
Stiftung Warentest hat im November 2024 einen neuen Test veröffentlicht und zwar zu folgenden
Nähmaschinen:
- Brother innov-is A65
- Husqvarna Viking Opal 670
- W6 Wertarbeit N3300
- Bernina 335
- Juki HZL-H353 ZR
- Gritzner Tipmatic 6152 DFT
- Janome 1522 BL
- Veritas Rubina
- Carina SNM 33 C1
- Pfaff Smarter By Pfaff 140S
- Singer Heavy Duty 4423
und
Overlock:
- Baby Lock Enspire
- Brother Airflow 3000
Es werden folgende Angaben zum Testaufbau gemacht:
- Nähen 45%
- Handhabung 45%
- Haltbarkeit 10%
- Sicherheit 0%
- Abwertungen in verschiedenen Stufen bei wahrgenommenen Mängeln
Die Methodik für die einzelnen Bereich sind zusammengefasst:
- Nähen wurde getestet durch "drei geübte Hobbyschneiderinnen" mit Markengarn und geeigneten Nadeln auf verschiedenen Stoffen. Dabei wurde das Nähen wohl nach weichen Kriterien bewertet. So prüften sie auf Verschiebungen des Nähgutes und ansonsten bleibt es in der Beschreibung zu dem Punkt reichlich schwammig.
- Handhabung testete eine nicht näher genannte Expertin ob die beiliegende Anleitung vollständig sei, fünf unterschiedlich erfahrene Hobbyschneiderinnen bewerten dann die Anleitung nach verschiedenen Kriterien wie Verständlichkeit und Handlichkeit und bewerten zusätzlich technische Eigenschaften.
- Haltbarkeit ist ein Belastungstest über 50 Stunden dreilagig Jeans ohne Faden nähen, eine Bewertung des Vergleichs der Nähergebnisse vorher/nachher und eine Betrachtung der Verarbeitung über unter anderem Oberflächen und Spaltmasse.
- Sicherheit betrachtet Erwärmung, Ableitstrom und Verletzungsgefahr.
- Abwertungen ist eine Art Regelung für die Urteilsvergabe bei Auftreten von schlechten Ergebnissen in bestimmten Bereichen.
So weit das Setup für den Test.
Kommentar:
Tests zu Nähmaschinen sind immer kompliziert, weil man sich entweder auf harte physikalische Fakten beschränken muß oder eine Menge individuelle Betrachtungen mit einbezieht. Die physikalischen Fakten lassen sich eigentlich nur in mechanischen Toleranzen und Konstruktionsmerkmalen vergleichen. Diese Konstruktionsmerkmale machen es aber dann direkt schon wieder schwierig, weil sie beeindruckende Unterschiede im Endergebnis zeigen können. So sind z.B. Bruchteile von Millimetern, die ein Transporteur höher oder früher kommt oder länger oben ist ggf. der Unterschied zwischen näht toll und wirft man am besten weg. Dasselbe gilt auch für die gerne gering geschätzte Anzugsfeder, aber auch für alle Wege und Bewegungen, die in der Maschine notwendig sind, damit sie überhaupt näht. Nun kann man auf den Gedanken kommen, daß man das ja alles ausmessen und dann objektiv vergleichen kann. Nur hängt halt alles in der Maschine miteinander zusammen und nur weil zum Beispiel der eine Transporteur in der einen Maschine diese eine Eigenschaft hat, heißt das leider noch lange nicht, daß dies auch für den anderen Transporteur in der anderen Maschine gelten muß.
Kurz gesagt - es wird immer irgendwie schwammig, wenn man Nähmaschinen vergleicht.
Ist der eine nun sehr erfreut, weil er einfach alles glaubt, was so geschrieben wird, ist der der Fragen stellt meist ein Stück skeptischer und wird dann unsicher, wenn er keine Antworten bekommt, die ihn zufrieden stellen. Dafür ist er aber auch nicht so leicht zu manipulieren.
Liest man den Test durch, findet man dementsprechend einige blumige Bemerkungen, die Fragen aufwerfen:
Seite 72 - erste Seite des Testberichts:
Es begrüßen uns zwei Bilder. Auf einem ist unter einem Nähmaschinenfüßchen ein unbestimmte Menge an Stofflagen mit dem Kommentar "nähte acht Lagen Mantelstoff". Nur was den Mantelstoff definiert, findet sich natürlich nicht. Wie dick ist er, wie ist er beschaffen, wie gewebt, was wiegt er, was ist das Grundmaterial?
Daneben sind zwei Bilder von Knopflöchern. Das linke ist ebenmäßiger als das rechte, allerdings sehen auch die Stoffe leicht unterschiedlich aus, was aber auch eine optische Täuschung sein kann. Was für ein Material ist das, wieviele Lagen wurden zusammengelegt, gab es Stabilisierungen?
Im Fließtext steht zu Overlockmaschinen, sie "erfordern einiges an Übung". Da fürchtet sich der Laie und staunt der Fachmann. Welche Übung denn bitte genau? Einfädeln? Bei zwei getesteten Produkten mit Drucklufteinfädelung für die Greifer und Einfädelhilfen für die Nadeln? Was man einiges üben sollte, bleibt weiterhin im Dunkel. Die Einfädelung kann es nicht sein, da selbst Einschulungen auf Jahrzehnte alten Bernina Overlockern ganz selten mehr als 40 Minuten brauchten.
In einem Abschnitt rechts unten werden die Testsieger beschrieben von denen man "besonders angetan" war und man mit diesen "rundum guten" Maschinen "tendenziell ... leichter als mit den anderen" arbeiten konnte. Im Zusammenhang damit wird ein Display zur Einstellung der Stichlänge, -breite und -typ erwähnt. Sicherlich ist da komfortabel - nur auf die Nahtqualität und das Transportverhalten - also das was das eigentliche Ergebnis beim Nähen ausmacht, hat das herzlich wenig, um nicht zu sagen Keine Auswirkungen. Welche anderen Faktoren, sorgen für das Leichte mit diesen Maschinen?
Seite 73 - zweite Seite des Testberichts:
In medias res geht es zur Sache und vier Maschinen schwächeln oder haben Probleme damit "Quernähte von Jeans" zu übernähen. Lustigerweise ist eine von den vier Maschinen eine Konstruktion aus den 70er/80ern des letzten Jahrhunderts, deren herausragendes Produktmerkmal in der Werbung des Herstellers das überragende Transportverhalten unter anderem bei Quernähten in Jeans war, dem IDT sei Dank und der Durchstichskraftverstärkung durch den besonderen Anlasser. Wie mag also wohl der Jeansstoff, die Quernaht, die Vorbereitungen und die Handhabung ausgesehen haben?
Als nächstes wird bei einer CB-Maschine bemängelt, daß nach 50 Stunden Dauerlauf ohne Faden das Stichbild deutlich schlechter ist. Schaut man hier auf die Grundlagen der Nähmaschinentechnik und -benutzung im Haushalt, dann nähte eine Nähmaschine im Durchschnitt ca. 20 Minuten pro Jahr. Lassen wir es heute mehr sein, aber es sind niemals 50 Stunden am Stück. Laut einer weiteren Beschreibung wurden bei dem Dauertest Pausen und Pflegeintervalle eingehalten. CB Maschinen benötigen übrigens Öl. Viel Öl, wenn sie solche Dauerläufe machen sollen. Die ebenfalls getestete Bernina hat auch einen CB Greifer, der aber eine deutlich geringere Reibungsfläche hat und aus hochwertigeren Materialien sein dürfte. Bleibt wieder eine Frage: Welche Pflegeintervalle und wieviele Pausen waren das bei welcher Maschine?
Eine Beule am Kopf oder Splitter im Mund bekommt man von der Aussage - "Bei einigen Modellen verschlechterte sich das Nahtbild etwas, wenn sich der Unterfaden auf der Spule dem Ende neigte". Um einmal den großen Emotionsdarsteller Louis de Funes zu zitieren: "NEIN. DOCH. OOOOOOOOOHHHH.
Der Anfang des Unterfadens muß beim Aufspulen irgendwie auf den Kern der Spule gewickelt werden. Es ist dabei egal, ob man den Faden dafür erst durch ein Loch fädelt oder im Nachhinein nach einigen Umwicklungen irgendwo festklemmt. So oder so wird eine dieser Anfang und damit das spätere Ende über eine gewisse Strecke fester und unregelmäßiger auf die Spule gewickelt und das sieht man manchmal im Stichbild oder wie es hier heißt Nahtbild. Wann einen das wo bei welcher Maschine erwischt ist unerheblich, weil es für alle Doppelsteppstichmaschinen zutrifft und zur Physik einer Nähmaschine gehört.
Seite 74 - dritte Seite des Testberichts:
Wir lesen "Die Naht sollte geradlinig und dicht am Reißverschluß verlaufen". Welcher Reißverschluß denn bitte und wo? Ein nahtverdeckter Reißverschluß ist da sicherlich eine andere Herausforderung als ein dicker Metallreißverschluß in einer Allerweltsjacke. Dabei muß man im Hinterkopf haben, daß ein nahtverdeckter Reißverschluß ohne passenden Spezialfuß nur schwer perfekt einzunähen ist. Wenn es einem denn überhaupt gelingt.
In der Mitte des Fließtextes finden wir die Anmerkung "...ihr Greifer blockiert, wenn man versehentlich ohne Stoff mit angehobenem Nähfuß auf den Anlasser tritt".
... ... ... Abgang Louis de Funes nach rechts. Gram gebeugt. Verzweifelt. Leise weinend.
Sicherlich ist das so und sicherlich ist das ein Problem, wenn es einem passiert, nur ist es völlig egal, welche Doppelsteppstichmaschine man als Testobjekt dafür verwendet - wenn man Pech hat passiert es halt einfach. Es ist dabei egal, ob wir einen CB oder Doppelumlaufgreifer haben und ob dieser horizontal oder vertikal konstruiert wurde. Lediglich ein paar alte Brillengreifer bei Adler, Husqvarna und vermutet irgendeine alte Dürkopp sind da etwas widerstandsfähiger.
Also -> Niemals bei keiner Nähmaschine auf den Anlasser treten, wenn sie eingefädelt ist und der Fuß oben steht!
(Man darf sich hier an der Stelle hier übrigens ein Eselsohr in den Monitor knicken, denn auf den Punkt mit dem versehentlich loslaufen lassen und der Anlasser ist kaputt kommen wir noch zurück.)
Damit kommen wir direkt zu den Overlock Nähmaschinen im letzten Absatz des Tests und erinnern uns das erste mal an das Eselsohr im Monitor. Hier wird bei einer Overlock bemängelt, daß sie auch bei geöffneter Klappe näht und man sich dabei verletzen könnte, wenn man die Finger dabei zufällig in der Maschine hat. Deshalb wird sie dann abgewertet.
Es wird nicht erwähnt, daß die Maschine blockiert wird, sobald man die Einfädelung der Untergreifer betätigt. Also das was man direkt nach öffnen der Klappe macht. Vor allem muß man dafür noch nicht einmal die zweite Klappe öffnen, die erst den Zugriff in die eigentliche Mechanik gibt.
Wertet man nun an dieser Stelle eine Maschine ab, dann fragt man sich natürlich, warum werden nicht alle Nähmaschinen abgewertet, die einfach loslaufen, wenn man zufällig auf den Anlasser tritt? Man könnte ja zufällig die Finger in der Nähe der Nadel oder des Greifers haben?
Seite 75 - vierte Seite des Testberichts:
Hier findet man in einem Kasten "Tipps für den Einstieg - Was Ihre erste Nähmaschine können sollte"
Daran gibt es eigentlich nichts auszusetzen, es fehlt lediglich der Hinweis auf eine Verstellmöglichkeit des Füßchendrucks, weil man ansonsten mehr Grundwissen braucht, um diverse Klippen beim Nähen dann umschiffen zu können. Ein Beispiel dazu findet sich auf Seite 74 unten in dem Bild einer Nähprobe eines simulierten Overlockstiches in gewelltem Jersey.
Klar, ohne Füßchendruckverstellmöglichkeit und ohne adäquate und notwendige Vorbereitung des Nähgutes, sieht das dann so aus und das ist völlig normal. Welche Vorbereitungsmaßnahmen wurden zum Jersey nähen eingehalten?
Seite 76 - fünfte Seite des Testberichts:
Hier kommen jetzt die Auswertungen und die übliche Tabelle. Der Testsieger macht aus irgendwelchen Gründen nur mittelmäßige Knopflöcher. Warum wird nirgendwo geklärt. Alle die immer noch auf das Eselsohr im Monitor starren, sehen bei drei Modellen die Anmerkung mit der Blockade bei angehobenem Nähfuß und dürfen vermuten, daß der Test tatsächlich so aussah, daß man einfach probiert hat, ob die Maschine bei dem Setup blockiert oder nicht. Das man dabei nur Glück hatte und man vermutlich einfach nicht verstanden hatte, was da passiert, ist ausgesprochen schade. Was nun die letzte Frage eröffnet: Was hat sich wer dabei gedacht dies so zu testen?
Den Test der Stiftung Warentest findet man hier:
https://www.test.de/Naehmaschinen-im-Test-5100761-0/
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