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Ein Seidenkleid, (k)ein Hexenwerk - Teil 2 (Stoff, Schnitt, Zuschnitt)


nowak

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Nach den Basisgrundlagen geht es jetzt konkreter weiter, mit Überlegungen zur richtigen Passung von Stoff und Schnittmuster sowie den Vorbereitungen.

 

Welcher Stoff für welchen Schnitt?

 

Ein oft vernachlässigter Schritt auf dem Weg zum fertigen Werk ist die Wahl des passenden Stoffs zum Schnitt oder umgekehrt. Man kann natürlich jeden Schnitt aus jedem Stoff nähen... aber das Ergebnis wird nicht immer gefallen.

 

Wie wir im ersten Teil schon gelernt haben, sind Seidenfasern sehr glatt und verschieben sich daher gerne gegeneinander. Die Konsequenz ist einfach: Seidenstoffe sind nicht für sehr enge Kleidung geeignet.

 

(Oder wenn, dann nur eingeschränkt und unter Anwendung diverser "Tricks". Stoffe aus gekreppten Garnen sind etwas elastischer und verkraften das daher besser, auch schräg zuschneiden hilft ein wenig. Alles andere muß man mit Verstärkung und Unterbau abfangen.)

Schere, Stecknadeln, Nähnadeln

Werkzeug zur Seidenbearbeitung:

Das schärfste, spitzeste und feinste,

was zu bekommen ist.

(Ein Klick auf die Bilder zeigt eine größere Version,

für alle, die es ganz genau sehen wollen...) ;)

 

Bild: nowak

 

 

 

Dann gibt es steife Seidenstoffe wie Taft oder Dupion und eher fließende. Manche sind aus groben Fäden gewebt (gerade bei Wildseide), andere aus feineren Fäden.

 

Eher steife Seiden eigenen sich gut für weite, abstehende Röcke oder gut strukturierte Jacken. Weiche Seiden für weite Blusen, weich fließende Kleider oder Röcke, Tops mit Wasserfallausschnitt... Etuikleider sind da ein wenig die eierlegende Wollmilchsau, weil sie sowohl aus festen, als auch aus weichen Stoffen gut aussehen können.

 

Eher grob gewebte Stoffe sind für Kleidung grundsätzlich nur eingeschränkt geeignet. Am ehesten noch für weite, unstrukturierte Jacken oder Mäntel. Oder man läßt sie in ihrer Hauptdomäne: Vorhänge, zum Beispiel.

 

Hosen sind generell etwas problematisch. Enge Hosen leiden schnell unter ausgezogenen Nähten in Dehnrichtung, die geringe Scheuerfestigkeit verursacht rasch Löcher zwischen den Beinen oder am Po. Zudem sieht man in allen glatten Seiden Knitter und Sitzfalten schnell. Eine weite Palazzohose aus weichem Georgette oder Crêpe kann attraktiv aussehen, nur sollte man weder eine sehr lange Lebensdauer erwarten noch sich hinsetzen wollen. Als Kleidungsstück für eine besondere Gelegenheit möglich, für den Alltag nicht zu empfehlen.

 

(Wie für alle Faustregeln gilt: Man kann gegen sie verstoßen, aber man sollte wissen, was man tut. :o Und wie.)

 

Eine weitere Frage, die man vorher klären sollte, ist die Waschbarkeit. Eine Bluse oder ein Kleid muß man häufiger wechseln und reinigen, eine Jacke oder ein Rock (wenn sie gefüttert sind oder mit Unterkleidern getragen werden) seltener.

 

Ich selber würde eine Bluse nur aus einem waschbaren Stoff nähen, eine Jacke oder ein Rock bin ich eher bereit, alle ein bis zwei Jahre mal in die Reinigung zu geben. Bei einem Kleid kommt es drauf an. Ist es für eine besondere Gelegenheit und ich trage es eh höchstens zwei Mal im Jahr, kann ich mit Reinigung leben. Ein Sommerkleid hingegen sollte waschbar sein.

 

Aber das sind meine Kriterien, das muß jeder für sich entscheiden. ;)

Seidensatin

Seidensatin

mit Druck in Neonfarben

 

Bild: nowak

 

 

Schnittwahl zu meinem Seidensatin

 

In meinem konkreten Fall war die Reihenfolge einfach: ich hatte den Stoff, nämlich diesen Seidensatin mit einem Druck in Neonfarben. (Als ich ihn gekauft habe, brauchte ich ihn eigentlich nicht. Und habe sehr genau drüber nachgedacht. Nachgedacht, wie lange und wie intensiv ich mich drüber ärgern würde, ihn im Laden zu lassen. Als die Antwort war "sehr intensiv und sehr lange" habe ich ihn mitgenommen.)

 

Und nur etwa ein Jahr nach dem Kauf (für mich sehr schnell) kam tatsächlich der Anlass, nämlich der 70. Geburtstag meiner Mutter. :)

 

Und ich suchte den Schnitt zum Stoff.

 

Also erst mal den Stoff analysieren:

 

- Er ist weich und fließend, von der Stärke her schön für eine Bluse, eine Tunika, ein Top, ein weites Kleid, ein weiter Rock... nicht fludderig, aber dünn genug, um auch in Falten gelegt zu werden. Zu weich und fein, um für einen Mantel, eine Kostümjacke oder einen Bleistiftrock zu taugen. Weite Hose wäre zumindest mit Futter auch eine Option. Aber, siehe die Ausführungen oben, so was lebt nicht lange. Bei mir schon gar nicht.

 

- Das Muster ist groß und wirklich ein Hingucker. Zwar kein erkennbarer Rapport, aber damit es gut zur Geltung kommt, sollte der Schnitt eher weniger Teile haben. So oft wollte ich das nicht zerschneiden. Weiter zu beachten: Einige der Farben, die vor kommen stehen mir nicht. Die sollten nicht in der Nähe des Gesichts sein.

 

- Waschbar? Ja. Seidenwaschmittel im entsprechenden Schongang in der Waschmaschine. Also alles mögliche.

 

- Und natürlich die stoffunabhängige Frage: Welche Schnittform steht mir? Schließlich soll es nicht nur am Bügel hängen, ich will es ja auch anziehen...

Schnitt Vogue 8846

Schnitt

Vogue 8846

 

Bild: nowak

 

Fast alle meine Kriterien erfüllte Vogue 8846, Version A, ein Etuikleid. Die Zeichnung auf dem Umschlag lässt den Reiz bei weitem nicht erahnen und auf der Seite von Vogue ist das Photo leider nicht mehr zu sehen, weil der Schnitt schon wieder aus dem Angebot genommen wurde.

 

(Bei Pattern Review kann man im Moment das Bild noch sehen. Das macht vielleicht etwas deutlicher, warum ich diesen Schnitt schon Zuhause hatte, als ich den Stoff kaufte.)

 

'Schemazeichnung Schnitt 8846

Zeichnung zu

Vogue 8846

Bild: nowak

 

Was für meine Auswahl wichtig ist, kann man aber immerhin auf der technischen Zeichnung erkennen. Er hat wenige Nähte und zusätzlich hinten eine zweite, lose Stofflage, die das Stoffmuster ebenfalls gut zur Geltung bringen wird. Der Stehkragen erlaubt mir, dort eine Farbe zu plazieren, die mir im wahrsten Sinne es Wortes gut zu Gesicht steht. Und... Etuikleider sind günstig für mich.

 

Wer oben gut aufgepasst hat, dem wird jetzt allerdings nicht entgangen sein, daß "Etuikleid" nicht in der Auflistung der geeigneten Schnitte oben stand. Denn dafür... hat der Stoff eine Spur zu wenig Stand. Für den losen Überwurf hinten... kein Problem. Für ein schmales Kleid... nein, nicht ganz.

 

Aber so was hält mich nicht auf... zweieinhalb Meter dünner Seidenkrepp helfen da aus. Der Stoff wird einfach unterlegt.

 

Krepp ist hierfür besonders geeignet: Auch wenn er dünn ist, bringt er dem Stoff etwas "Stärke" ohne den weichen Fall negativ zu beeinflussen. Zudem senkt Krepp als Unterlage die Knitterneigung. Zusätzlich stabilisiert er die Nähte, weil die Webfäden im Gegensatz zum Satin einen stärkeren Zusammenhalt haben. (Und natürlich habe ich den Krepp auch vorgeschwaschen.)

 

(Merke: Wenn ein Stoff zu dünn ist, kann ein zweiter Stoff als Unterlage helfen. Und durch die Wahl des Unterlegstoffes kann man die Eigenschaften des Oberstoffes in beinahe jede gewünschte Richtung beeinflussen. :) )

 

Da Seidensatin auch gerne mal aufgetrennte Stiche sichtbar behält und leicht ausfranst, ist es wichtig, die Schnittteile bei der Verarbeitung möglichst selten anzufassen. Also gibt es noch eine wichtige Vorarbeit: Den Schnitt passend machen. Ich habe den Schnitt erst mal nach meinen üblichen Parametern geändert und dann ein Probekleid genäht. Da ich schön öfter Vogue Schnitte hatte und daher die Passform ganz gut abschätzen kann, habe ich einen netten Sommerstoff genommen, weil ich davon ausging, daß das Kleid tragbar sein würde. Die Doppelung des Rückens habe ich weggelassen, denn es ging nur um die Paßform.

 

Das mit dem Probekleid war auch eine gute Idee, denn von der Taille abwärts war das Testexemplar etwas eng. Meine Schuld, denn der Schnitt hat eine Version für C-Cup, so daß ich mir die FBA sparen konnte. Dabei habe ich nur übersehen, daß ich durch die FBA ja auch Taille und Hüfte etwas erweitere... das fehlte. Für das Probekleid war das kein Problem, das konnte ich über die Nahtzugaben tragbar bekommen, für das Seidenkleid habe ich einfach noch etwas erweitert. Seide mag es ja nicht so, wenn Zug drauf ist, also lieber etwas lockerer gestalten.

 

(Was meine Techniken zum Zuschneiden betrifft mache ich das wohl ziemlich anders, als es in allen Büchern empfohlen wird. Daher... wenn ihr eine Technik habt, die für euch funktioniert bleibt dabei. Falls nicht... versucht es vielleicht mal anders. ;) )

 

Schnitt auflegen

 

Für einen exakten Zuschnitt von so rutschigen Stoffen ist es erst mal wichtig, den Stoff gerade auszulegen. Ich arbeite daher auf den Fußboden, weil ich keinen Tisch habe, der 150cm breit und 3m lang ist. Und den Stoff herumzurutschen ist keine so gute Idee. Da ich in meinem Fall die Teile sehr gezielt auflegen wollte, habe ich die Teile in einfacher Stofflage zugeschnitten, den Stoff also nicht gefaltet. Das Vorderteil wäre eigentlich im Stoffbruch zuzuschneiden, da habe ich mein Schnittteil an der Mittellinie gespiegelt, damit ich das in einfacher Stofflage zuschneiden konnte.

 

Meine Nähliteratur empfiehlt ab hier, die Stoff möglichst am Tisch oder was andrem zu befestigen, festzukleben, grade zu ziehen, festzustecken... ihn jedenfalls, egal wie weich und flutschig er ist, in Form zu zwingen. Ich sehe das inzwischen entspannter und bin dazu übergegangen, den Stoff so zu verwenden, wie er fallen will.

 

Und das mit dem "Fallen" ist wörtlich zu nehmen. Ich nehme meine Stoffbahn an einer Längsseite und schüttle/werfe sie von mir weg und während sie zu Boden fällt ziehe ich sie leicht zu mir hin. (Also festhalten, nicht loslassen.) So wie man früher (bevor es Spannbettlaken gab) ein Bettlaken über die Matratze geworfen hat. Je nach dem muß ich das mehrfach machen, bis mein Stoff schon mal weitgehend glatt da liegt.

 

Danach streiche ich die verbleibenen Falten vorsichtig zu den Rändern hin glatt, dabei schaue ich, wo am Rand der Stoff sozusagen nach "innen" kurvt und streiche dann in diese Richtung. Dadurch wird die Stoffkante dann schon grader.

Und in einem zweiten Schritt zupple ich dann vom Rand her, so daß ich am Ende auch grade Ränder habe. Dabei nie schieben, immer auf mich hin ziehen. Also lieber selber bewegen und um den Stoff herum gehen, als sich darüber beugen. Gerade bei weichen Stoffen.

Letztendlich ist es aber wichtiger, daß der Fadenlauf in der Mitte des Stoffe gerade ist, als daß die Stoffkanten gerade liegen. Nach dem Waschen können gerade die Kanten etwas verzogen sein, je nach Webart eines Stoffes unterscheiden sie sich in der Struktur ohnehin etwas vom restlichen Stoff und liegen daher immer etwas anders. Also ignoriere ich beim Zuschnitt in der Regel die Webkante und auch so die 2-3cm davor. Je nach dem, wie der Stoff so liegt und fällt.

 

(Bei langen Stoffbahnen ist es hilfreich, sich vorher schon mal ungefähr zu überlegen, wie man auflegen will und ggf. den Stoff zu teilen. Je kürzer die Bahn, desto einfacher geht es. Allerdings hat man dadurch auch mehr Verschnitt, bei Seide kann der auch ins Geld gehen. Schafft man es nicht, die ganze Stoffbahn auszulegen, muß man etappenweise arbeiten. Dazu muß die Stoffbahn mindestens 30cm länger als mein längstes Schnittteil gerade ausgerichtet sein. Und nachdem man die ersten Teile zugeschnitten hat, muß man den Stoff ganz neu ausrichten.)

Schnitt aufstecken

Schnitt

aufstecken

 

Bild: nowak

 

 

Auch beim Aufstecken des Schnittes sehe ich das eher entspannt. Und lasse den Stoff entspannt. Statt jeden Millimeter am Rand brutal festzupinnen, verbinde ich Schnitt und Stoff eher locker miteinander. Stoff ist immer weicher als Papier, Schnittpapier oder Folie und meine eigene Erfahrung ist, daß ich eher den Stoff verzogen habe, wenn ich ihn an Papier oder Folien anpassen wollte.

 

Zunächst mal orientiere ich mich beim Auflegen nicht unbedingt an den Stoffkanten, sondern am Fadenlauf im Stoff. Wenn die Kanten ganz gerade liegen, dann kann man die Webkante nehmen, andernfalls unterziehe ich den Stoff einer genauen Inspektion. (Wenn es sein muß, mit Lupe und Taschenlampe... aber mit etwas Übung lernt man, die Kettfäden wahrzunehmen und zu verfolgen. Und zwei Millimeter hin oder her... machen auch keinen Unterschied.)

 

Und dann beginne ich in der Mitte mit zwei Stecknadeln die ich etwa eine Handlänge untereinander setze. (Liegt der Fadenlauf des Schnittteils im Schnitt und nicht an der Kante, dann fange ich mit zwei Nadeln auf dem Fadenlauf an.) Danach kommt je eine Nadel eine gute Handbreit nach links und eine eine gute Handbreit nach rechts, von der Höhe her zwischen den ersten beiden Nadeln.

Dann eine wieder eine Handlänge über die erste Nadel, und wieder zwei zu den Seiten, eine senkrecht unter die zweite Nadel und wieder zwei zu den Seiten...

In diese Abständen arbeite ich mich durch, bis mein Schnittteil steckt. Wenn ihr das Bild durch Mausklick vergrößert, dann könnt ihr anhand der Zahlen die Reihenfolge sehen.

 

Danach (grüne Buchstaben) stecke ich noch alle wichtigen Markierungspunkte fest, soweit sie nicht ohnehin schon durch eine Stecknadel befestigt sind: Abnäherspitze, alle Ecken sowie alle Passzeichen und sonstige Markierungen, die auf den Stoff übertragen werden müssen.

 

Ich stecke meine Stecknadeln in der Regel schräg zum Fadenlauf und wechsel da auch mal die Richtung, damit ich den Stoff nicht versehentlich systematisch in eine Richtung verziehe. Damit der Stoff nicht versehentlich Löcher bekommt, benutze ich extra feine Stecknadeln von Prym (mit Stahlkopf) und wenn eine davon auch nur ein bißchen stumpf oder gar verbogen ist, werfe ich sie weg. (Diese Stecknadeln benutze ich nur für empfindliche Sachen.) Spüre ich beim Hineinstechen einen Widerstand, treibe ich die Nadel nicht mit Gewalt durch, sondern ziehe sie ein wenig heraus und drehe sie dann leicht beim hineinstecken. So daß sie leicht durch das Gewebe gleitet. Um den Stoff nicht zu verziehen, stecke ich die Stecknadel rein und ziehe sie anschließend wieder einige Millimeter zurück, bis der Stoff auch um die Nadel herum glatt liegt. Da ich meine Schnittteile auf Folie kopiere kann ich das da natürlich auch besonders gut sehen und kontrollieren. (Allerdings hat Folie den Nachteil, daß sie zäh ist und die Nadeln nicht so gut durchgleiten und dadurch der Stoff leichter verzogen wird...)

 

Seide mit der Schere zuschneiden

 

Danach kann es an den Zuschnitt gehen. Ich weiß, daß viele Näherinnen davon überzeugt sind, daß man feine und fludderige Stoffe am besten mit dem Rollschneider zuschneidet. Wer das kann und damit gut klar kommt, soll das tun. :) Ich erzähle, wie das mit der Schere geht.

 

Zunächst mal braucht man eine gute und scharfe Schere. Die darf auch durchaus gelegentlich zum Fachmann zum schleifen. (Leider ist nicht jeder, der Scheren und Messer schleift wirklich gut darin. Ich bringe in der Regel erst mal eine mittelgute Schere, wenn ich den Dienstleister wechseln muß. Ist die hinterher gut, scharf und mit Schneiden, die sauber aneinander vorbei gleiten, dann darf er an die Lieblingsnähscheren.) Meine Lieblingsscheren sind im Moment die "Superfection" von Zwilling. Und ja, Scheren. Ich habe sie in der Länge 210mm und 260mm. (Wobei ich im Moment von Scheren Paul, einer deutschen Manufaktur, auch was hier liegen habe, was mir ebensoviel Freunde machen könnte... hier laufen die Tests noch.) Die Edelstahlschneiden bleiben relativ lange scharf und sie schneiden wirklich exakt da, wo sie sollen.

 

Welche Marken man bevorzugt ist aber relativ egal, so lange die Schere gut ist und gut in der Hand liegt. Das muß man selber austesten. Wer kleine Hände hat, kann zum Beispiel mit großen Scheren nicht vernünftig schneiden, weil man die Schneiden nicht gut auseinander bekommt. Auch die Kraft der Hände muß zur Schere passen. Also besser vor dem Kauf testen, das ist eine Anschaffung, die euch wahrscheinlich länger begleiten wird, als eure Nähmaschine. (Ich habe auch noch zwei Scheren von meiner Oma...) Falls man im Handarbeits- oder Stoffladen nicht fündig wird, es gibt auch Fachhändler für Scheren und Messer. (Und wenn ihr Empfehlungen von Freunden berüchsichtigt... "Ich habe eine tolle Schere, aber bei flutschigen Stoffe/wenn es genau werden soll, dann nehme ich den Rollschneider" ist keine Empfehlung. ;) )

Exakte Schnittlinie

Zugeschnitten mit

Zwilling Superfection, 260mm

Bild: nowak

 

 

Zusätzlich gibt es aber durchaus einige Tricks, um exakt zu schneiden. Die Schere hält man so flach wie möglich, um die Stofflagen nicht zu verschieben. Begreife die Schere als Verlängerung des Handgelenks. Das heißt, beim Schneiden das Handgelenk nicht abknicken, sondern möglichst gerade halten. Lieber selber um den Zuschneidetisch herumgehen und die Richtung ändern, als das Handgelenk abzuknicken. Wenn man immer mit der gleichen Seite der Schere am Schnitt (oder der aufgezeichneten Linie) entlangschneidet, wird man an allen Seiten exakt gleich schneiden. Die andere Hand liegt dabei etwa parallel zum Schneideort auf dem Stoff (etwa eine gute Handbreit von der Schnittlinie entfernt) und gibt so auch ganz weichen und dünnen Stoffen den nötigen "Zug" und gerade zu schneiden. Und die Blickrichtung... liegt nicht auf der Schere, sondern auf der Schnittlinie. Also dort, wo man hinschneiden will. Nicht dort, wo die Schere zu klappt.

 

Berücksichtigt man das alles, steht einem konsistenten und exakten Schnitt nichts im Weg. Rundungen schneide ich eigentlich lieber mit der kleineren Schere, aber da die gerade beim Schleifen war... zeigt das Bild, daß es auch mit der längeren Klinge geht. :)

 

Natürlich schneide ich Seidensatin nicht im Stoffbruch, sondern in einfacher Stofflage zu. Also fast. Ich habe den Oberstoff und den Unterlegstoff gemeinsam zugeschnitten, weil es mir bei zwei flutschigen und wenig formhaltigen Stoffen schwieriger erschien, zwei einzelne Stofflagen hinterher exakt aufeinander zu bekommen, als die ganzen Stoffbahnen exakt im Fadenlauf aufeinander zu legen. Das funktionierte auch fast. Da ich weniger Unterlegstoff brauchte als Oberstoff, hatte ich da auch weniger gekauft. Also mußte ich für das zweite Rückenteil die Stoffe neu ausrichten und ein bereits unregelmäßig geschnittenes Stück Crêpe das gerade so groß genug war, exakt unter dem Oberstoff ausrichten. Das war... also das nächste Mal kaufe ich mehr Unterlegstoff... :o

feine Nadeln

Feine Nadeln im Vergleich:

oben: Handnadel von John James

unten: 60er Maschinennadel von Organ

 

Bild: nowak

 

 

Bevor ich den Folienschnitt abnehme, befestige ich noch Oberstoff und Unterlage aneinander. Ich hefte von Hand entlang der Schnittkante, etwas weiter als die Nahtzgabe vom Rand entfernt. Also im Schnittteil nicht auf der Nahtzugabe. Außerdem hefte ich die Teile auch an allen Stellen zusammen, wo ich ohnehin Markierungen habe, etwa auf den Abnähern. Wichtig ist hier wieder... feine, spitze Nadel und Nähgarn in guter Qualität. Kein dickes Heftgarn mitsamt grober Nadel. (Meine Lieblingsnadeln hier sind von John James, die sind feiner als alles, was ich von Prym bislang gefunden habe.)

 

Als Illustration ein Bild, oben das Öhr meiner feinen Handnadel, unten die 60er Maschinennadel. Und der scheinbar grobe Stoff darunter... ist Dupionseide. :o So für den Größenvergleich.

 

Wie aus den vielen vorbereiteten Teilen dann endlich ein Kleid wird, zeigen Teil 3 und 4 der Serie. Dabei werde ich verschiedenen Naht- und Versäuberungstechniken zeigen, die man bei leichten Stoffen grundsätzlich gut einsetzen kann.

 

Dabei kam nicht nur keine Overlock zum Einsatz, auch einen Zickzackstich werdet ihr nicht zu sehen bekommen. Das ganze Projekt ist tatsächlich durchgehend mit dem Gradstichfuß und einfachem Steppstich gearbeitet. :cool:


Techniktip:Extrafeine Nadeln einfädeln.

 

Den Nähfaden in ein kleines Nadelöhr hineinzubekommen ist nicht immer einfach. Denn einen Einfädler kann man nicht benutzen, der Draht paßt nicht durch das Öhr. Der doppelt gelegte Faden in der Regel auch nicht. (Wenn das noch geht, ist das Nadelöhr noch nicht wirklich fein.)

 

Bei der Nähmaschine ist zu beachten, daß bei Nadeln kleiner als 70 der Einfädler in der Regel nicht funktioniert. Er paßt rein mechanisch nicht mehr durchs Öhr. Bei mechanischen Einfädlern hat man eine Chance, es zu merken, bevor größere Schäden entstehen. Oder wenn nicht, ist wenigstens meist nur der Einfädler kaputt. Bei automatischen Einfädlern (also solchen, wo man irgendwo an der Maschine einen Knopf drückt und der Rest von selber passiert) ist schlimmstenfalls die Maschine kaputt und verweigert völlig den Dienst. Und die Reparaturen werden dann teuer. Also konsultiert auf alle Fälle euer Handbuch und fragt euren Händler, ob der Einfädler auch mit kleineren Nadeln als 70 klar kommt!

 

Bei Handnadeln ist es zunächst hilfreich, auch einen entsprechend feinen Faden zu verwenden. Lieber 120er oder 150er als der typische 100er Allesnäher. Der außerdem fest gezwirnt sein sollte. Was es noch zu beachten gibt: Fäden haben tatsächlich eine Richtung, ein "vorne" und ein "hinten". Und von einer Seite gleitet der Faden leichter, franst weniger aus. Meist ist "vorne" da, wo der Faden auch von der Spule läuft. Schneidet man dann ein Stück ab, hat man in der Regel das "hintere" Ende in der Hand und versucht dieses einzufädeln, weil man es eh gerade in der Hand hat... Die andere Seite benutzen hilft oft. Was man noch versuchen kann: Den Faden erst etwas anfeuchten und danach ein kleines Stück mit einer sehr scharfen Schere abschneiden. Der Rest ist dann ruhige Hand, gute Beleuchtung und Übung. ;)

Bearbeitet von nowak
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Vielen Dank, Marion, für die tolle Anleitung! :super:

Nachdem ich auch die Basisgrundlagen geradezu verschlungen habe, freue ich mich schon sehr auf Teil 3 und 4!

Ich habe einige feine Stoffe hier liegen, an die ich mich noch nicht ran traue... :D

 

Mit deinen ausführlichen Anleitungen werde ich es dann hoffentlich doch mal hinbekommen mir die gewünschten weichfließenden Blusen zu nähen.

 

VG

Jutta

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Danke nowak,

 

das liest sich klasse, so ist Lernen spannend!

 

noch was zum Einfädeln: vor kurzem riet hier jemand im Forum, den Faden schräg abzuschneiden - das macht wirklich einen Unterschied!

und ich halte die Nadel mit dem Öhr vor einen hellen Hintergrund und fädle von mir weg ein.

 

liebe Grüße

Lehrling

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Das mit dem schräg anschneiden kenne ich auch.

 

Bei ganz kleinen Nadelöhren funktioniert das bei mir allerdings nicht gut, da fisselt sich dann der Faden beim Einfädeln leicht auf.

 

Ich brauche bei Handnadeln auch keinen hellen Hintergrund, ich lege die Nadel so, daß das Öhr von links nach rechts geht, ich es also nicht sehe. Ich weiß, auf welcher Höhe es ist und fädle dann "quer" ein. Funktioniert für mich am Besten.

 

Aber das muß man einfach ausprobieren, was für einen selber funktioniert.

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  • 2 Wochen später...

hallo Nowak :)ich habe das Thema auch gespannt erwartet! und lese gerne weiter , bald wird es bei mir auch aus der Seide zugeschnitten ;)

grüssi

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  • 1 Monat später...

Marion, ich hatte es ja mal angedeutet und jetzt scheint es tatsächlich so weit zu sein: auch ich will ein Seidenfähnchen nähen und, dank Deines Artikels, ordentlich füttern, damit es gut fällt.

 

Bisher war ich immer davon ausgegangen, wenn ich Seidenkrepp suche, dann finde ich ganz einfach das, was ich brauche.

Aber gerade zweifle ich: Crepe de Chine oder Crepe Georgette?

Was hast Du bei Deinem dünnen Seidenstoff genommen?

Für mich sieht Dein Stoff so aus wie der den ich vernähen möchte.

 

 

DANKE :)

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Tja, meiner hieß einfach nur Crêpe... :o

 

Leinwandbindig aus gekrepptem Garn gewebt.

 

Und eher günstig.

 

(Ich bestelle ja so was nie, ich gehe an den Ballen und fummle rum, bis ich finde, was mir sinnvoll erscheint.)

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Tja, meiner hieß einfach nur Crêpe... :o

 

Leinwandbindig aus gekrepptem Garn gewebt.

 

Und eher günstig.

 

(Ich bestelle ja so was nie, ich gehe an den Ballen und fummle rum, bis ich finde, was mir sinnvoll erscheint.)

 

Danke Dir.

Dann muß ich mal überlegen, was ich mache :)

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Falls du bestellen mußt, bestell Stoffproben.

 

Man muß das eh drunter halten und anfassen. (Ich hatte mir auch zwei unterschiedliche Stärken mitgenommen und dann Zuhause entschieden, welcher besser passte. - Der andere wurde dann noch ein Unterkleid. :D )

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Falls du bestellen mußt, bestell Stoffproben.

 

Man muß das eh drunter halten und anfassen. (Ich hatte mir auch zwei unterschiedliche Stärken mitgenommen und dann Zuhause entschieden, welcher besser passte. - Der andere wurde dann noch ein Unterkleid. :D )

 

danke Marion, :rose: daran hatte ich schon wieder nicht gedacht.

das werde ich machen und überlegen, ob ich weiß oder "ivory" als unterstoff nehme. :)

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Ich hatte gebrochenes weiß, weil ich das als neutraler empfinde als knallweiß. Aber was denn nun der Shopbetreiber mit "weiß" und "ivory" meint kann man auch nur raten... Wie gesagt... Stoffproben schicken lassen.

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Ich hatte gebrochenes weiß, weil ich das als neutraler empfinde als knallweiß. Aber was denn nun der Shopbetreiber mit "weiß" und "ivory" meint kann man auch nur raten... Wie gesagt... Stoffproben schicken lassen.

 

Ich habe mir jetzt mal die Farbkarten von Crepe de Chine, Crepe Georgette und Organza schicken lassen. Alle Farbkarten beinhalten ein größeres Stück als Griffprobe.

Da bin ich jetzt mal gespannt :)

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Klingt gut.

 

Und je nach Farbe des Oberstoffs kann man auch farbig unterlegen... das kann einen Stoff auch mehr zum Leuchten bringen.

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Klingt gut.

 

Und je nach Farbe des Oberstoffs kann man auch farbig unterlegen... das kann einen Stoff auch mehr zum Leuchten bringen.

 

Das war mein Gedanke.... mal sehen, ob was dabei sein wird :)

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Heute sind meine Probefummelkarten von Seidenorganza, Seiden Crepe de Chine und Seiden Georgette gekommen.

 

Als Futter werde ich den Crepe de Chine nehmen. Jetzt muß ich nur noch überlegen, welche Farbe unter dem Oberstoff mir besser gefällt :)

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Crêpe de Chine fühlt sich jedenfalls auf der Haut gut an. :-)

 

Denke ich mir. Das Fummelläppchen hat mich überzeugt, den Stoff als Futter zu nehmen :D

 

Der Georgette ist sicher auch nicht schlecht, passt aber nicht zu dem Projekt.

 

 

Sehr gut hat mir bei den Farbkarten gefallen, daß dabei auch die Stoffbreite steht und daß der Seidenorganza ebenfalls in vielen Farben erhältlich ist.

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