Zum Inhalt springen

Partner

MINERVA TYP 'A' & 'C' - Ein Vergleich


merrit

Empfohlene Beiträge

MINERVA TYP 'A' & 'C' - Ein Vergleich

 

Die Marke "Minerva" wurde 1881 in Wien als "Minerva, Nähmaschinenfabrik" von Emil Rezler und Josef Kom gegründetet. *)

 

Die beiden Maschinen sind mit den Typenbezeichnungen "A" und "C" , bezeichnet.

 

Es ist aber wohl nicht die erste Typenreihe dieser Firma.

Die beiden vorgestellten Modellen sind nämlich Lizenzbauten (oder Kopien) der Wheeler und Wilson No. 9 (als Minerva 'A') und Wheeler und Wilson No. 12 (als Minerva 'C' ). Wie aus der gemeinsamen Betriebsanleitung für 'B' und 'C' ersichtlich, war Typ 'B' eine Kurz- (oder Normal-) Arm Version des Modell 'C'. **)

Beide genannten Wheeler & Wilson Typen sind nicht vor 1887 am Markt erschienen, und auch der bei beiden Maschinen angewendete umklappbare Garnrollenhalter wurde erst 1887 von Mitarbeiter James Fletcher bei Wheeler & Wilson entwickelt und 1890 patentiert. ***).

Die Phoenix 'D' (Hersteller Baer & Rempel) ab 1888, die in der Literatur vielfach als Parallelentwicklung zur W&W No.9 angesprochen wird hatte noch keinen umklappbaren Spulenhalter, spätere Modelle aber schon. ****)

 

Bei oberflächlicher Betrachtung sehen die Maschinen - bis auf die Größe - sehr ähnlich aus.

Tatsächlich sind es völlig unterschiedliche Kostruktionen.

Gemeinsam sind lediglich die gleiche Ausführung des Handrades und deren Auslösung zum Spulen, das Dekor des Tretgestells der Hüpfertransport und der einmal pro Stich mit ungleichförmiger Geschwindigkeit umlaufende Schlingenfänger.

Glücklicherweise passt bei beiden das relativ gut erhältliche Rundkolben-Nadelsystem 1738 (original Nadelsystem = 742) siehe **) Seite 24

(andere Bezeichnungen für 1738 lt. Grotz-Becker auch: DBx1, 16x257, 71x1, 16x231, 287WH, DBx257)

 

Unterschiede:

Der Schlingenfänger ist aber bei 'A' ein Umlaufgreifer mit Brille nach W&W No. 8(9) - Bei 'C' ist es ein umlaufender Bahngreifer (Ringgreifer nach W&W 12) *****).

Die Verbindung zwischen Armwelle und Grundplattenwelle ist bei 'A' eine geschlitzte in der Mitte mit Gleitstein geführte Kurbelzugstange; Bei 'C' zwei um 90° versetzte Kurbelzugstangen.

Die Stichlängeneinstellung bei 'A' erlaubt nur Vorwärtsnaht, bei 'C' ist durch andere Kostruktion Vor und Zurück möglich.

Oberfadenspannung ist bei 'A' eine Radspannung, bei 'C' eine Klemmscheibenspannung.

Die Nadel wird bei 'A' von rechts, bei 'C' von links eingefädelt.

Das Handrad wird bei 'A' nach hinten, und bei 'C' nach vorne angeworfen.

usw.

Nicht zuletzt fasst bei Modell 'C' die Unterfadenspule wesentlich mehr Faden für unterbrechungsfreies Nähen.

 

Auffällig im Dekor: das Modell 'C' hat auf der Messingplakette den Stephansdom zu Wien dargestellt, obwohl die dazugehörige Betriebsanleitung die Darstellung der Göttin Minerva als Echtheitsprädikat beschreibt. Am Tretgestell ist bei beiden Maschinen eine Darstellung von 'Minerva' angebracht.

 

Ich hoffe in diesem Thread in einigen Bilder auf die Unterschiede hinzuweisen, und dann in jeweils einem Beitrag jede dieser Maschinen zur Diskussion stellen zu dürfen.

Insbesondere hoffe ich auf Hinweise auf das tatsächliche Alter der Maschinen.

Jedenfalls sind bei Modell 'A' einige Neuerungen die von Wheeler & Wilson 1895 bei der Revision von No 9 zu D-9 realisiert wurden nicht umgesetzt.

Ab 1905 hat Singer Wheeler & Wilson übernommen, einen Großteil der Modellpalette weitergeführt, und zumindest bis 1911 hergestellt. ******)

Ich würde die Maschinen daher grob in den Zeitraum zwischen 1887 und 1900, jedenfalls aber vor 1905 einordnen.

 

Bei beiden Maschinen ist eine Seriennummer auf der Schieberplatte eingraviert. (habe noch keine weiteren Anbringenen der Seriennummer entdeckt)

Vielleicht ermöglichen diese eine genauere Datierung der Geräte.

 

herzliche Grüße

 

merrit

 

 

 

 

*) MINERVA Boskovice - HistoryMINERVA Boskovice - History

**) Unterrichtsbuch zur verbesserten rotierenden Ringschiffmaschine "MINERVA" (Betriebsanleitung zu Minerva 'B' und 'C')

***) Wheeler Wilson - NBWiki

****) Baer & Rempel

*****) Wilhem Rentners, Der Nähmaschinenfachmann, 8. Auflage Band 1 Bielefeld 1957 (Seite 66 & 72)

******) Sewing Machines | Historical Trade Literature in Smithsonian Collections (Seite 24 für ein ähnliches Modell wie die vorgestellte "C")

IMG_5044_.jpg.7ec7b404b944093b7b7ca2edc7b0e148.jpg

IMG_5036_.jpg.4c3e2f53c87bb1b461892bee6336520f.jpg

IMG_5048_.jpg.b280ce7083f71be41144fa61e78043cc.jpg

IMG_5047_.jpg.54242e8b1bcc1a6a82daa030b2776813.jpg

IMG_4974_.jpg.a85b57d6e38ae791265b0654a6674f8a.jpg

IMG_4928_.jpg.d24ef900b60962f58ce4e2d7e80e53eb.jpg

IMG_5031_.jpg.3d8e23992c51d5444c31a60f9880ed89.jpg

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Werbung:
  • Antworten 4
  • Erstellt
  • Letzte Antwort

Top-Benutzer in diesem Thema

  • merrit

    4

  • ju_wien

    1

Top-Benutzer in diesem Thema

Veröffentlichte Bilder

Die MINERVA Modell 'A'

 

ist nach den mir vorliegenden Informationen weitgehend baugleich mit dem Modell Wheeler & Wilson No. 9 in der frühen Version, wie sie von 1887 bis 1895 gebaut wurde.

Einmal pro Stich, mit wechselnder Geschwindigkeit, umlaufender Brillengreifer. Transporteurbewegungen werden direkt von der Grundplattenwelle abgenommen. Stichlängenverstellung wie bei dem Vorgängermodell W&W 8 auf der Grundplatte. Nur Vorwärtsnähen ist möglich.

Spätere Weiterentwicklungen der W&W D-9, z.B. der brillenlose Greifer, oder ein Stichsteller über Exzentergabel und Kulisse (mit Rückwärtsnähen) wie in ähnlichen deutschen Konstruktionen gibt es hier nicht.

 

Zustand / Mängel der Maschine:

Feuchteschäden am Holz (insbesondere die Unterseite der Platte). Verbeulte Tropfwanne.

Längsspiel der Armwelle. Dadurch, verursacht von den axialen Kräfte des Kurvenfadenhebels etwas lauterer Gang. (ein wenig konnte ich schon Nachstellen. Ist aber noch nicht perfekt.). Offensichtlich gab es hier eine automatische Oberfadenspannung-Auslösen beim Hochstellen des Füßchens. Da ist was abgebrochen und fehlt. Mangels Muster werde ich versuchen den Teil nachzuempfinden. (im wesentlichen ein gebogenes Blech an der Stoffdrückerstange, ähnlich wie es hier- Adler - Naehmaschinenverzeichnis - zu sehen ist)

Und der Stift an der Spulenkapsel der sie am Drehen hindern soll ist abgebrochen - Die Spulenkapsel hängt daher nur am Unterfaden wie auch bei der älteren W&W 8. Plane hier eine Reparatur durch Hartlöten.

 

Aber das Beste:

Nach Vergleich mit den Informationen in der Betriebsanleitung der 'C' müßte das Zubehör weitgehend komplett sein.

Säumerfuß; verstellbarer breiter Säumer auf der Grundplatte zu befestigen (vorne im Bild); Bandeinfasser (im Bild oben); Lineal; Grundplatten Befestigungsschraube für vorgenanntes Zubehör. Ein Halter für ein Wattierlineal (links im Bild) das leider fehlt, aber leicht nachzubilden ist. Stichplatte mit kleinem Loch (sehr rostig), insgesamt 5 Spulen; Schraubenschlüssel für das Gestell. Der Schraubendreher ist eher originell.

Bemerkenswert auch das Werkzeug das im Bild direkt neben dem Nähfuß liegt. Verstellt als Schraubendreher die Fadenspannung der Unterfadenspule. Die Kerbe am anderen Ende passt perfekt um die Abstandsschraube für die abklappbare Brille zu justieren.

 

Abgesehen von obigen Einschränkungen eine leichtgängige Maschine, die sehr gut näht.

 

Kann vielleicht jemand an Hand der Seriennummer helfen, das Baujahr zu entschlüsseln?

 

vielen Dank

 

merrit

IMG_4983_.jpg.a4549e9f0fc81d69dd3711f1bd6757ac.jpg

IMG_4968_.jpg.8e955534d9c48b91b451d28180fb8755.jpg

IMG_5262_.jpg.760b73f9f02494c945e23eb18a1565dd.jpg

IMG_4970_.jpg.42456dd4815963de2b98ac687d33ff0b.jpg

IMG_4975_.jpg.6ab9e15606c10a0cd366e10932a57a0f.jpg

kIMG_5270.jpg.939d1b80e17db1a809a6af8f00aad834.jpg

kIMG_4890.jpg.e1ef163f025a76ceb8d440940e34fe45.jpg

IMG_5276_.jpg.a97ecc1c3818095019e30b9d48bf224f.jpg

kIMG_5257.jpg.bb9a9759573f421d82e06a1071a16b8d.jpg

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

MINERVA Modell 'C'

 

(derzeit meine Lieblingsmaschine :p )

 

... am Photo des Kleinanzeigen-Marktes konnte ich nicht einmal eine Stichlängenverstellung erkennen.

Aber außergewöhnlich sah sie aus. Auf Grund der Grundplattenschuber vermutete ich einen eintourigen Umlaufgreifer nach System Wheeler & Wilson.

Um so größer die Überraschung die sehr seltene Konstruktion mit einem mit ungleichförmiger Geschwindigkeit in einer Bahn umlaufenden Ringgreifer vorzufinden.

Als Handwerkermaschine bietet sie den Komfort einer Füßchenhochstellung mittels Kniehebel und einen längeren Arm.

Der Federweg der Fadenanzugsfeder (diese ist gebrochen, muß ich noch nachbiegen) wird automatisch an die Stärke des Nähgutes angepasst. Durch sinnreiche Mechanik wird die Oberfadenspannung übrigens nur entlastet wenn der Stoffdrücker mit Hand- oder Kniehebel hochgestellt wird. Bei dickem Nähgut bleibt sie fest. Sie kann vorwärts bis 7mm Stichlänge und rückwärts bis 4mm nähen. Lt. Bedienugsanleitung wurde sie für Ledernäherei auch mit Schieberadtransport und Rollenfuß ausgerüstet.

 

Eine ungewöhnliche Maschine mit tollem Nähverhalten.

Außer der Abnutzung an der Tischplatte und der gebrochenen Fadenanzugsfeder (die das Nähverhalten nicht wesentlich beeinträchtigt) und dem verbogenen 2. Spulenhalter, sind mir keine Schäden aufgefallen. Auch die Greiferspitze ist einwandfrei poliert und spitz.

Nur vier zusätzlichen Unterfadenspulen waren dabei, aber - sensationell - eine originale Bedienungsanleitung für die Modelle 'B' und 'C'.

Es passt aber all das Zubehör, daß bei der 'A' dabei war.

Nadelsystem 742, und mit abweichenden Spitzenformen 742L und 742P. Tatsächlich benutze ich das gut erhältliche System 1738, das einwandfrei bis Stärke 110 funktioniert.

 

Über vergleichbare Maschinen mit Ringgreifer konnte ich kaum Informationen im Netz finden. Nur hier ( Singer W12-10 ) ist eine, von Singer nach der Übernahme von Wheeler & Wilson noch über Jahre gefertigte Maschine abgebildet.

 

Eine Beschreibung der W&W 12, mit "Röntgendarstellung" findet sich in: "Wilhem Rentners, Der Nähmaschinenfachmann, 8. Auflage Band 2 Bielefeld 1957 (Seite 80)"

Konstruktionselemente dazu werden auch in Band 1 mit Verweis auf dieses Modell diskutiert.

Alle diese Beschreibungen passen exakt auf die hier vorgestellte Minerva 'C' .

Als Maschinen die ebenfalls den Ringgreifer verwenden nennt Rentners: Adler 14, Afrana, Dürkopp 12, Jones Rotary 12, Phoenix G und Pfaff 52.

 

Auch hier würde ich um Unterstützung bitten, ob auf Grund der Seriennummer ein Herstellzeitraum abgeschätzt werden kann.

 

herzliche Grüße

 

merrit

IMG_4952_.jpg.bfd358765e77c63900c8350c0bfee420.jpg

IMG_4966_.jpg.4748b3c00fca1b373b2c00734d6cc419.jpg

IMG_4957_.jpg.15777d8e88d9895c480c7fad10774bf3.jpg

IMG_5034_.jpg.d3064a5392281c8f1b3cd450f04d3b29.jpg

IMG_4954_.jpg.282877a927cc2e9e9fde1d2a80b7e992.jpg

IMG_4918_.jpg.63846b13f81bf095811e3d3ac9ec698a.jpg

IMG_4927_.jpg.8501b73d5f41c23d6a72f3892a6cddb5.jpg

IMG_5021_.jpg.1341c6705173e848aecf5ee0efcf2e47.jpg

IMG_5027_.jpg.e83cfdbeea433cabe31059cf4481334c.jpg

IMG_4989_.jpg.80ff86dce5c6e9b4ce5cd8862248acd2.jpg

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

schöne maschinen hast du da gefunden, vor allem beneide ich dich aber um den platz :) das sind ja nicht deine ersten maschinen mit gestell.

 

zur datierung kann ich nichts wesentliches beitragen, nur ein winziges detail: den gleichen bandeinfasser habe ich bei meiner Gritzner V und die wurde auf ca. 1905-1908 datiert. diese zubehörteile wurden also offenbar auch damals schon zugekauft. der bandeinfasser funktioniert übrigens sehr gut. Hobbyschneiderin 24 - Forum - Einzelnen Beitrag anzeigen - Gesucht: Euer schönster Oldie! Bitte stellt hier eure Fotos ein.

 

einen verstellbaren säumer habe ich auch, der sieht bei mir etwas anders aus und mit dem habe ich beim ersten versuch eher nur "untermittelschöne" säume geschafft. daher gibts keine werkfotos.

 

in welcher gegend der welt betreibst du deine nähmaschinensammlung? machst du auch führungen?

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Hallo ju_wien,

 

vielen Dank. Ja, erst durch Deinen Beitrag hatte ich erfahren, daß es sich bei dem Zubehörteil zur 'A' Maschine um einen Bandeinfasser handelt. Hatte vorher keine Idee...

Werde auch noch Versuche damit anstellen, mache mir aber kein Hoffnungen Deine Ergebnisse zu übertreffen.

Bin nicht sooo geschickt, und das Teil scheint auch nicht einfach zu handhaben sein.

 

Leider, Führungen durch die Sammlung kann ich noch keine anbieten.

Die Maschinen sind über diverse Standorte verteilt, beziehungsweise bei Verwandten untergestellt.

 

Habe mich aber betätigt, und aus Einzelphotos ein animiertes *.gif zusammengestellt. (Auf Grund der upload-limits, hier nur in reduzierter Qualität)

Es zeigt die Greiferbewegungen der Minerva 'C' . Den Abdeckring der Greiferbahn habe ich dazu abgenommen.

 

Wenn die Greiferspitze oben an der Nadel vorbeigeht drückt der Treiber mit der vorderen Kante an die Schulter des Ringgreifers, und versetzt ihn so in Drehung.

Am Haken hinter der Greiferspitze ist der Faden dann schon vorbei.

Die Oberfadenschlinge wird ausgedehnt. Wenn sie ganz nach unten gezogen ist, schlüpft sie am hinteren Ende des Treibers an diesem vorbei nach innen.

Der in leicht exzentrischer Bahn geführte Ringgreifer hakt sich nun hinter seiner Spitze am Treiber fest.

Dadurch entsteht am anderen Ende des Treibers ein Spalt, durch den der Oberfaden abgezogen werden kann.

(der Transporteurträger verdeckt hier Schlingenfang und die Endphase des Fadenabzugs)

 

:super: wer sich das ausgedacht hat ......

Animation2-3b.gif.2dced5d96456f5dc31b458decf9a6432.gif

Bearbeitet von merrit
Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Erstelle ein Benutzerkonto oder melde Dich an, um zu kommentieren

Du musst ein Benutzerkonto haben, um einen Kommentar verfassen zu können

Benutzerkonto erstellen

Neues Benutzerkonto für unsere Community erstellen. Es ist einfach!

Neues Benutzerkonto erstellen

Anmelden

Du hast bereits ein Benutzerkonto? Melde Dich hier an.

Jetzt anmelden



×
×
  • Neu erstellen...