Patchwork Professional 3/2015

Es gibt Patchworkzeitschriften, die sagen einem beim Durchblättern nicht viel, außer dass sie fantasievolle, ungewöhnliche oder künstlerische Quilte zeigen, von denen man schon viele gesehen hat und die einen deshalb nicht jedes Mal vom Hocker reißen können. Wäre da nicht ein guter, schriftlicher Beitrag…

Zum Durchblättern der Patchwork Professional 3/2015 bitte das Titelbild anklicken, das ein Motiv von Terry Grant zeigt.

Semper Tedium - entschleunigtes Quilten - ist so ein Beitrag. Ich recherchiere die Bedeutung des lateinischen Ausdrucks und finde heraus, dass es beständiges, gleichmäßiges Tun bedeutet. Gleichzeitig ist der Begriff der Name einer Quiltgruppe, zu der Paula Nadelstern, Amy Orr, Katherine Knauer und Robin Schwalb gehören. Jeder der Künstlerinnen folgt auf ihre Art der Idee, sich dem Druck, möglichst schnell Neues zu präsentieren, zu widersetzen. Statt dessen nehmen sie sich die Ruhe und die Zeit, ihre Gedanken und Eingebungen ausreifen zu lassen und gegebenenfalls weiter zu entwickeln.

Aus den Biografien der Quilterinnen erfährt man zum Beispiel, dass Paula Nadelstern „nicht in der optischen Ruhe verharren“ möchte, sondern während des Schaffensprozesses ihre persönliche Ruhe finden möchte. Es muss ihr gelungen sein, dabei auch noch Beeindruckendes zu schaffen, denn sie zählt zu Amerikas 100 besten Quilterinnen des 20. Jahrhunderts.

Amy Orr, die als Lehrbeauftragte an einem College in Philadelphia tätig ist, verarbeitet in ihren Quilts verschiedene gebrauchte Dinge wie Krawatten, Werbebriefe und Kreditkarten, die sie mit unzähligen Stichen auf Hintergrundstoffen fixiert und mit Perlen und anderen Verzierungen ergänzt. Sie genehmigt sich diesen „wahrlich übermäßigen Zeitaufwand“ trotz einer Zeit, in der sich alles um Geschwindigkeit dreht .

Im Barn Quilt Beitrag erfährt man, wie es zu diesem Projekt gekommen ist. Etwas will ich im Voraus erklären – Barn Quilts sind auf große Holzplatten aufgemalten Quilte. Sie sind meist an Scheunen angebracht und sollen Autofahrer, die auf den weiten Strecken US-Amerikas unterwegs sind, erfreuen.

Aber von vorne… als junges Mädchen dachte Donna Sue Groves, die Erfinderin des Barn Quilt Projekts, sie hätte es automatisch im Blut, genauso gut quilten zu können wie ihre Mutter und Großmütter zuvor. In einem Fortgeschrittenenkurs, den sie deshalb belegte, reichten aber weder Kenntnisse noch Geduld, um ein begonnenes Nähprojekt zu Ende zu führen.

Stoffe, Muster und Geschichten rund um Quilte liebte sie jedoch sehr. Und hie und da kam ihr die Erinnerung an lange Autofahren in der Kindheit in den Sinn, bei der sie und ihr Bruder Scheunen gezählt hatten (anstatt Nummerschilder zu erraten).

Als ihre Mutter Jahre später nach einem Umzug eine eigene Scheune hatte, die in ihrem Äußeren aber nicht der Schönheit anderer Scheunen gleichkam, versprach Donna, diese Scheune mit einem gemalten Quilt zu verzieren.

Und wieder viele Jahre später wurde diese Idee in Zusammenarbeit mit Anderen in die Tat umgesetzt. Die Muster direkt aufzumalen erwies sich aber nicht als praktikabel, weil das Holz die Farbe unterschiedlich stark aufsog, deshalb wurden die Muster letztlich auf extra Platten gemalt. So kamen zu den drei ersten Barn Quilts in Ohio im Jahr 2001 im Lauf der Jahre viele schöne Folgemodelle an verschiedenen Scheunen in verschiedenen amerikanischen Staaten zusammen. Allein in Kentucky hängen mittlerweile 800 gemalte Exemplare; über die gesamten Staaten verteilt sind es über 7000, nicht mitgezählt sind dabei verstreut aufgehängte Quiltmalereien, die nicht in den Lageplan mit aufgenommen sind.

Wer jetzt neugierig geworden ist, kann unter folgenden Links noch mehr lesen: Barn Quilt Info, und die Geschichte des Quilt Trails gibt es hier.

In Ohio, dem „Entstehungsland“ des Barn Quilts, gibt es viele Strecken: Ohio Barn Quilt Map Die verschiedenen Staaten können einzeln angeklickt werden.

Da ein traditioneller Quilt aus 20 Blöcken besteht, sollte der erste Trail mit dieser Anzahl bestückt werden. Die Motive mussten jedoch unterschiedlich groß dargestellt werden, da die Scheunen unterschiedlich weit von den Straßen entfernt stehen und die Blöcke trotzdem gut erkennbar sein sollten.

Hier kann man die 20 „Blöcke“ sehen, die für den „ersten“ Sampler gemacht wurden. Und eine gesamte Staatenkarte gibt es auch: Barn Quilt Map

Der Artikel über die Quilterin Terry Grant aus Oregon fällt durch farbenfrohe Quilte auf. Die Künstlerin verwendet Fotos als Inspiration für ihre Arbeiten, reproduziert aber nicht sklavisch das Abgebildete, sondern nimmt als Anregung heraus, was ihr gefällt und lässt das Andere sein. Manches Motiv verwendet sie auch wiederholt, oft mit anderen Materialien, und manchmal ist sie selbst überrascht, wie viele unterschiedliche Ergebnisse dabei entstehen.

Es liest sich interessant, wie sie beim Schaffen vorgeht – sie zeichnet das Motiv nach einem selbstgemachten Foto auf Stoff auf, legt zuerst die größeren Stoffstücke und dann die kleineren auf, und schiebt die Motive so lange hin und her, bis ihr der Entwurf gefällt.

Auch sind die Stoffe anfangs nur grob zugeschnitten, der Feinschnitt erfolgt erst nach und nach. Aufgenäht werden die Teile dann durch freie Führung mit der Nähmaschine.

Ich finde es immer wieder faszinierend, zu hören, wie jemand beim Arbeiten vorgeht. Es ist so ein bisschen wie mit Bob Ross’ „The Joy of Painting“ – man hat dabei das Gefühl, man kann es durch bloßes Zusehen sofort nachmachen.

Auf dem Titelbild der Zeitschrift ist ein Ausschnitt eines Terry Grant-Quilts abgebildet.

Als Quiltgruppe stellen sich diesmal die Modern Art Quilter vor. Die Mitglieder stammen aus dem Großraum Nürnberg und sind somit für mich quasi „zum Anfassen“; ich habe schon einige ihrer regionalen Ausstellungen besucht. Eine Arbeit von Hermine Keck ist aktuell auf der Ausstellung Tradition bis Moderne X zu sehen, die am Jahresende drei Wochen in München und danach von Ende Januar bis Anfang April 2016 in Hohenstein-Ernstthal und im Sommer für 3 Wochen in Celle tourt.

Hier die Ausstellungstermine nochmal zum Nachlesen. Ich hab sie auch in den Kalender eingetragen.

Unter den do-it-yourselves gibt es u.a. einen netten Mystery-Sew-Along und textile Schalen zum Nachmachen. In einem Beitrag erfährt man, was Blog-Hop-Parties sind. An Künstlerinnen werden Martina Unterharnscheidt und die australische Quilterin Teresa Mairal Barreu vorgestellt. Und es wird über einen Besuch in einer Blaudruckerei berichtet.

Nun komme ich auch schon zum Ende. Da man sich nicht das ganze Jahr über in gleichem Maße für Alles interessiert, habe ich diesmal nur einige Themen herausgepickt.

Dies war die dritte Ausgabe der Patchwork Professional in diesem Jahr, die nächste erscheint am 10. Oktober.

Es sind die verschiedenen Herangehensweisen,

die mich in diesem Heft angesprochen haben,

und mit denen ich mich identifizieren kann:

• mal suche ich die Ruhe beim Machen eines Quilts (wie Paula Nadelstern)

• mal möchte ich spielen wie Terry Grant

• und auch die Vorgehensweise von Donna Sue Groves kann ich mir lebhaft vorstellen.

Ich habe es ja nicht so mit patchen oder quilten, aber ich finde deinen Artikel sehr interessant, weil er mir sehr viel über verschiedene Techniken und Traditionen erzählt, von denen ich noch nie gehört hatte.

Die ich aber interessant finde.

(Leider hat der Verlag es nicht auf die Reihe bekommen, sich wegen der Bilder mal zu melden. )

Ja, es ist schade, dass es keine Bilder gibt , die machten das Ganze doch anschaulicher.

Aber Danke für dein Lob, Marion.