wie viele "Schlafshirts" genäht werden. Ich habe vor geschätzt 15 Jahren (da konnte ich noch nicht wirklich nähen) mal ein paar aus Modal-Jersey gekauft - die trage ich immer noch. ... und so auch viele andere Sachen. Wirklich abgetragene Oberhemden meines Mannes zerlege ich und nutze den Stoff als underlining oder Taschenfutter. Jeans aus der ganzen Sippe nutze ich fürs Upcycling (Taschen usw.), und überhaupt guck ich immer erst mal, was ich da noch habe - auch an Knöpfen und herausgetrennten Reißverschlüssen ... Meine Stoffe habe ich zum größten Teil second hand (ebay) gekauft - es wurden für mich bisher nur ganz wenige Meter von einem Ballen abgeschnitten. Deshalb kann ich auch nix zum "Nachhaltigkeitsstatus" meiner Vorräte sagen - außer, dass es nachhaltiger ist, sie zu gebrauchen als sie zu entsorgen. Link to comment Share on other sites More sharing options...
Scrunchy Posted September 25 Author Share Posted September 25 Vielleicht hilft es, das gleiche Thema in einem anderen Kontext zu sehen - wechseln wir mal von "Fasern" zu "Beton" und suchen uns einen großen Betonhersteller aus und schauen auf dessen Webseite. Dort ist alles mit Nachhaltigkeits-Labeln gepflastert die natürlich immer "gegen eine minimale Prüfgebühr" vergeben werden - aber erfahrungsgemäß besteht man die Prüfung nur, wenn man vorher die Consultants des Anbieters zu Vorabberatungen engagiert und das meist zu sportlichen Tagessätzen. Honi soit qui mal y pense. Mit Viskose geht es schon mal in die richtige Richtung. Ich habe mir jetzt mal den Spaß gemacht, "unsere" Fasern (ich war da nur ein Jahr auf Projekt) mal zu googlen und da sind mir durch den Webbrowser die rosa Einhörner auf grünen Wiesen durch Wolken aus Feenstaub entgegengesprungen. Ein Aspekt, in dem Beton und jede Textilfasern genau gleich sind: Die nachhaltigsten sind die, die erst garnicht hergestellt werden. Wer in diesem Forum unterwegs ist, wird kleidungstechnisch wahrscheinlich ohnehin zu den nachhaltigsten 0,1% der Bevölkerung gehören, denn was aktuell das Problem ist, sind die aberwitzigen Kleidungsberge die produziert und weggeworfen werden. Wir sind hier im Hobby-Näh-Forum und nicht im Forum für [hier den Fast-Fashion-Discounter des Misstrauens einsetzen]. Alleine das Bewusstsein, noch viel Stoff zu haben ist Klagen auf hohem Niveau - andere Leute stehen vor dem Kleiderschrank, sagen "ich hab nix anzuziehen" und bestellen sich zehn Raummeter neue Fast Fashion die vor oder nach dem ersten Tragen auseinanderfällt und/oder weggeworfen wird. Wer sinnvoll verarbeitete Textilien trägt, die auch lange getragen werden können und lange getragen werden, ist nachhaltigkeitstechnisch so weit vorne, dass "Kunstfaser" oder "Naturfaser" auch grad egal ist. Wenn die Jacke jahrelang getragen wird, schlägt das alle anderen Aspekte. Letzteres ist übrigens immer wieder ein schöner Lacher nach der hundertsten ESG-Optimierung, sechs Stellen hinter dem Komma, dass einer sagt: "Boah, das Produkt ist so nachhaltig, da kann ich mir gleich zwei davon kaufen!" Link to comment Share on other sites More sharing options...
Scrunchy Posted September 25 Author Share Posted September 25 (edited) vor 11 Minuten schrieb PiNord: Wirklich ressourcenschonend ist es m.E., Textilien so lange wie möglich zu nutzen, d.h. so wenig wie möglich zu "verbrauchen". Ich staune immer, wie viele "Schlafshirts" genäht werden. Ich habe vor geschätzt 15 Jahren (da konnte ich noch nicht wirklich nähen) mal ein paar aus Modal-Jersey gekauft - die trage ich immer noch. ... und so auch viele andere Sachen. Wirklich abgetragene Oberhemden meines Mannes zerlege ich und nutze den Stoff als underlining oder Taschenfutter. Jeans aus der ganzen Sippe nutze ich fürs Upcycling (Taschen usw.), und überhaupt guck ich immer erst mal, was ich da noch habe - auch an Knöpfen und herausgetrennten Reißverschlüssen ... Meine Stoffe habe ich zum größten Teil second hand (ebay) gekauft - es wurden für mich bisher nur ganz wenige Meter von einem Ballen abgeschnitten. Deshalb kann ich auch nix zum "Nachhaltigkeitsstatus" meiner Vorräte sagen - außer, dass es nachhaltiger ist, sie zu gebrauchen als sie zu entsorgen. Da sind wir dann wohl bei "Top 0,000001% der Weltbevölkerung" der Nachhaltigkeit. Ja, ich bin es auch noch gewöhnt, dass man alte Klamotten im Zweifel zu Putzlappen zerschnitten hat. Da wird dann auch in der Werkstatt mal das aus dem Motor laufende Öl mit dem Blümchen-Schlüppi aufgewischt - wieder ein Vorteil traditioneller Mode, mit einem String ist da wenig zu wischen. Wer sich (hier oder anderswo) selbst Sachen näht, der wird sie nicht nach einmal Tragen wegwerfen, weil ein Influenza etwas neues in die Kamera gehalten hat. Alleine das ist schon Nachhaltigkeit pur. Wer Klamotten kauft um sie zu tragen und sie so lange trägt wie sie eben getragen werden können, ist schon ganz weit vorne. Edited September 25 by Scrunchy Link to comment Share on other sites More sharing options...
Quietscheente Posted September 25 Share Posted September 25 Vielen Dank @Scrunchy für den Einblick. Letztens haben wir bei der Sendung mit der Maus die Herstellung von irgendeinem Bekleidungsstoff gesehen, wahrscheinlich Viskose. Da ist mir bald schlecht geworden bei der Masse der chemisch unterstützten Fertigungsschritte. Wer weiß das schon! vor 4 Minuten schrieb Scrunchy: Wenn die Jacke jahrelang getragen wird, schlägt das alle anderen Aspekte. Genau das habe ich vor vielen Jahren schon über Ortlieb-Fahrradtaschen gelesen und finde es nachvollziehbar: Die sind zwar aus PVC hergestellt, aber wenn ich die pfleglich behandle, können die 20 Jahre und mehr halten. Das war für mich damals ein echter Aha-Effekt. Link to comment Share on other sites More sharing options...
Quietscheente Posted September 25 Share Posted September 25 vor 1 Minute schrieb Scrunchy: mit einem String ist da wenig zu wischen. 😂 nochmal danke. Link to comment Share on other sites More sharing options...
nowak Posted September 25 Share Posted September 25 vor 11 Minuten schrieb Quietscheente: Genau das habe ich vor vielen Jahren schon über Ortlieb-Fahrradtaschen gelesen und finde es nachvollziehbar: Die sind zwar aus PVC hergestellt, aber wenn ich die pfleglich behandle, können die 20 Jahre und mehr halten. Länger. Selbst wenn man sie nicht pfleglich behandelt, sondern einfach nur benutzt und dann wieder in eine Ecke stopft... Mein "Problem" mit Kunstfaser ist auch weniger "iieh Erdöl", sondern dass ich in den meisten Kunstfasern unangenehm schwitze. (Okay... an dem Microplastikproblem kommt man mit Kunstfaser nicht vorbei.) Wobei Viscose aus meiner Sicht auch nur eine eingeschränkt nützlich Faser ist. Wärmt nicht, kühlt nicht, nicht sonderlich schleißfest und erhöht den Verbrauch an Scheren und Maschinennadeln. Sieht teilweise gut aus... aber das war es dann schon. Ich nähe sie relativ wenig und wenn, dann meist, weil mir die Farbe/der Druck gefällt. Aber da könnte ich gut ohne leben. Aber statt auf Labels zu schielen, erst mal darüber nachzudenken, was man selber tatsächlich supporten will. Bei Lebensmitteln habe ich mich schon lange dafür entschieden, dass meine Auswahl-Reihenfolge erst Geschnmack, dann regional und dann ggf. bio ist. Und im Zweifelsfall lieber der reife konventionelle Apfel aus dem Rheinland als die Südamerikanische Bio-Mango. Und bei Klamotten und Gebrauchsgegenständen eben darüber nachdenken, was ich brauche oder mir wenigstens Freude bereitet und was den Zweck vermutlich am besten und längsten erfüllt. Und das eine oder andere dann eben nicht kaufen. Und bevor ich mir eine neue Handtasche kaufe, erst mal in das Fach mit den vorhandenen abtauchen. Und gucken, was noch da ist. (Inklusive der gelegentlichen Überraschung, dass die Kunstlederhandtasche von vor 25 Jahren jetzt außen klebrig geworden ist.... Da ist dann Leder einfach im Vorteil.) vor 34 Minuten schrieb PiNord: Ich staune immer, wie viele "Schlafshirts" genäht werden. Ich habe vor geschätzt 15 Jahren (da konnte ich noch nicht wirklich nähen) mal ein paar aus Modal-Jersey gekauft - die trage ich immer noch. So nach 15 bis 20 Jahren kommt Nachtwäsche dann bei mir allmählich in den "fällt auseinander" Zustand. Wobei ich eher Baumwolle habe. Aber auch Viscose macht dann irgendwann die Grätsche. Dann geht es nochmal mit auf Reise und landet vor der Rückfahrt im Müll. Daher nähe ich auch ab und an einen neuen Pyjama oder ein neues Nachthemd. Link to comment Share on other sites More sharing options...
Scrunchy Posted September 25 Author Share Posted September 25 Das mit „was man supporten will“ ist leider eine unangenehme Wahrheit die man lieber nicht so genau wissen will. Das G in ESG ist der am besten verdrängte Buchstabe. Man will lieber garnicht wissen, welcher Diktator ein bisschen mitverdient. Das würde konsequentes ESG natürlich transparent machen und das will kaum jemand. Link to comment Share on other sites More sharing options...
Carlista Posted September 25 Share Posted September 25 Noch ein Aspekt zur Nachhaltigkeit von selber nähen. In die Stadt fahren 3 Stunden herum laufen und nichts finden oder 10 Sachen bestellen und mit Ach und Krach gefallen/passen dann 2 und der Rest geht zurück. Transportweg??? Wenn ich selber nähe, dann passen die Sachen mir und zumindest die größeren Stoffreste werden dann irgendwann Unterwäsche. Das Paket, mit dem 2-3 Stoffe in Papier gewickelt zu mir geschickt werden, geht nicht Retour und ist kleiner als ein Paket, in dem 3 Klamotten schön einzeln in Plastik verpackt zu mir gelangen. Oder noch anders gedacht. Ein Container mit fertig genähten Klamotten jedes schön einzeln verpackt mit Plaste drum herum versus ein Container mit Stoffballen. Sicher ist jeder Ballen auch in Folie verpackt aber mit der Folie für ein Ballen könnten wahrscheinlich maximal 4 Teile eingepackt werden, wenn aber aus jedem Ballen mit ca 20 Meter drauf dann 10 bis 12 Teile genäht werden können, dann ist auch das ein nachhaltiger Beitrag für weniger Plaste. Von dem besseren Gefühl, weil ich mir lieber selber in die Finger piekse, als das 14-jährige 12 bis 16 Stunden schuften bei drückender Schwüle (ok Horrorszenario, muss nicht überall so schlimm sein), brauchen wir wohl glaube ich nicht zu reden. Greenwashing ist leider die Antwort der Industrie, um Leuten, die nach Alternativen suchen, die verpönten Ladenhüter doch noch anzudrehen. Oder warum steht auf Gelatinehaltigenen Naschkramtüten zum Anpreisen das Label ohne Fett? Weil irgendjemand erzählt hat, Fett ist böse und alle plötzlich fettfreies haben wollten und dementsprechend wurde das halt, wo es passt drauf geschrieben, warum auf Zuckerpackungen nicht der gleiche Aufdruck landete, lässt jetzt auch nicht mehr groß hoffen. Deshalb Danke für die 2Cent Aufklärung. Link to comment Share on other sites More sharing options...
EmiliaP Posted September 25 Share Posted September 25 (edited) Losgelöst von ihren oft angenehmen Trageeigenschaften ist das "natürliche" Image von Baumwolle wahrscheinlich das erfolgreichste Grünwäsche-Projekte der Textilbranche. Selbst welche, die nur geerntet und in der Wareneingangskontrolle eines weiterverarbeitenden Betriebes gelandet ist. Edited September 25 by EmiliaP Link to comment Share on other sites More sharing options...
Gypsy-Sun Posted September 25 Share Posted September 25 vor 41 Minuten schrieb Scrunchy: mit einem String ist da wenig zu wischen. Damit kann man Rillen ganz wunderbar polieren 😁. vor 52 Minuten schrieb PiNord: Ich staune immer, wie viele "Schlafshirts" genäht werden. Je mehr (Schlaf)bekleidung ich habe, desto seltener brauche ich zu waschen, die Maschine wird voll. Und im Sommer in den schwedischen Schären sind viele BW T-Shirts & U-Hosen auch vorteilhaft: Ich kann entspannt im vier Wochen Rhythmus waschen. Ich habe es aufgegeben, die Provenienz der von mir verarbeiteten Stoffe nachvollziehen zu wollen, @Scrunchy. Ich bin ein ums andere Mal mit meinen Fragen gescheitert. Ich trage also meine Kleidung auf, Baumwolle beendet ihr Leben zerschnitten als Lappen. Hat dann sowieso hervorragende Saugeigenschaften. Link to comment Share on other sites More sharing options...
Scrunchy Posted September 25 Author Share Posted September 25 Baumwolle ist als Werkstattlappen definitiv unschlagbar im Gegensatz zu dünner Mikrofaser. Link to comment Share on other sites More sharing options...
Capricorna Posted September 25 Share Posted September 25 Für viele Zwecke ist Kunstfaser schon extrem unschlagbar, da stimme ich zu. Aber an das Tragegefühl im Alltag von Kaschmir, Merino, Seide, Leinen etc. kommt auch die beste Kunstfaser für mich persönlich (noch?) nicht heran, finde ich persönlich. Und mit Hinblick auf die Natur, die wir hinterlassen, wären mir nachwachsende und verrottende Stoffe sehr viel lieber als eine Kunstfaser aus dem endlichen Erdöl, das auf Umwegen (Wasser, Meere, Fische etc.) bereits schon in uns Menschen landet und dann wer weiß was anrichtet. Dogmatisch bin ich da aber (leider?) auch nicht. De facto kaufe ich auch mal dieses, mal jenes, je nach Anwendungszweck. Bei Temu, Shein und Konsorten werde ich in diesem Leben aber ganz sicher nichts kaufen… Link to comment Share on other sites More sharing options...
nowak Posted September 25 Share Posted September 25 vor 3 Stunden schrieb Carlista: Ein Container mit fertig genähten Klamotten jedes schön einzeln verpackt mit Plaste drum Ne, nicht mal für Luxusklamotten. Das Zeug wird kompakt im Container verpackt, in Deutschland (für hochwertige Konfektion) oder in der Nähe (wenn der Transport billiger als die Arbeitskosten sind) ausgepackt und dort aufgebügelt. Da sind Firmen drauf spezialisiert. Je nach Preisniveau kommt es dann auf Bügel und so in den Laden oder eben etwas weniger kompakt gefaltet, so dass es im Regal noch ansehnlich ist. vor 3 Stunden schrieb Scrunchy: Das mit „was man supporten will“ ist leider eine unangenehme Wahrheit die man lieber nicht so genau wissen will. Ich finde es hilft, wenn man keine Perfektionsansprüche an sich hat. Baumwolle ist aufgrund des hohen Wasserbedarfs eigentlich nur in sehr wenigen Weltgegenden sinnvoll anzubauen. Inwieweit aber die Wasserreserven ggf. einer großen Region übermäßig verbraucht und dadurch Natur zerstört wird (ggf. auch je nach Wasserquelle 200 km Flussabwärts) wird in den Labels gar nicht berücksichtigt. Ist teilweise auch schwierig. Genügsame Faserpflanzen wären Leinen und Hanf. Faserhanf in Deutschland ist ja trotz Cannabislegalisierung schwierig. Leinen ist teuer, weil zwar die Pflanze genügsam ist, sie sich aber sträubt, ihre Faser herzugeben. Für viele Menschen auch im wohlhabenden Europa/Deutschland hieße das zumindest, sehr, sehr wenig Kleidung zu haben. Und wenn es warm sein soll, wäre die lokale Faser Schafwolle. Aber nicht vom Hochleistungsmerino-Schaf sondern von genügsameren Rassen, die dann aber keine so weiche Wolle haben. Und keine so langen Fasern, so dass sie sich industriell nicht so gut spinnen lassen. Kunstfaser kann ich in der Herstellung gut kontrollieren, kann, wenn ich will, auch bei der Herstellung die Umwelt vor austretenden Chemikalien schützen. Was ich allerdings gar nicht vermeiden kann ist der Abrieb an Mikroplastik, der die Umwelt sehr, sehr lange nicht mehr verlassen werden, die wir stattdessen auch in unserem Körper sammeln. Fazit ist für mich, dass man sich zum einen selber informieren muss, dass man nicht einfach sagen kann "das Label, alle toll" und dann entscheiden. Ich benutze auch Kunstfaser, vor allem für Funktionsfasern beim Sport, für Regenjacken... was ich künftig weitgehend meiden will, ist Fleece, das soll künftig lieber Wollwalk werden. (Man muss sagen, ich nähe da nicht alle Nase lang was neues, meine zwei Fleecejacken sind beide knapp 20 Jahre alt. Und eigentlich noch gut. Bisschen große, vielleicht.) Oder Baumwollfleece. Wenn ich etwa als Mischgewebe mit Kunstfaser oder Elasthan bekomme, wo ich es eigentlich von den Fasereigenschaften nicht bräuchte... na gut, dann darf es auch mal sein. Also nicht dogmatisch. Ich habe vor zwei Jahren auch einen Quilt mit Polyfleece fertig genäht, nachdem ich 10 Jahre lang keine passende Farbe und Menge in BW-Fleece bekam. Ich habe meine Prioritäten, aber ich bin nicht dogmatisch. Und ich erwarten von mir nicht, immer und ununterbrochen die perfekte Entscheidung für alles zu treffen. Ich versuche, mich informiert zu halten, vielleicht ändert sich die Erkenntnislage und dann auch meine Entscheidungen. Aber informieren... wenn ich aus meiner Sicht sinnvoll handeln will, muss ICH mich selber informieren. Auf dem Silbertablett gibt's das halt nicht. Und die Klamotten lange tragen. Die meisten Sachen von mir gehen weg, wenn sie kaputt sind und mehr oder weniger auseinanderfallen. (Ich repariere und flicke. Wenn die Sachen damit durch sind, dann sind sie durch. Meistens rentiert es sich nicht mal mehr als Lappen. Wobei ich noch Lappen von vor zehn Jahren habe... ich habe keinen Hund, keine Werkstatt... ich brauche einfach nicht so viel.) Am wenigsten nachhaltig sind ja die Klamotten für Hochzeiten und so, selbst wenn sie aus Naturfaser sind. Die habe ich meistens nur einmal an. Und da sie passgenau für mich genäht sind, kann ich sie auch nicht weiterverkaufen, das passt keinem. Link to comment Share on other sites More sharing options...
Luthien Posted September 26 Share Posted September 26 @nowak Sag, das nicht😉 😁 Ich hatte mein Hochzeitskostüm auch bei meiner Silberhochzeit an und zwischendurch auch mal bei der einen oder anderen festlichen Gelegenheit. Nur die Strumpfhose hat nicht so lange überlebt. Ansonsten lege ich großen Wert auf Naturfasern oder als Chemiefaser maximal noch Viskose. Nicht nur wegen des Modewortes "Nachhaltigkeit" (was meist eh etwas falsch benutzt wird😉), sondern auch wegen der Trageeigenschaften und weil ich von Polyesteranteilen oder Vollplastik in Kleidung Ausschlag bekomme. Auch auf Silikon (egal ob als Feststoff in Kleidung oder flüssig in Kosmetik) reagiere ich sofort mit Hautausschlag. Ein Baumwollstoff verrottet wenigstens irgendwann mal und bleibt nicht als Mikroplastik quasi ewig in der Natur. Selbst wenn der Wasserverbrauch beim Anbau hoch ist, sind die langfristigen Folgen hoffentlich etwas geringer. Was ich schon denke, dass wir beim Thema färben etwas tun müssen. Wenn es denn nötig wäre, wäre ich schweren Herzens auch bereit, nicht mehr meine Lieblingsknallfarben zu tragen sondern ungefärbte Kleidung. Den Bereich der Textilindustrie finde ich sehr undurchsichtig. Da lässt sich kaum einer in die Karten schauen. Link to comment Share on other sites More sharing options...
Scrunchy Posted September 26 Author Share Posted September 26 Aus ESG-Sicht ist die Textilindustrie leider in guter (bzw. schlechter) Gesellschaft. Link to comment Share on other sites More sharing options...
knittingwoman Posted September 26 Share Posted September 26 (edited) vor 1 Stunde schrieb Luthien: Wenn es denn nötig wäre, wäre ich schweren Herzens auch bereit, nicht mehr meine Lieblingsknallfarben zu tragen sondern ungefärbte Kleidung. Edited September 26 by knittingwoman Link to comment Share on other sites More sharing options...
knittingwoman Posted September 26 Share Posted September 26 siehe oben. Das habe ich vor 10 Jahren getestet und einge Kleidungsstücke aus einfachem Nessel genäht. Auffällige Schnittmuster gewählt. Bis die beste Freundin mich gefragt hat, ob ich weiter wie im Totenhemd rumlaufen will. Die Kleidungsstücke hat sie zu Lavendelsäckchen verarbeitet. Link to comment Share on other sites More sharing options...
EmiliaP Posted September 26 Share Posted September 26 (edited) Der Wasserverbrauch von Baumwolle und die Idiotie, sie überwiegend dort anzubauen, wo natürlicherweise zu wenig Niederschlag fällt, ist das eine. Der hohe Bedarf an Kunstdünger, Herbiziden, Insektiziden, Fungiziden, Entlaubungsmitteln ist das andere. Das wird jedoch weit weniger öffentlich beleuchtet und dürfte somit auch weniger bekannt sein. Der hohe Energiebedarf für die Produktion von Kunstdünger ist bekannt, der aufs Kilogramm gerechnet teilweise vielfach höhere von Pestiziden weniger. Und das ist nur die Bilanz der gepflückten Baumwolle vor dem ersten Verarbeitungsschritt. Edited September 26 by EmiliaP Link to comment Share on other sites More sharing options...
Scrunchy Posted September 26 Author Share Posted September 26 Um genau zu sein vor dem Pflücken. Wie erfolgt das? Manuell? Sicherlich unter besten Bedingungen, richtig? Oder maschinell? Das geht, nur kommen die Pflückmaschinen nicht mit den Blättern klar, deshalb müssen die vor der Ernte entfernt werden. Also fliegt zwei Tage vor der Ernte ein Flugzeug über die Plantage und sprüht etwas, was garantiert nur aus gesegnetem Weihwasser besteht. Zwei Tage später habe die Baumwollpflanzen freiwillig alle Blätter abgeworfen. Zufälle gibts. Link to comment Share on other sites More sharing options...
Scrunchy Posted September 26 Author Share Posted September 26 (edited) Wer sich dafür interessiert, hier https://www.proplanta.de/Baumwolle/Pflanzenschutz-Pflanzenbauliche-Basisinformationen-Baumwolle_Pflanze1171633468.html ein bisschen Hintergrund, auch dazu welches Weihwasser die Pflanzen auf die maschinelle Pflückung vorbereitet. Man sieht schnell, dass es alleine bis zur Ernte der Baumwolle eine aberwitzige Komplexität bedeutet, den ESG-Footprint von Faser-Ausgangsmaterial zu bestimmen. Und dann ist noch nicht zu Fasern verarbeitet, in Stoff verwebt/verstrickt, zu Textilien verarbeitet, transportiert, verkauft, retourniert, entsorgt. Edited September 26 by Scrunchy Link to comment Share on other sites More sharing options...
PiNord Posted September 26 Share Posted September 26 ... genau, und dann daraus Primark- oder KiK-T-Shirts für 5 € zu machen, die vor oder nach dem ersten Waschen weggeschmissen werden, ist schlicht und einfach Sünde! Link to comment Share on other sites More sharing options...
Luthien Posted September 26 Share Posted September 26 (edited) @PiNord Das kann ich nur unterschreiben! Es ist sowieso absolut pervers, dass Kleidung heute quasi ein Wegschmeißprodukt ist. Wenn man schon Rohstoffe verbraucht, soll man sie auch entsprechend lange nutzen. Das gilt für jeden Stoff. Leider sind Nichtnäher der Textilindustrie mit ihren oft minderwertigen Produkten ausgeliefert. Ich bin so froh, dass ich für mich fast Alles selbst nähen kann und für meinen Mann immer mehr. Dann gibt es halt nur soviel neu, wie ich in der entsprechenden Zeit produzieren kann, nicht die durchschnittlich 60 Oberbekleidungsteile der Durchschnittsdeutschen. P.S.: Und ich bilde mir ein, dass ich ein klein wenig den Müllberg rediziere, wenn ich Kollektionsüberhänge kaufe, was ich aus eigennützigen Gründen wahnsinnig gern mache😉 Ob das stimmt, weiß ich allerdings nicht. Edited September 26 by Luthien Link to comment Share on other sites More sharing options...
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