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Literatursuche zu "authentischen" Materialien


Naehhexe

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Hallo,

.

ich suche mich doof (im Netz) und finde nichts. Vielleicht könnt ihr mir ja weiterhelfen.

 

Ich suche nach Literaturquellen, welche Stoffe zu welcher Zeit Verwendung fanden. Im groben weiß ich ja das eine oder andere, aber im Detail hab ich keine Ahnung.

 

z.B. gab es rund um 1200 schon Baumwollbatist und wenn ja, wurde er für Unterkleider verwendet? Oder gab es schon Wollmischstoffe (Wolle/Seide) mit eingewebtem Karo? Was gab es wann an gemusterten Stoffen? Das ich eine 100%ige Authetizität nicht hinbekomme, ist mir durchaus klar, aber ganz grobe Patzer möchte ich mir auch nicht erlauben, wenn ich mich denn jetzt so langsam an die Gewandschneiderei begebe.

 

herzliche Grüße, Ina

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Ich denke, dass solltest Du unbedingt näher eingrenzen, zeitlich wie regional! Ich habe schon mal die Bestände von speziellen Bibliotheken durchforstet, auch dort ist leider oft wenig gezieltes zu finden. [HfK Bremen - Modedesign z. B.]

 

Über die Zeit der industriellen Revolution mit zunächst der Erfindung der Dampfmaschine und später in der Folge der Industrialisierung wie dem Aufbau von Webereinen, Spinnereien, Kämmereien, [z. B. Bielefeld, Bremen/Delmenhorst, Krefeld, Niederrhein, kommt man textiler Entwicklung eher nur indirekt auf die Spur, will man näher ran, geht das evtl. nur über Stadtarchive, wo Firmengeschichte archiviert ist. (meine Vermutung!) Natürlich könnte es ein, dass darüber näher geforscht worden ist, aber ein Lexikon über textile Materialien, wo man Epochen, Begriffe, alle Details ganz einfach nachschlagen kann, kenne ich nicht.

 

Über Minden Ravensberg habe ich das eine oder andere eher zufällig gesammelt (die Leinenweberei war schon zu Schulzeiten ein Heimatkundethema!). Und im Stadtarchiv in Bielefeld findet sich manches...

 

Interessant wäre die Entwicklung auch etwa in vorindustrieller Zeit, als z. B. die Hugenotten aus Frankreich so etwas wie die Fähigkeit der Strumpfwirkerei mitbrachten, was die höfische Mode auch in Deutschland natürlich beeinflust hat. Oder nach Marco Polo, den Fuggern und Venezianern evtl auch neue Handelswege, die neue Produkte, nicht nur Gewürze, bekannt und attraktiv machten!

 

Zu gezielten Themen oder Fragestellungen recherchiere ich gern mal ein bisschen, weil ich das selbst spannend finde!

 

Aus den fünfziger Jahren entdeckte ich ein Lehrwerk, wo alle damals bekannten Textilien mit Bindungen etc. beschrieben waren, ein schöner Fund, bei dem ich damals mich so so freute weil ich endlich mal mit allen Forumsikonen mitreden konnte, was solche Begriffe angeht! (So etwas wie Musseline / mousseline oder Kattun, manches ist eben auch sprachlich einfach entlehnt und zeigt, wo das Material eigentlich herstammt).

 

Und im Ausland (England Frankreich) findet man auch tolle Sammlungen zu solchen kulturhistorischen Themen wie Mode, naturellement! (Victoria&Albert Museum, London).

 

Trotzdem weiß ich sehr wenig über das Mittelalter... Am besten Du gehst mal konkret auf Deine Projekte ein und in welcher Zeit die so angesiedelt sind, vielleicht kann ich Dir dann Quellen suchen gehen.

 

Viel Erfolg - klingt interessant, bleib am Ball

 

Martin

 

--

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Hallo Ina,

 

es gibt ein sehr gutes, wenn auch teueres Buch übers Mittelalter:

 

Kleidung im Mittelalter: Materialien - Konstruktion - Nähtechnik. Ein Handbuch

Die Autorin Katrin Kania hat Ihre Doktorarbeit veröffentlicht.

 

Sehr interessant, wenn auch hin und wieder etwas trocken.

 

Viele Grüsse

Janine

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Hallo allerseits,

 

danke erstmal für die ersten Antworten. Ich sehe schon, das wird etwas komplizierter, als vermutet.

 

Dann will ich mal versuchen etwas einzugrenzen. Ich habe angefangen, historische Tänze zu tanzen. Diese beginnen eigentlich erst mit der Renaissance (also 15-hundert-irgendwas). Jetzt werde ich auf dem einen oder anderen Tanzball tanzen und benötige dafür ein Kleid. Da mein Tanzpartner aber ganz schlicht in Hose und Tunika tanzt, habe ich mich entschieden, erstmal mit einem Höllenfensterkleid zu beginnen, auch wenn dies deutlich früher "en vogue" war.

 

Auf der Suche nach geeignetem Stoff (eigentlich Leinen und/oder Seide, ich weiß) bin ich über einen größeren Posten preisgünstigen Batist gestolpert und habe überlegt, ob ich denn das Unterkleid des Höllenfensterkleides wohl aus feingewebtem Batist nähen könnte, oder ob dies gar zu unauthentisch ist. Wie im Eingangspost schon geschrieben, muß das Kleid gar nicht soooooo sehr authentisch sein, zumal ich mich eh entschlossen habe, das Kleidchen mit der Maschine zu nähen. :D Ganz grobe Patzer, wie z.B. Polyesther-Satin für das Überkleid, will ich mir allerdings auch nicht erlauben.

Zu dem dunkelblauen Woll/Seiden-Stoff: der liegt hier halt in ausreichender Menge im Vorrat.

 

lg, Ina

 

PS: danke für den Buchtipp, das Buch werde ich mal auf meine Bücherwunschliste setzen.

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Hallo Ina,

 

das ist ja schon mal ein guter Hinweis! Ich werde mir umgehend die folgenden Materialien kommen lassen bzw. ausleihen:

 

Tanz und Tanzen vom Mittelalter bis zur Renaissance Salmen, Walter

 

Der Tanzmeister Salmen, Walter

 

Ars saltandi – Der europäische Gesellschaftstanz im

Zeitalter der Renaissance und des Barock Saftien, Volker

 

Geschichte des Tanzes Schikowski, John

 

Das letzte ist ein Buch aus dem Jahr 1926; das Buch von Saftien ist eine Dissertation. Ich werde die Quellen nach Literaturhinweisen absuchen und evtl. diese Listen scannen. es könnten Hinweise auf spezielle Quellen entalten sein, bei der Doktorarbeit vermute ich eine sehr umfangreiche Quellenliste.

 

Hintergrund: Historischer Tanz ist an der HfK Bremen Bestandteil jeder musikalischen Ausbildung; das heißt, es findet fast jedes Semester historischer Tanz in der Praxis statt. Manchmal gibt es Semesterabschluß- Aufführungen, dies auch in Kostümen. Die Modeabteilung der HfK (Modedesign) stellt dazu dann oft Kostüme und Know-How zur Verfügung.

 

Mich hat schon immer diese Tanzpraxis interessiert, eine gute Vorlage, dies nun einmal mehr zu vertiefen. Dieses Thema hat mich eher musikalisch als choreografisch interessiert, aber nun bezogen auf die Kostüme, das wirft wieder einen anderen Blick auf die Thematik. Wenn ich die Bücher habe, melde ich mich dazu wieder.

 

Martin

 

Bremen

--

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der grösste Patzer in der Renaissance dürfte ein Höllenfesterkelid sein. Das gab es da nicht annähernd.

 

:D :D :D :D :D :D :D :D

 

Ich weiß, das das Höllenfensterkleid viel früher en vogue war. :) Wie alt die Tänze nun wirklich sind, weiß wohl auch keiner :) Die Truppe, der ich mich angschlossen habe, tanzt quer durch die Jahrhunderte. Theoretisch könnte ich dort auch in Korsett und Reifrock auftauchen. Will ich aber nicht. :D

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Bei einigen Abbildungen fällt mir auf: Die Linie hat sich doch sehr verändert, aber insgesamt sind die Kleider alle sehr lang! Wie tanzt man damit oder darin?

 

Das Höllenfensterkleid taucht noch Ende 14. Jh, auf, und zwar recht prächtig. Man hat über sehr farbenprächtige Stoffe verfügen können, und man zeigte (als Feudalherren oder als Patrizier) nach außen, man führte offenbar vor, dass man sich das leisten konnte. Das kann man heute für eine so profanen Zweck wie etwa Historischen Tanz zu probieren oder für eine Theaterrobe wohl nur zitieren, sich optisch und im Material annähern. Alles "Originale" ist wohl nur, mühsam restauriert, im Museum zu finden. Hier ein paar Beispiele als Anregung, aber die echten Quellen suche ich noch.

 

Martin

--

PS Die zeitliche Reihenfolge ist natürlich hier nicht korrekt! Man beachte die Schuhe - auch dabei stelle ich mir die Frage, tanzt man darin und ggf. wie tanzt es sich damit?

Bearbeitet von Hobbyschneiderin-geloescht
Da die Bildrechte unklar sind, sind die Anhänge gelöscht. Bitte ggf. auf sichere Quellen im Netz verlinken
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Natürlich sind dies Abbildungen als Illustrationen aus einem kleinen Büchlein, das etwa 50-60 Jahre alt ist. Diese sind sicher inspiriert von Vorlagen, die als Gemälde in Museen oder Privatsammlungen, in Familien, hängen. Schnabelschuhe etwa sind durchaus typisch für das späte Mittelalter.

 

Man würde nach meiner Meinung übertreiben und über das Ziel hinausschiessen, wenn man das prinzipiell nicht verwenden würde, was heute z. B. industriell hergestellt wird und sich immer noch - wie damals, als man es zu Unterkleidung hernahm - Nessel nennt! Das heisst noch so, ist aber natürlich nicht "authentisch". Wer würde denn diese Stoffe handweben lassen und obendrein noch mit pflanzlichen Farben färben, nur damit es "echt" ist und kein, neudeutsch, Fake. Ina geht es hier sicher nicht um derartige Präzision, denke ich. Ganz lächerlich wird ein solcher Anspruch dann manchmal, wenn es um Theaterkostüme geht, denn steht das Bemühen um echte Materialien bei den Kostümschneidern nicht in einem eklataten Kontrast zu den übrigen Kulissen auf der Bühne, die häufig aus Pappmaché oder Styropor sind?

 

Sie möchte sich nur vorher etwas Gedanken machen, das finde ich in Ordnung! Das bildet auch, nebenbei...

 

Martin, Bremen

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Falls Renaissance noch ein Thema ist: Janet Arnold: Patterns of Fashion: c 1560-1620. Ist so quasi das Standardwerk zu erhaltenen Kleidungsstücken umfasst englische, italienische und deutsche Kleidungsstücke für Männer und Frauen.

Für das Mittelalter noch eine Stimme für Katrin Kania.

Literatur aus dem Beginn der Kostümforschung bzw. Texilarchäologie als wissenschaftliche Fachrichtung sind mit Vorsicht zu behandeln.

Und es gibt erstaunlich viele Leute, die sich zumindest ansatzweise auskennen und den Unterschied zwischen Anspruch und was dann an Kleidung präsentiert wird bemerken.

Wenn es historisch korrekt sein soll, Museumsveranstaltungen u.ä., wird es nur wenige geben, die keine Bewerbung im Vorfeld haben möchten, um die Authentizität zu prüfen.

 

LG Therese

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von 1586.

 

Wobei ich das nicht kenne. Wenn dort die Mode vom 16. Jahrhundert drin ist, wäre die bestimmt korrekt abgebildet.

 

Die Frauen sind nach Stand und Ort gekennzeichnet, nicht nach Zeit. Von daher gehe ich mal von zeitgenössisch aus.

 

Zumal sich damals auch keiner für "alte" Kleidung interessiert hätte, Mensch wollte ja doch eher wissen, was aktuell so angesagt ist. :o

 

(Ich habe da eine kolorierte TB Ausgabe von Insel Verlag, mal als Mängelexemplar geschossen.)

 

Wobei das halt schon wieder zweite Hälfte 16. Jahrhundert ist und zumindest an der Kleidung der Damen von Stand der Einfluss der spanischen Hofmode deutlich wird. Was in Deutschland etwa 50 Jahre vorher ja noch nicht der Fall war. Da kommt es dann eben schon wieder sehr auf das "wann genau" an. :o

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Falls Renaissance noch ein Thema ist: Janet Arnold: Patterns of Fashion: c 1560-1620.

 

...und passt daher NICHT zur Renaissance, weil 1560-1620 Spät-Tudor respektive Elizabethanisch (und keine Renaissance) ist.

Die Renaissance ist "eine Kleidungsepoche früher" und daher, je nach Auslegung, irgendwo zwischen 1400-1550 anzusiedeln.

Wohlgemerkt, ich rede von der Kleidungsepoche. Diese unterscheidet sich in Bezeichnung und zeitlicher Ansiedlung fast immer ein wenig von musikalischer respektive architektonischer Epoche. Und ja, da gibt's tatsächlich Unterschiede.

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Am Beispiel des Kleids von Eleonora von Toledo (siehe J.Arnold) im Vergleich zu z. B. dem Kleid von Margareta Valdemarsdotter oder burgundischen Mode wie z. B. das Kleid von Maria von Habsburg sieht man aber die Änderungen der Damenbekleidung.

Schon klar, dass diese Beispiele eher die gut abgrenzbaren sind, also die Eckpunkte einer Entwicklung. Daran kann man aber Rückschlüsse auf Veränderungen in der Konstruktion von Kleidung ziehen. Ob diese Änderungen kontinuierlich waren oder sich ohne Vorbilder entwickelten, sich zeitlich oder räumlich verorten lassen ist schwierig zu sagen, da bisher Datenmaterial fehlt. Deshalb wären natürlich weitere textilarchäologische Fundbeschreibung aus der Zeit dieses Übergangs schön, aber man soll die Hoffnung nicht aufgeben.

 

 

LG Therese

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Ich schliesse mal an an das bisher Gesagte und Geschriebene:

 

Gefragt wurde hier von Ina nach Literatur- und Informationsquellen, um sich den in einer zurückliegenden Epoche verwendeten Materialien anzunähern. Es ging nicht um Belehrungen, und wenn dann einige Bücher von Fachfrauen “irritiert“ zugeklappt werden, ist das völlig falsch verstanden worden. Gerade in diesen Büchern findet sich nämlich die gewünschte Information, meist im Anhang.

 

Das späte Mittelalter und die beginnende Epoche der Renaissance , die in England, Frankreich, Holland, Italien, Spanien und schließlich Deutschland auch von anderen geistigen Strömungen beeinflusst wird (z. B. Reformation, Ostindienhandel, Entdeckungsreisen…) ist von einem ganz starken Wandel gekennzeichnet. Manche Quellen berichten, dass sich nach zwei Generationen das „Konsumverhalten“ bei dem Erwerb von Kleidung völlig verändert ist, da innerhalb kürzester Zeit Materialien erschwinglich oder verfügbar wurden, die vorher noch unbezahlbar erschienen.

 

In einer anderen Quelle fand ich den Hinweis auf eine „außerordentliche Vielfalt und Farbenpracht“ dieser Übergangsepoche. Grund genug, sich für diese Epoche zu interessieren, ganz egal, ob man als Amateur im besten Sinne oder als Profi mit einem hohen Anspruch an die wohl bewußt in Anführungszeichen gesetzte Authentizität sich annähert.

 

Dazu ein kleiner Ausschnitt aus einer Berufsbeschreibung des Webers, wobei die Unterbezeichnungen allein schon spannend sind und Rückschlüsse zulassen (Barchentweber, Linnenweber, Sayenmacher, Kirseymacher, Grautucher usw.):

 

Im frühen Mittelalter wurden vor allem Leinwand und Wolltuche hergestellt. Während die Leineweberei vorwiegend ein ländliches Gewerbe blieb, bildete sich die Woll- und Tuchweberei als städtisches Handwerk aus. Städtische Leineweber werden seit Mitte des 13. Jhdt. in Konstanz genannt, wobei sich auf Grund der schwachen Stellung der städtischen Leineweber ein Zunftzwang erst spät ausbildete, so in Ulm 1436, Frankfurt/Main und Köln 1377, wo dann auch die Tirteiweber 1429 ein eigenes Handwerk bildeten.

 

 

Die Leineweber - vor allem in Oberschwaben und Westfalen - verarbeiteten Flachs und Hanf, wobei um 1500 Hanf nur noch für Säcke und grobes Zeug, jedoch nicht mehr für die Leinwandherstellung zugelassen war. Auf dem Lande wurde der Flachs von den Bauern angebaut. Die Aufbereitung, d.h. das Ausraufen, Riffeln, Rösten im Wasser, Auswaschen, Trocknen, Dörren, Brechen, Klopfen und Hecheln sowie das Verspinnen und meist auch das Weben im Winter war in der Regel Frauenarbeit.

 

Städtische Weber mußten dagegen ihren Rohstoff auf dem Flachsmarkt kaufen oder das Garn von Kauderern (= Garnhändlern) beziehen, das von Garnsiedern geäschert oder gesotten wurde. Zentren der Leineweberei waren Konstanz und Augsburg, im 14. und 15. Jhdt. dann auch Ravensburg, Ulm und St. Gallen, Memmingen und Isny, wobei die Produkte teilweise auch in den Fernhandel gelangten.

 

Die von den Woll- und Tuchwebern zu verarbeitende Schafswolle wurde zunächst gesäubert und gebrüht, mit dem Wollbogen geschlagen und gleichmäßig mit Fett durchfeuchtet. Die auf diese Weise „geschmälzte” Wolle wurde mit dem Krempel (= Wollkamm) gekämmt und war so zum Spinnen vorbereitet. Diese Arbeit wurde von Wollschlägern oder Lohnarbeitern ausgeführt, während das Kämmen, Spinnen und Spulen meist Frauen- oder Kinderarbeit war.

 

 

Nördlingen war um 1500 ein Zentrum für grobes Loden, während seit dem späten 16. Jhdt. Calw als Zentrum der Zeugweberei für leichte, ungewalkte Tuche galt. Westfälisches Leinen kam aus Osnabrück, Bielefeld und Münster.

 

Baumwolle, die aus dem östlichen Mittelmeerraum importiert wurde, war erheblich teurer als der heimische Flachs. Baumwollgarn konnte wegen der geringen Stapellänge der Fasern nur als Einschlag verwendet und auch nicht auf dem Tretrad, sondern nur auf dem Handrad (= Schweizer Rad) versponnen werden.

 

Die europäische Seidenweberei blühte schon im 12. Jhdt. in Italien. Köln, war noch zu Beginn des 16. Jhdt. die einzige deutsche Stadt mit bedeutender Seidenweberei, wobei die Rohseide vor allem aus Venedig bezogen wurde. Die Kölner Seidenweberei lag allein in den Händen von Frauen, die 1437 einen Amtsbrief erhielten. Erst im 18. Jhdt. wurden Krefeld und Berlin Zentren der Seidenindustrie.

 

Eine Bemerkung dazu:

 

Gerade bei der Erwähnung von Köln fällt mir der katastrophale Untergang des Stadtarchivs wieder ein und dass hier sicher auch wertvolle Quellen zu diesem Teil der Geschichte archiviert waren und vielleicht verloren gegangen sind.

 

Ich fange mal damit an, einige Quellen aufzulisten, die alltägliches Leben und handwerkliche Berufe im späten Mittelalter betreffen:

 

Kühnel, Harry (Hrsg.): Alltag im Spätmittelalter 3. Aufl. Graz-Wien-Köln 1986

 

Reith, Reinhold (Hrsg.): Lexikon des alten Handwerks vom späten Mittelalter bis ins 20. Jahrhundert

2. Aufl. München 1991 (mit ausführlicher Bibliographie)

 

Vocke, Helmut: Geschichte der Handwerksberufe

Waldshut 1959

 

Waas, Adolf: Der Mensch im deutschen Mittelalter

Wiesbaden 1996

 

Schubert, Ernst: Alltag im Mittelalter – natürliches Lebensumfeld und menschliches Miteinander

Darmstadt 2002

 

Maike Vogt-Lüerssen: Der Alltag im Mittelalter

Norderstedt 2006

 

Zur eigentlichen Kostüm- und Modegeschichte gibt es spezielle Literatur, auch etwa von Fachverlagen wie Müller & Sohn oder Schiele & Schön. Darauf gehe ich später noch ein.

 

Das reicht erst einmal für diesen Beitrag. Die vollständigen Texte gebe ich gern weiter (Ina?), denn es ist vielleicht zu umfangreich für dieses Forum, aber insgesamt doch aufschlussreich.

 

Martin, Bremen

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Nachbemerkung zu Janine:

 

Aus demselben Verlag wie das Buch von Kania stammt auch das Buch von

 

Annemarie Bönsch: Formengeschichte europäischer Kleidung (böhlau, 2001, zweite Auflage)

 

Auch wenn hier streng genommen nicht das Material, sondern die Form und ihre Entwicklung im Mittelpunkt steht, ist dies Buch aus 2001 vom Böhlau Verlag – Wien, Köln, Weimar - eine Fundgrube.

 

Die Reihe, in der dieses Werk erscheint, heisst: Konservierungswissenschaft Restaurierung – Technologie

 

Ich werde Teile des Inhaltsverzeichnisses und Teile der Quellen oder des Sachverzeichnisses hier zitieren.

 

Annemarie Bönsch ist, so der Klappentext, Professorin für Kostümkunde in Österreich, Salzburg und Wien.

 

Martin, Bremen

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An Ina:

 

Ein Kapitel aus dem vorher erwähnten Buch von

 

Salmen, Walter: Tanz und Tanzen vom Mittelalter bis zur Renaissance [Hildesheim, Olms 1999]

 

werde ich Dir auf jeden Fall zur Lektüre aufbereiten:

 

Tanzkleidung und –utensilien (ca. 10 Seiten)

 

Das andere Fachbuch zu historischem Tanz von

 

Volker Saftien: Ars saltandi [ebenfalls Olms, Hildesheim, 1994]

 

ist umfangreich (429 Seiten!), geht aber kaum auf Kostüme und noch weniger auf Materialien ein. Für die Beschäftigung mit dem Tanz und seinen Schritten und Choreografien allerdings ist dies wiederum eine Fundgrube und eine kaum zu überbietende Fleißarbeit, die in 15 Jahren der Beschäftigung (theoretisch und praktisch) mit den Tänzen entstanden ist.

 

Ich habe mich weder für Kostümkunde noch für irgendwelche LARP Events bisher interessiert, musikalisch aber am Rande für die Vorgeschichte mancher heutiger Tänze (auch der Folklore zum Beispiel). Hier ist es einer interessanten Anregung von Ina zu verdanken, dass ein Bogen geschlagen wurde zu dieser frühen Epoche, die mich zu interessieren beginnt.

 

Martin, Bremen

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Ich habe mir mal die Produktbeschreibungen zu Annemarie Bönsch: Formengeschichte europäischer Kleidung durchgelesen. Ich glaube hier könnte ein Missverständis vorliegen.

In Living History und Reenactment geht es, wenn man das Wort authentisch benutzt, um die möglichst Originalgetreue Herstellung eines Gewandes. Das bedeutet, das Bildinterpretation nur ein Mittel ist, um Textilarchäologische Erkenntnisse zu überprüfen. Im Idealfall wird ein bestimmtes Kleidungsstück für den heutigen Träger angefertigt z. B. wenn ich das Kleid der Frau von Huldremose II (nur ein Beispiel, weil ich mich da besser auskenne als in der Renaissance) für mich anfertigen würde, würde ich mich über das Material, d.h. wenn Wolle, wie dünn ist der Faden in Kette und Schuss? Ist er gezwirnt, wenn ja, wie ist die Zahl der Einzelfäden? Wie sieht es mit Färbung aus? Von welchen Färbepflanzen stammt die Farbe? Welches Bindungsmuster des Stoffs? Gibt es Nähte und mit welcher Technik, was für ein Nähfaden? Trageweise? Ist es ein spezielles Totengewand? Oder trug man sowas auch im Leben? Gibt es Schmuckelemente usw. und dann alles mit der Handspindel und einem Gewichtswebstuhl anfertigen ...

Wie weit man geht, muss man dann selber entscheiden.

 

LG Therese

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So, heute speziell zu Kostümen, Gewändern, Materialien:

 

Ich habe in den letzten Tagen vieles gelesen, aber was empfehlen? Wo fange ich an?

 

Als Nachschlagewerke eingestuft, also nicht ausleihbar, waren diese zwei Bände, die für das Thema von Ina wenig interessantes bieten und deshalb nur kurz erwähnt werden sollen:

 

Kostümkunde E. Nienholdt (Reihe Bibliothek für Kunst- und Antiquitätenfreunde) 1961

 

Kleine Kostümkunde Gertrud Lenning, Gisela Krause Schiele & Schön, Berlin z. B. 11. Auflage, 1995

Auf diese Epoche bezogen und speziell auf textile Materialien bezogen, gaben diese beiden Bände leider wenig her.

 

Ähnlich

 

Kostümschnitte und Gewandformen Max Tilke Stuttgart 1990

 

Hier reichte es, einige Bildtafeln zu kopieren, wo einige Abschnitte der Mode und einige Prinzipzeichnungen von Gewandschnitten eher dürftig dargestellt waren. Insgesamt nicht so sehr lohnend für das spezielle Thema.

 

Besser gefallen hat mir

 

Dressing up - cultural identity in Renaissance Europe von Ulinka Rublack Oxford, 2010

Dieses englischsprachige Buch (ca. 350 Seiten mit vielen farbigen Abbildungen) enthält z. B. einige der Abbildungen aus dem Buch von Matthäus Schwarz und somit mehr als einen einen echten Einblick in die Epoche. Das Kapitel „Clothes and consumers“ geht auf das aufstrebende Patriziertum, den Handel und den damit verbundenen Wohlstand ein, aber insgesamt gesehen ist das Buch eine Entdeckungsreise, erkenntnis- und quellenreich!

 

Das Buch

 

Formengeschichte europäischer Kleidung von Annemarie Bönsch 2. Auflage 2011, böhlau, Wien, Köln, Weimar

ist nicht ganz so üppig ausgestattet mit Abbildungen, sie sind meist nur s/w und ingesamt kleiner als in dem vorherigen Buch. Es stellt auf ca. 350 Seiten die gesamte Geschichte von den Griechen / Römern bis ins 20. Jahrhundert dar und kann deswegen nicht so sehr ins Detail gehen, was unsere gefragte Epoche ist. Aber Kapitel 3 (Mittelalter) und 4 (Überlagerung von Mittelalter und beginnender Neuzeit) sind in sich schlüssige Kapitel mit jeweils eigenen Quellenangaben. Sie spielen sich ab auf ca. 30-40 Seiten und gefallen mir vom Text her sehr gut. Diese Seiten lohnen sich als Auszug aus diesem Buch und als Beitrag zum Thema.

 

Ein weitere Hinweis zur Internetrecherche: Da ich selbst auch oft recherchiere, wenn auch nicht unbedingt für diese Epoche, sondern eher 20. Jahrhundert, sind dabei doch einige Links abgefallen, die ich spannend fand:

 

Ina, such Dir doch mal den unter amazon verorteten Shop „The costumer Manifesto Store“. Eine ganze Reihe von englischsprachigen Quellen zu Gewandschneiderei und Modegeschichte findet man hier versammelt. Zum Beispiel

 

Patterns for Theatrical Costumes: Garments, Trims, and Accessories from Ancient Egypt to 1915

von Katherine Strand Holkeboer,

 

oder zum Beispiel auch

 

Costume Craftwork on a Budget: Clothing, 3-D Makeup, Wigs, Millinery & Accessories

von Tan Huaixiang

 

Dies könnte interesant sein für die Ausstattung einer ganzen Tanzcompagnie oder Bal-Folk-Gruppe!

 

Soweit für heute meine Anregung; ich bin bei der Auswertung von einzelnen Kapitelen und muss dabei dauernd zum Radiergummi greifen und heftig radieren, weil es von Anstreichungen nur so wimmelt. Das nervt heftig, erspart aber wiederum eine spätere aufwändige Nacharbeit.

 

Ich habe aber noch mehr konkrete Tippe und werde diese später ergänzen.

 

Martin, Bremen

--

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Ich kann es hier nur noch einmal milde betonen: :nana:

 

Der Fragestellerin Ina ging es hier nicht in erster Linie um fachliche Belehrung, sondern um Quellenhinweise. Nur als kleiner Fingerzeig: Warum hat sie "authentisch" wohl ausdrücklich in Anführungszeichen geschrieben? Was sie aus den Quellen macht, ob sie etwas daraus ableitet für ihre Zwecke oder für die Ziele anderer (evtl.) ist ihr doch völlig überlassen.

 

Ich kann hier in Kürze nur noch einmal auf ein Board hinweisen, das evtl. weitere Hinweise (visuell!) geben kann:

 

Die Adresse ist: --> www. pinterest.com

 

Ich habe dort wunderbare Abbildungen von Kostümen gefunden auf der Suche nach Entwürfen von Paul Poiret, wenn das hier irgendjemandem etwas sagt. Es kamen Exponate aus Museen zum Vorschein (New York Met.), alle gebündelt und mit einem Klick weiterverfolgbar, die Mühe hatten sich vor mir also schon Interessierte gemacht.

 

Aber auch für Kostüme anderer Epochen funktioniert es. Mit Suchbegriffen müßt Ihr selbst kreativ sein. Man kann sich sicher ganz gut von einem Begriff zum anderen "durchsurfen". Ich habe es einmal mit "medieval" und "costume" versucht, evtl. geht aber auch "Tudor" oder etwas anderes...

 

Das Kapitel von Salmen ist informativ. Ina, bitte melde Dich, dann kann ich Dir den Text bzw. auch die anderen Inhalte zustellen.

 

Bisher war die Recherche stark vom englischen Raum und nebenbei von Deutschland und Italien geprägt. Ich habe noch auf ein Werk hinzuweisen, das die Mode in Frankreich beleuchtet. Es heisst

 

"History of fashion in France" - Hoey and Lillie - [New York 1882]

 

und ist englisch geschrieben. Es behandelt ausschließlich Frauenmode "The dress of women from the Gallo-Roman period to the present time" - Sprache Englisch, wie gesagt. Außerdem geht es noch um

 

Bekleidungskunst und Mode von Max von Boehm [1918, Delphin Verlag]

 

und

 

Geschichte des Tanzes von Dr. John Schikowsky [berlin, 1926]

 

beides sehr zeitgeistige Abhandlungen aus den frühen Jahrzehnten des letzten Jahrhundert, die mit Vorsicht / Vorbehalt zu geniessen sind. Aber spannend trotzdem und eine Erwähnung wert.

 

Dazu schreibe ich morgen etwas.

 

Martin, Bremen

--

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Das kann man ja nicht mit ansehen, wie hier die Kommunikation so gar nicht klappt... :rolleyes:

 

Johanna-von-Callmunz, lies doch bitte mal, was Doro schreibt ohne nur ein Stichwort für Protest zu suchen. Dein Ja-aber ist nämlich etwas fehl am Platze.

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Das kann man ja nicht mit ansehen, wie hier die Kommunikation so gar nicht klappt... :rolleyes:

 

Johanna-von-Callmunz, lies doch bitte mal, was Doro schreibt ohne nur ein Stichwort für Protest zu suchen. Dein Ja-aber ist nämlich etwas fehl am Platze.

 

@Johanna-von-Callmunz: Warum hast Du Deine Posts gelöscht?

 

@Doro-macht-mit, PacoDaCapo und die anderen: Echt interessant was Ihr schreibt! Mich interessiert das Thema Authentizität momentan sehr. Danke!

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So, dann will ich mich mal wieder zur Wort melden, erstmal vielen vielen Dank, an alle, die sich hier soviel Mühe gemacht haben. Da habe ich ja einiges zu lesen. :)

 

So, nun will ich mal versuchen, diesen unsäglichen Authentizitäts-Begriff einzusortieren.

 

Ich werde mit meiner historisch angelehnten Kleidung vermutlich niemals auf irgendwelchen historischen Wettbewerben teilnehmen wollen. Schon allein deswegen, da ich zu faul mit der Hand zu nähen *lächel* Ich bewundere alle die Damen, die auch hier den einen oder anderen historischen WIP einstellen und eingestellt haben.

Ich benötige eigentlich nur halbwegs zur Tanzgruppe passende Tanzkleidung.

So, und nun kommt das "eigentlich", auch wenn ich weiß, daß zu Renaissance-Tänzen kein Höllenfensterkleid gehört ("Böh, guck mal die hat das Kleid von Ur-ur-ur-Omma an") möchte ich tatsächlich mit einem solchen Kleid anfangen. a.) weil der Burda-Schnitt schon zu Hause liegt (Danke für den Tipp mit dem Reißverschluß, wie mach ich sonst zu? Mit Ösen und nem Bändel?) und b.) weil es zur Gewandung meines Tanzpartners paßt.

 

Wenn ich aber jetzt schon so ein Höllenfensterkleid nähe, dann möchte ich wenigstens die Materilien zumindest mal Nahe an dem, was denn nun rund 1200 verarbeitet wurde, auswählen. So viel Anspruch habe ich dann doch. Heißt, das Überkleid wird sicher nicht aus Panne-Samt sein und auch nicht aus Polyesther-Taft. Und das Unterkleid wird sicher nicht aus Jersey gemacht, auch wenn´s sicher bequem ist.

 

So, aber da verließen sie mich schon, mehr Kenntnisse habe ich nicht. Und wie oben schon geschrieben, auch wenn ich keine absolute Authenzität bis zum letzen Stich anstrebe, reizt es mich doch, mich nicht vollständig darüber hinweg zu setzen. Ich hoffe, daß meine Erläuterungen jetzt etwas klarer zeigen, ich welche Richtung ich mich bewegen möchte.

 

Was ich an Stoffen in ausreichender Menge im Vorrat hätte, hat, wie ich fürchte sowohl die falschen Farben, als auch die falsche Zusammensetzung: Baumwoll-Batist in schwarz, Baumwoll-Lochstickerei in schwarz, etc..... (hatte ich erwähnt, daß ich gerne schwarz trage *grins*)

Was evtl für das Oberkleid nutzbar wäre, wäre eben ein dunkelblauer Woll-Mischstoff in Leinwandbindung mit eingewebtem silbernen Karo. Aber wurde zu der Zeit schon Wolle mit Seide zu einem Tuch verarbeitet?

 

Tja, und um eben abwägen zu können, inwieweit ein Stoff denn nun in meiner persönliche Authentizitätsgrenze noch "tragbar" ist, oder eben nicht, dazu brauche ich Literatur. Wie soll ich´s sonst lernen.

 

Und wer weiß, vielleicht bin ich ja in 10 Jahren soweit, doch so richtig historisch korrekt zu arbeiten, und dann sogar von Hand :)

 

liebe Grüße, Ina

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