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Quiltweaves: Baumwolle aus Indien - Artikel


nowak

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Als Hobbynäherinnen verabeiten wir ja ständig Material, von dem wir nicht wissen, wo es her kommt. Manchmal steht ein Markenname drauf, aber der eigentliche Hersteller ist das nicht. Und deswegen bin ich auf der h&h auch immer sehr neugierig, wer da noch mit netten Sachen herumsitzt und steht und was die so haben. Viele der Hersteller kommen aus Asien, sind sehr freundlich und wenn mir jemand eine Tüte mit Material in die Hand drückt, dann nehme ich die gerne mit und spiele damit.

 

Und stelle euch die Sachen dann auch vor.

 

Eine dieser Firmen ist Quiltweaves aus Mumbai in Indien. Wie nicht selten bei solchen Firmen (die sich nicht an Endkunden wenden) gibt es eine Homepage, auf der man dann eben... Kontakt aufnehmen kann. Als Großhändler.

 

Was meinen Blick damals auf den Stand gelenkt hatte war erst mal ein Regenbogen von Garnen. Handstickgarne in scheinbar unendlichen Farbabstufungen, auch welche mit Farbverläufen. Mein zweiter Blick fiel dann aber auf die Stoffe. Bunt bedruckt, typische Quiltstoffe, und auch bei näherem Hinsehen sauber gedruckt, ordentlicher, dicht gewebter Stoff. Aber nicht unangenehm steif. Da ich ja nicht so die Patchworkerin bin.... ich hätte den Stoff sofort auch für Kleidung verwendet.

 

Was als "Patchworkstoff" verkauft wird, kann ja sehr unterschiedlich sein, von relativ grob gewebt (und eher durch den Farbautrag zusammengehalten) bis zu dichten und mit detailreichen Mustern bedruckten Stoffen, die dadurch im Griff aber schon etwas steif werden. Die Stoffe, die ich da sah, hatten eine glatte und dicht gewebte Oberfläche, so dass die Drucke saubere Konturen hatten, gleichzeitig weich genug, um auch gut für Kleidung verwendbar zu sein.

 

Und irgendwie hatte ich schnell eine Tüte mit Stoffproben, einer kleinen Packung Baumwollnähgarn und etlichen Docken Sticktwist in der Hand.

 

Handsticken ist ja wirklich nicht meine Hauptdomäne, aber es gibt zwei Sorten Stickgarn, ein billigeres, ein teureres ("Bloom" und "Tulip Star"). Den Unterschied erkennt man tatsächlich mit dem bloßen Auge, das teurere ist aus längeren Fasern und das sieht man. Ich habe mit beiden ein bißchen rumprobiert und Gesichter und Details auf Stoffkreaturen gestickt, verarbeiten ließ sich auch das billige gut. Soweit ich das beurteilen kann. Siehe oben... nicht so mein Fach. Aber die Farbauswahl ist toll.

 

Den Stoff hingegen habe ich genauer unter die Lupe genommen.

 

Stoff nach Waschtest
Nach dem Waschen: 2mm Schrumpf auf 10 cm in der Länge
Bild: nowak

Beziehungsweise erst mal einem Waschtest unterzogen.

 

Da ich einen "Vergleichswert" haben wollte, habe ich natürlich die Stücke nicht komplett in die Wäsche geworfen, sondern mit der Zackenschere zwei Quadrate abgeschnitten, auf diese Quadrate habe ich je ein Quadrat mit genau 10cm Kantenlänge mit der Nähmaschine genäht und dann ging das im Wäschesack in die nächste helle 40°C Wäsche. Grün auf weiß, wenn so was ausblutet ist das extrem ärgerlich.

 

Raus kam der Stoff sowohl in der Farbe als auch vom Griff her unverändert. Sehr erfreulich. Meine abgenähten Quadrate dienen mir dann zum Messen. In der Breite ist der Stoff gar nicht eingegangen, in der Länge 2mm auf 10cm. Für einen Baumwollstoff völlig im Rahmen und spricht dafür, dass der Stoff nicht mit irgendwelchen Appreturen oder anderweitig eingelagerter Chemie "aufgehübscht" wurde, sondern das hält, was er auf den ersten Blick versprochen hat.

 

Nähtest
Nähtest bestanden.
Bild: Nowak

Als nächstes habe ich mir den Nähfaden vorgenommen. Etwas dicker als mein gewohntes Alterfil, aber da ich 120er benutze, ist das zu erwarten. Laut beiliegender Information handelt es sich um 100 Prozent merzerisierte Baumwolle in Stärke 60/3. Also aus drei Fäden gezwirnt und entspricht etwa einem normalen Allesnäher. (Und für Großhändler gibt es beeindruckende 615 verschiedene Farben.)

 

Das Nähgarn hat auch den typisch leichten Glanz merzerisierter Baumwolle, fühlt sich glatt an und sieht mit dem bloßen Auge auch so aus. (Mit der Lupe findet man immer Fusseln, das ist normal.) Es lässt sich mit den Fingern reißen, aber nicht übermäßig leicht. Also... was von einem Baumwollnähgarn auch zu erwarten ist.

 

Für Nähgarn habe ich ja meinen "bewährten" Parcours auf der Nähmaschine, Steppstich, Zickzackstich, offene und geschlossene Zierstiche... ohne etwas zu verstellen und auch bei Vollgas läuft es gut durch, kein Fadenriss, ordentliches Stichbild von beiden Seiten. Für Zierstiche auf Satinstich-Basis ein sehr schönes Garn, stelle ich fest. Schöner Glanz, bei natürlicher Optik. :super:

 

Jetzt ist es aber ein Patchworkstoff... da sollte ich doch noch ein kleines Projekt ausprobieren, oder?

 

Glasuntersetzer
Das Praxisprojekt: ein Glasuntersetzer
Bild: nowak

Grün passt jetzt bei mir nirgenwo so richtig hin, aber im Büro stehen die Mineralwasserflaschen immer im Kühlschrank und wenn man die auf den Tisch stellt, hat man schnell eine lästige Pfütze aus Kondenswasser. Und wehe, man legt dann noch Papier drauf...

 

Also habe ich einen Flaschen- oder Glasuntersetzter fürs Büro improvisiert. Wie man sieht ein einfaches Log Cabinmuster mit den beiden Stoffen, das Vlies ein "keine Ahnung, aber liegt da noch rum" und die Kanten dann aus Faulheit mit graden Stoffstreifen eingefasst.

 

Genäht natürlich mit dem zugehörigen Baumwollgarn, inzwischen auf dem Einhorn. (Den anderen Test habe ich schon vor zwei Jahren oder so gemacht... ja, kann immer etwas dauern.) Und weil das ja so breite Zierstiche zum Quilten hat, habe ich da einen ausprobiert. - Sowohl die Konstruktionsnähte als auch den Zierstich (bei Vollgas und nicht grade engelegt, daher nicht ganz grade....) hat das Nähgarn sehr gut gemeistert.

 

Tja... jetzt weiß ich, dass es in Indien einen Hersteller gibt, der schöne Baumwolle verarbeitet, zu Stoffen und zu Nähgarn.

 

Nur.. wie kommt man als Endverbraucher da dran? Und gibt es das Material überhaupt in Europa? (Die h&h ist ja eine intrnationale Messe und nicht alles was dort gehandelt wird, ist für den deutschen Markt.)

 

Bei Herstellern, die nicht unter dem eigenen Namen vermarkten, finden wir die Sachen zwar oft, aber wir wissen dann gar nicht, wo sie herkommen. Jetzt gibt es in Indien Quitlshops, die Stoffe von Quiltweaves auch unter dem Namen verkaufen. Auch mit Webshops in englischer Sprache. Ob die auch nach Deutschland verschicken, habe ich nicht versucht rauszufinden. Der Weg dürfte aber sich etwas für Menschen mit einer guten Portion Geduld und Vertrauen sein. Denn die Kreditkarte wird erst mal belastet, die Sendung lässt dann aber auf sich warten. (Da ich Freunde in Indien habe... sechs Wochen, acht Wochen... oder irgendwann mal später.) Auch wo das nächste Zollamt liegt, sollte man schon mal in Erfahrung bringen und zum Porto auch noch Einfuhrumsatzsteuer und ggf. Zoll dazu kalkulieren. (Falls das aber jemand ausprobieren will.... den  Erfahrungsbericht hören wir hier dann gerne.)

 

Geht das auch näher? Gibt es Abnehmer in Europa? Ja, gibt es. Meine Suche führte mich zu "The Craft Cotton Company" aus Manchester. Die lassen (unter anderem) Stoffe und Designs bei Quiltweaves herstellen, übernehmen auch einen Teil der Quiltweaves Designs in ihre Collection. Auch das Nähgarn von Quiltweaves vertreibt man unter seinem eigenen Markennamen.

 

Die Marke findet man dann auch in britischen Onlineshops (die für uns natürlich komplizierter geworden sind), aber ich habe auch deutsche Webshops gefunden. (Denn auch The Craft Cotton Company verkauft nicht direkt an Endkunden.)

 

Und falls einer von den gewerblich tätigen Forenmitgliedern hier jetzt auch etwas neugierig geworden ist (und nicht direkt in Indien einkaufen will), die Stoffe von The Craft Cotton Company vertreibt für Deutschland Steidl & Becker. (Ja, auch nicht an Endkunden.)

 

Gibt es ein Fazit aus diesem Artikel, außer dass ich euch was gezeigt habe, was ihr so direkt nicht kaufen könnt? (Und ich auch nicht.) Vielleicht, dass man sich auch bei Patchworkstoffen von seinem eigenen Urteil leiten lassen darf und es gute Stoffe gibt, auch wenn sie nicht das Label einer bekannten (amerikanischen) Marke tragen. ;)

 

Und wer weiß, vielleicht taucht Quiltweaves auch mal als eigene Marke für Endkunden bei uns auf. :classic_smile: Verdient haben es die Produkte, gekauft zu werden.

 

 


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  • nowak

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  • Ulrike1969

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Danke für deinen Bericht!

 

Craft Cotton habe ich tatsächlich über Steidl & Becker als Händlerin bezogen und gut im Laden verkauft.

 

Was nicht nur  an dem schönen Sortiment an einzeln kaufbaren Fat Quarter Packs lag. 

 

Da gibts sonst kaum (Groß) händler, bei den klassischen Patchworkstoffen muss man viel größere Mengen nehmen. 

 

 

 

 

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Möglicherweise würde sich für Händler dann sogar der Direktimport aus Indien lohnen.

 

(Vielleicht sollten kleine Patchworkgeschäfte für so was einfach  mal eine Genossenschaft gründen, zum gemeinsamen Einkauf.)

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Ich hatte mal mit einen indischen Firma Kontakt, die handgewebte Stoffe aus Bio-Baumwolle vertreiben..... aber für mich alleine war der Auftragswert zu hoch und das Material dann doch etwas speziell. 

 

(Mein Online Shop war noch nicht fertig, ich denke wenn man online verkauft, ist das Volumen ganz anders)

 

Mal schauen, der Kontakt besteht noch 😉

 

LG Ulrike 

 

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1 hour ago, Ulrike1969 said:

ich denke wenn man online verkauft, ist das Volumen ganz anders)

 

Bei der Anzahl der Online-Shops die es inzwischen gibt, bezweifle ich, dass die alle Riesenumsätze haben....

Wenn man eine gute Nische findet, dann kann man vermutlich da immer noch was sinnvolles aufbauen und hat dann auch pro Stoff die entsprechenden Mengen, bei im Ganzen vielleicht kleineren Angebot.

 

Wobei gerade für Geschäfte, die vor allem vor Ort arbeiten, es sinnvoll wäre, sich zu einer Einkaufsgemeinschaft zusammen zu schließen. Wenn die weit genug auseinander liegen, um sich vom Angebot her nicht gegenseitig in die Quere zu kommen.

 

Aber Biobaumwolle ist nach wie vor eh speziell...

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